Kapitel 40

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Nachdem wir uns beide fertig gemacht hatten, stand ein Tag auf der Couch an. Endlich! Ich lag mir den Oberkörper auf Kyles Schoß, welcher sanft durch meine Haare strich. Ich genoss die zarte Berührung, ließ ihn in Ruhe mit seinen Leuten telefonieren. Irgendwas wegen morgen, ein bisschen planen. Da wollte ich mich ehrlich gesagt raus halten, vorallem wenn Drogen im Spiel waren. Zwar würde ich morgen dabei sein, aber beführworten würde ich die illegalen Substanzen nicht und garantiert nichts nehmen, auch wenn Kyle es mir anbieten würde. Es war schon schlimm genug, dass ich scheinbar schon Erfahrungen damit gemacht hatte. Als das Gespräch, welches zur Hälfte aus Codewörtern bestand, beendet war, legte er das Handy endlich zur Seite.

"Pack dann für morgen ein paar Sachen mehr ein. Es schadet nicht, wenn du Wechselklamotten bei mir hast."

"Kann ich machen, aber denk ja nicht, dass ich bei dir einziehen werde. Ich wohne trotzdem hier." Konterte ich.

Er hat es zwar nicht ausgesprochen, doch ich wusste genau, was er eigentlich wollte. Ich erkannte, wie er auf die Innenseite seiner Wange biss.

"Kyle..."

"Ich will einfach ein Auge auf dich haben." Behauptete er.

"Vertrau mir doch einfach." Ich richtete mich auf.

"Elisa-" Schnell unterbrach ich ihn.

"Nichts, Elisa. Du denkst doch, dass ich mit irgendjemanden darüber rede, wenn du nicht in der Nähe bist. Ich bin nicht dumm, ich weiß, dass dann Blut fließt und das will ich nicht an meinen Händen haben. Kyle, ich rede mit niemanden darüber. Versprochen."

Er musste misstrauisch sein, wenn er es nicht wäre, wäre er Tod. Doch irgendwie kränkte es mich, dass er mir nicht traute. Von Kyle kam nur ein nicken. Er sah nachdenklich aus. Morgen früh kommen meine Eltern wieder. Er hatte sein Zeug schon großteils ins Auto gepackt, damit nicht auffiel, dass er quasi für zwei Wochen eingezogen war.

"Schläfst du heute nochmal hier?" Fragte ich um auf ein anderes Thema zu kommen.

"Wenn du willst."

"Klar."

Seine Mundwinkel zuckten leicht und ich lächelte ihn an. Er beugte sich zu mir runter um mir einen Kuss zu geben, den ich gerne erwiederte. Dieser Tag soll nicht enden. Er soll bis in alle Ewigkeit gehen und mich vor den Menschen beschützen, die vor weniger als vierundzwanzig Stunden versucht hatten, mich zu vergewaltigen. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was passier wäre, wenn Kyle die Kontrolle verloren hätte. Er wäre Tod, ich wahrscheinlich auch. Immerhin wäre ich für sie nicht mehr von Nutzen gewesen. Da ich ihre Gesichter kannte, hätten sie mich bestimmt in den Tod geschickt oder mich zurück gebracht. In die Hölle, an der ich keine Erinnerungen hatte. Ich wollte nicht wissen, wie es war, wenn man als Hure in einen Keller gehalten wurde, tief unter der Erde, mit keinen Tageslicht und den anderen hilflos ausgeliefert. Wie war ich nicht auf die Idee gekommen, Suizid zu begehen? Hatte ich es einfach hingenommen? Wobei, konnte ich wirklich von mir reden, immerhin war ich ein anderer Mensch, doch trug ich den Namen einer Fremden, schlief in ihren Bett, sprach mit ihren Eltern, traf mich mit ihren Freunden, so als wären es wirklich meine eigenen. Ich nahm das Leben einer fremden Person ein.

Sanft löste sich der junge Mann, blieb aber ganz nah an meinen Gesicht, zog sich nicht weiter zurück als nötig.

"Teil mir deinen Gedanken mit." Als er die Worte aussprach striffen seine Lippen meine.

"Ich lebe in den Körper einer Fremden."

Er sah mich schweigend an, doch ich wusste nicht, ob es eine stille Aufforderung war weiterzusprechen oder ob er nicht erwartet hat, dass ich sowas sagen würde.

"Ich lebe das Leben einer Fremden weiter. Jeder erwartet, dass ich es genauso wie sie mache, dass ich mich nicht verändert habe. Aber jedesmal wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich in fremde Augen. Jeder Körper wird perfekt geboren, die Male und Narben erzählen Geschichten. Ich hab keine. Ich kann mich nicht an die Ereignisse erinnern, die meinen Körper prägen. Ich komm mir vor wie eine leere Vase, die man mit Erzählungen füllen wollte. Als ob man mir weis machen wollte, wer ich bin. Ich trage einen Namen, der sich falsch anfühlt. Ich habe ihn angenommen, da ich es nicht besser wusste. Ich rede mit Freunden und Familie einer Fremden, so als wären es wirklich meine. Doch in Wirklichkeit verbindet mich nichts mit ihnen."

Er hörte zu, in seinen Augen konnte man ein leichtes Funkeln erkennen. Was dies deuten sollte, erahnte ich nicht.

"Ich teile mit ihr diesen Körper, doch ich bin nur ein Ersatz. Was passiert, wenn ich mein Gedächnis wieder bekomme? Verschmelzen wir dann? oder wird sie wieder übernehmen? Werde ich, wie ich jetzt bin, noch so bleiben? Oder verschwinde ich?"

"Egal was passiert, ich werde an deiner Seite bleiben. Egal wer du bist, selbst wenn du nur noch ein Unterbewusstsein sein solltest. Doch das wird nicht passieren. Es ist so viel passiert, wieso solltest du jetzt nicht mehr sein? Wenn es eine Situation geben sollte, wo du dich hättest erinnern sollen, dann wäre es schon passiert. Ich weiß, dass dich der Gedanke beschäftigst, aber du weißt, dass ich da sein werde. Immer." Zur Bestätigung legte er seine Lippen auf meine. "Denk bitte nicht darüber nach, was wäre wenn... Das Schicksal lässt sich von sowas nicht ändern." Nachdenklich sah er mich an.

"Willst du wirklich hier bleiben?" Wollte er wissen.

Ja. Das wäre wohl die Antwort die Selbstbewusst über meine Lippen laufen sollte, doch sie tat es nicht, stattdessen sah ich ihn nur nachdenklich an. Hier bleiben? In diesen Haus? Bei den Leuten? Wo sollte ich sonst hin? Zu ihn? Sollt ich ausziehen und ständig seiner Beobachtung unterlegen sein?

Amokarlam II -Die Geliebte eines PsychosHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin