Kapitel 2

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"Jetzt darfst du das Ansprechen, was du eigentlich wissen wolltest." Erlaubte ich Suki, nachdem wir zehn Meter von der Haustür weg waren.

Ich war nicht dumm, ich hatte natürlich gemerkt, dass sie nicht über die Englisch Arbeit, welche wir gestern geschrieben haben, reden wollte. Heute hatten wir ja noch nicht einmal Englisch als Fach.

"Wie war das Date? Es ist jetzt schon zwei Wochen her und du hast immernoch nichts über ihn erzählt. Ich meine, du triffst dich mit jemanden aus dem Internet und sagst nichts? Komm schon, ist er eine komplette Enttäuschung gewesen? War er so anders?"

Oh nein. Davor hatte ich etwas schiss. Natürlich wurde es besser und John gesellte sich zu uns, welcher noch ein bisschen von Sukis geprappel mitgehört hatte.

"Worum geht es?" Wollte der kleine Mann wissen.

"Ihr Date." Informierte Suki ihn sofort.

"Oh, bist du endlich so weit davon zu berichten?"

Nein, nein bin ich nicht. Ich weiß ja selbst nicht, was ich von diesen Treffen halten sollte.

"Ich weiß selbst nicht, was ich davon halten soll. An sich war ja nichts falsch, er war der, wie im Internet. Er sah so aus, wir konnten uns unterhalten, doch....ich weiß nicht, irgendwas stört mich an ihn." Meinte ich nur.

"Was meinst du damit?" Wollte John wissen.

"Er hat eine sehr beängstigte Ausstrahlung. Zudem scheint es so, als sei er süchtig, keine Ahnung nach was. Ich glaube, er hat mich die ganze Zeit angesehen und tut mir leid, wenn ein Blick die ganze Zeit an mir haftet, dann macht es mich nun einmal unsicher, ich komme damit nicht zurecht. Die Gier in seinen Augen, diese komische amüsierte Art..... könnte ich mir auch nur eingebildet haben, doch...ich weiß nicht. Ich denke, ich ignoriere ihn am besten. Dann muss ich mir auch keine Gedanken mehr darum machen." Erzählte ich.

Wir kamen an der Bushaltestelle an. Da die wenigsten Busfahrer kontrollierten, holten wir auch unsere Fahrkarten nicht aus den Ranzen. Mit uns standen noch fünf weitere an der Haltestelle.

"Also kein portenzieller Freund?" Wollte John sicher gehen.

"Nicht wirklich."

"Puh, ich dachte schon, ich werde in naher Zukunft der einzige Single hier sein." Übertrieben erleichtert atmete John aus, weshalb ich nur den Kopf lächelnd, schütteln musste.

"Nyle ist doch auch noch Single." Meinte Suki.

"Soweit ich weiß datet er gerade jemanden aus der Klassenstufe unter uns."

"Er ist von Paula weg?" Fragte ich verwirrt.

Der Bus kam angefahren und wir stiegen ein. Wie setzten uns in den Vierer. Irgendwie hat frühs jeder in den Bus seinen festen Sitzplatz. Wärend Suki und John falschrum fuhren, so bevorzugte ich es, in die Fahrtrichtung zu schauen. Die Siebtklässler setzten sich immer ganz nach hinten, wo sich das eine Mädchen aus der sechsten immer dazugesellte. Der aus den zwölten Jahrgang saß in den anderen vierer. Manchmal unterhielten wir uns mit ihn, doch er war einer der Menschen, die sehr ruhig waren und kaum sprachen. Er würde sich mit Nyle bestimmt gut verstehen.

"Es scheint auf jeden Fall so, anders könnte ich es mir zumindest nicht erklären." John zuckte planlos mit seinen Schultern.

Und dann wurde es still. Suki steckte sich Kopfhörer in die Ohren und ich schaute verträumt aus den Fenster.

Das Verhältnis in der Klasse war komisch. An sich hatten mich alle normal aufgenommen, nur eine Gruppe von drei Mädchen nicht. Niemand klärte mich auf, man hatte sogar verboten, mich über die Ereignisse aufzuklären. Man meint, dass ich es vielleicht nicht verkraften könnte. Doch was? Was ist passiert? Wieso war ich in England, so weit weg von zu Hause? Ich versuchte nicht so oft darüber nachzudenken. Doch fast jeden Morgen, auf dem Weg zur Schule, konnte ich nicht anders. Ich musste doch wissen, wieso diese Personen, vorallem Luna, mich so sehr hassten.

Vielleicht war es aber doch besser, wenn ich nichts wusste. Ich weiß ja selbst nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich die Wahrheit erfahren würde. Woher denn auch. Das Leben war schon komisch, alles konnte sich so schnell ändern, es konnte so viel so schnell in Vergessenheit geraten. Ich konnte nichts dagegen tun. Niemand konnte das und niemand wird es können. Wenn die Erinnerungen verloren gingen, würden sie nicht durch ein Fingerschnipsen wieder kommen. So war es nun einmal. Ich würde vielleicht mal herrausfinden, was passiert war, wenn jemand nicht drauf achtete. Doch bis dahin ließ ich mich gerne im dunklem tappen, denn ich würde erst im nachinein wissen, ob ich es bereue, es zu wissen. Im nachinein vermisse ich vielleicht mein Unwissen.

Nach gut einer viertel Stunde kamen wir an der Schule an. Die zwei anderen hatte ich schon im Vorbeifahren gesehen. Ich nahm meinen Ranzen und stieg aus, nur um die anderen beiden gleich begüßen zu können. Ich genoss es, als sich die dürren Arme sich zur Begrüßung um mich legten. Ein kleines Lächeln legte dich auf meine Lippen und dann drückte ich zu.

"Meine Rippen!" Quängelte Taki und schnappte kurz ins Leere.

Ich lachte leicht und ließ das Mädchen los. Von Suki bekam ich einen leichten Schlag auf den Oberarm und dann begrüßte sie ihre Freundin mit einen flüchtigen Kuss auf die Lippen.

"Du kannst es echt nicht lassen oder?" Fragte John, wärend ich schon damit beschäftigt war, Nyle seine morgendliche Umarmung zu geben.

"Niemals. Wenn ich es irgendwann nicht mehr mache, könnt ihr mich als krank melden." Verteidigte ich mich.

Taki und Nyle warteten meistens an den Bushaltestellen auf uns, vorrausgesetzt das Wetter spielte auch mit. Zu fünft machten wir uns auf den Weg in das Schulgebäude, wobei wir leider an einer Jungsgruppe vorbeiliefen. An sich hatte ich nichts dagegen. Doch wenn man angestaart wurde, war es alles andere als angenehm. Ich konnte seine Blicke auf mir spüren, sie brannten sich fast in meinen Rücken. Doch ich ignorierte ihn. Es ging jetzt schon fast die ganze Woche so. Fast jeden Tag spürte ich, wie einer von ihnen mich ansah. Ich hatte jedoch schon genug mit Jungs zu tun. Zumindest mit einen. Ich musste meine Gedanken ihn gegenüber erst ordnen, dann würde ich vielleicht mit ihn abschließen. Oder mich ihn gegenüber öffnen. Doch er verunsicherte mich, noch konnte ich ihn nicht einschätzen.

Das Vibrieren meines Handys holte mich zurück in die Welt. Ein kurzer Blick darauf berichtete mir, dass es eine Nachicht von ihn war. Zwei Wochen war es schon her und ich konnte mich nicht dazu überreden ihn zu antworten. Ich wollte ihn ignorieren, doch war das wirklich eine Lösung? Ich kann mir seinen kalten gierigen Blick auch eingebildet haben. Doch als ich an seine Augen zurückdachte, lief ein Schauer über meinen Rücken. Ob dieser unangenehm war oder nicht konnte ich nicht einmal wirklich beschreiben.

Ich steckte mein Handy weg und schaute zu meinen Leuten, welche alle ruhig vor den Raum standen und aufs Handy schauten. Ich sah mich um, sah wer schon da war und wer noch fehlte. Da der Ranzen etwas zu schwer auf meinen Rücken war, setzte ich diesen ab und lehnte mich dann an die kalte Wand. Als plötzlich sich jemand mit den Unterarm neben mir abstützte, zuckte ich kurz zusammmen, ehe mein Blick auf der Person landete.

Amokarlam II -Die Geliebte eines PsychosWhere stories live. Discover now