57. Kapitel - Verteidigung gegen die dunklen Künste

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Vorhänge sind vor den Fenstern gezogen und der Raum wird nur spärlich von einigen Kerzen beleuchtet. Bilder schmücken die Wände und zeugen von Menschen, welche sehr zu leiden scheinen. Die Gesichter der abgebildeten Personen schreien förmlich nach Leid und Schmerz, und manche von ihnen haben tiefe Wunden oder verränkte Körperteile. Auch wenn Jane schon einige dieser Bilder kennt, findet sie es nicht weniger pervers von ihrem Vater, diese unbedingt in einem Klassenraum aufzuhängen. Noch während sie vor eines der Bilder steht blickt sie ihren Vater vorwurfsvoll an, doch dieser beachtet sie erst gar nicht.

"Wären Sie dann so freundlich ihre Plätze einzunehemen oder brauchen Sie eine extra Einladung?", herrscht Snape seine Schüler an, welche alle bedrückt und totenstill einen Platz suchen und ihre Bücher hervorholen. "Ich habe Sie nicht aufgefordert, die Bücher hervorzuholen", sagt er während er dabei ist die Tür zu schließen, durch die gerade noch ein blonder Malfoysprössling geschlüpft ist. Snape sieht ihn zwar scharf an, sagt jedoch nichts und geht zu seinem Pult.

"Ich will ihnen etwas sagen und ich erwarte Ihre volle Aufmerksamkeit", eindringlich blickt er Jane an, welche Draco nachdenklich betrachtet. Auch bei Harry verweilen seine Augen etwas länger als bei den anderen und nicht einmal Jane schafft es einen Gedanken aus seiner unergründlichen Miene zu ziehen. "Sie hatten bislang fünf Lehrer diesem Fach, meine ich. Natürlich haben all diese Lehrer ihre eigenen Methoden und Schwerpunkte gehabt. Ich bin überrascht, das so viele von ihnen trotz dieses Durcheinanders einen ZAG in diesem Fach geschafft haben. Noch mehr wird es mich überraschen, wenn Sie alle mit dem UTZ-Pensum zurechtkommen, das noch viel anspruchsvoller sein wird."

Wie ein Raubtier schreitet er nun durch den Raum und senkt die Stimme. Jane musste ihren Hals nicht nach ihm recken, um zu wissen wo er sich befindet. Seine Aura ist für sie unverkennbar und so deutlich spürbar, dass es ihr manchmal einen Schauer bereitet.

"Die dunklen Künste sind zahlreich, vielgestaltig, in ständigem Wandel begriffen und unvergänglich. Der Kampf gegen sie ist wie der Kampf gegen ein vielköpfiges Ungeheuer, dem jedes Mal, wenn ihm ein Hals durchschlagen wird, ein weiterer Kopf nachwächst, noch wilder und gerissener als der alte. Sie kämpfen gegen das Unberechenbare, das sich Wandelnde, das Unzerstörbare". Gebannt lauscht Jane den Worten ihres Vaters, so wie sie es schon als Kind immer getan hat, wenn er voller Leidenschaft über dunkle Flüche erzählt hat. Seine Stimme klingt dabei schon fast zärtlich und sie weiß, das ihr Vater jetzt vollstens in seinem Element ist. Es würde sie fast schon beunruhigen, doch so fasziniert er auch von den dunklen Künsten ist, so weiß er auch deutlich um die Folgen, das gibt ihr einen Funken Sicherheit, das er sich nicht wieder in dieser verlieren wird. Zumiendest klammert sie sich verbissen an diesen Funken.

"Ihre Verteidigung muss daher so flexibel und erfindungsreich sein wie die Künste deren Wirkung Sie zu zerstören suchen. Diese Bilder", er deutet auf die verschiedenen Plakate an denen er vorbei schreitet, "vermitteln einen recht guten Eindruck davon, wie es jenen ergeht, die beispielsweise dem Cruciatus-Fluch unerliegen" - er deutet auf eine schreiende Frau, welche sich, anscheinend unter Todesschmerzen, auf den Boden windet - "die den Kuss des Dementors zu spüren bekommen" - ein Zauberer, welcher zusammengesackt an einer Mauer gelehnt ist. Seine Augen sind leer und kein Quängelchen Leben ist in ihnen wiederzuerkennen - "oder die Angriffslust des Inferius herausfordern" - die Abbildung auf den Bild ist kaum richtig zu erkennen. Es wirkt wie eine blutige Masse auf den Boden, während eine dunkle Gestalt unscharf im Hintergrund zu erkennen ist. Jane kann sich nicht vorstellen wie es wohl sein muss, gegen den toten Körper eines geliebten Menschen kämpfen zu müssen. Zu wissen, das er nicht nachgeben wird, egal wie sehr man ihn anfleht. Zu wissen, dass egal wie lebendig er sich gerade auf dich zubewegt, um dich zu töten, das er dennoch tot ist und nur noch Mittel zum Zweck.

Parvati Patils schrille Stimme reißt Jane wieder aus ihren Gedanken und lässt sie sich vom Bild abwenden. "Ist etwa ein Inferius gesichtet worden? Ist es sicher, setzt er sie ein?", ein Raunen geht durch die Klasse, was Snape nur mürrisch zur Kenntnis nimmt.

"Der Dunkle Lord hat in der Vergangenheit schon Inferi eingesetzt, das heißt, Sie täten gut daran, wenn Sie davon ausgehen würden, dass er sie wieder einsetzen könnte. Nun...-", mit wehenden Umhang schreitet er wieder nach vorn zu seinen Pult, wo er sich mit verschränkten Armen gegen lehnt und seine Augen ein weiteres Mal über die Gesichter der Schüler schweifen lässt.
"...Sie sind, denke ich, im Gebrauch von ungesagten Zaubern völlige Anfänger", seine Augen bohren sich förmlich in Jane's und mit zuckenden Mundwinkeln kann Severus beobachten, wie ihre Augen sich unter seinen intensiven Blick in ein mattes schwarz färben.

"Wer von Ihnen kann mir sagen, was der Vorteil eines ungesagten Zaubers ist?"
Hermines Hand schießt wie auf Knopfdruck nach oben, was auch nicht anderes zu erwarten war. Snape lässt seinen Blick druch die Klasse streifen, in der Hoffnung jemand anderes als die nervige Miss Know-it-all könnte ihn antworten. Bestmöglich jemand aus seinem Haus. Zögerlich will Jane ihre Hand ebenfalls heben, senkt sie jedoch recht schnell, als ihr Vater mit einem vielsagenden Blick eine Augenbraue hebt. Er würde sie nicht ran nehmen. Severus hat seine Tochter noch nie im Unterricht rangenommen, hat ihr noch nie einfach eine Frage gestellt oder sonstiges. Oft beachtet er sie weitesgehen nicht. Er macht es einerseits, weil sie nunmal seine Tochter ist und er ihr weder Privellgien geben, noch sie demütgen will, andererseits weil es größtenteils nicht muss. In Zaubertränke konnte er ihr vertrauen und sie machen lassen, ohne Angst haben zu müssen, dass ihr Kessel in die Luft gehen würde. Jane arbeitet stehts ruhig vor sich hin, so wie er es ihr beigebracht hat. Er muss sie nicht im Unterricht ran nehmen, um ihr Wissen oder ihre Aufmerksamkeit zu überprüfen. Er weiß, dass sie die Antwort weiß und sie weiß, dass er es weiß, er hat ihr das alles schließlich beigebracht.

Widerwillig nimmt Severus schließlich Hermine ran, welche ihren Arm wohlkaum noch höher strecken könnte, ohne aufzustehen. "Nun gut - Miss Granger?"

"Unser Gegner ist nicht gewarnt, welche Art von Zauber wir einsetzen werden, was uns einen Vorteil von einer knappen Sekunde einbringt"

"Eine Antwort, die fast wortwörtlich aus dem Lehruch der Zaubersprüche, Band 6, übernommen wurde", erwidert Snape geringschätzig. Fast wünscht er sich doch Jane rangenommen zu haben, denn dieser hätte ihn wenigstens mit Beispielen und auf ihre belebte Eigenart geantwortet und nicht ein auswendig gelerntes Lehrbuch zetiert.

"Aber im Wesentlichen ist die Antwort korrekt. Ja, wem es gelingt,einzusetzten, ohne Beschwörungsformel auszurufen, der gewinnt beim Zaubern ein Überraschungsmoment.", nachdenklich betachtet er Jane, bevor er fortfährt. Ihr ist es möglich zu zaubern, ohne überhaupt einen definierten Zauberspruch anzuwenden. Fast so wie Kinder, welche ihre Magie noch ausversehen wirken, während sie in starken Gefühlslagen sind.

"Natürlich sind nicht alle Zauberer dazu in der Lage; es ist eine Frage der Konzentration und der metalen Stärke, die manchen fehlt", eindringlich blickt Snape Harry an, und Jane sieht deutlich noch den Missmut über die mehr als katastrophalen Okklumentikstunden. Beide scheinen gleichermaßen wütend, während sie sich ein Wettstarren aus tödlichen Blicken liefern.

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