75. Kapitel - "Schon gut"

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Als Jane schließlich auf der endlosen Straße aus Teer und Backstein landet, fühlt sie sich müde und ausgelaugt. Der Orcan an Gefühlen der in ihr herrscht soll nur für einen Moment anhalten und ihr etwas Ruhe gönnen, doch das wird bei dem ihr Bevorstehenden wohl kaum möglich sein. Eine Weile starrt sie nur auf die alte Eingangstür, von dem schon die dunkle Farbe abblättert. Ihr Vater hat sich nie die Mühe gemacht nach außen hin einen guten Eindruck zu machen. Obwohl man das Haus von Innen vielleicht auch nicht gerade als sehr geräumig bezeichnen kann. Die Möbel sind alt und verschliessen und durch den Aufenthalt in Hogwarts ist es staubig. Und doch ist es ihr Zuhause. Jane kennt nichts anderes. Sie hat kein Problem damit, das man die Federn durch das alte Sofa spürt oder die Boden und Treppendielen laut knarren. Ihr macht die stehts düstere Atmosphäre nichts aus. Und statt die vielen alten Bücher in den deckenhohen Regalen zu bemengeln, verliert sie sich stetig in eines davon. Und trotzdem wünscht sie sich irgendwann mit ihrem Vater dieses Haus zu verlassen. Seine Vergangenheit an seine schreckliche Kindheit hinter sich zu lassen und in einem kleinem Haus mit schöner Aussicht zu leben. Weitweg von grießgrämmigen Muggeln oder nervigen Schülern.

Als Jane das erste laute Scheppern aus dem Haus vor ihr hört, wird sie aus ihren Tagträumen gerissen und geht langsam zur Haustür. Ihr Arm brennt immer noch, so wie auch der Rest ihres Körpers. Nur der Schmerz ihrer Seele haben Draco's Küsse etwas gelindert, auch wenn er durch die Angst ihren Vater gleich gegenüber zu stehen, wieder aufzuflammen scheint.

Mit einem tiefen Atemzug legt sie ihre Hand auf den Knauf und vernimmt so gleich das altbekannte Klicken, welches den Schutzzauber aufhebt und ihr das Öffnen der Tür ermöglicht. Leise schließt sie die Tür hinter sich und vernimmt ein lautes Klirren von zerspringendem Glas. Das war dann wohl das Whiskeyglas. Zögerlich nähert sie sich dem Wohnzimmer, wo ihr Vater gerade dabei ist die gesamte Inneneinrichtung auseinander zu nehmen. Leise bleibt sie im Türrahmen stehen und betrachtet den Feuerwhiskey geradewegs auf die Wand zu fliegen. Mit einer kurzen Handbewegung und leuchtenen Augen lässt sie die Flasche in der Bewegung gefrieren und verhindert so eine noch größere Sauerrei und Vergeudung des edlen Tropfens.

Severus, welcher gerade dabei ist den kleinen Wohnzimmertisch umzustoßen, hält in seiner Bewegung inne, als das erwartete Klirren nicht eintrifft. Noch mit der Tischkante in der Hand dreht er seinen Kopf zur Tür wo Jane ihn mit müden Augen und geschlagenem Ausdruck ansieht. Er konnte ihre grellen grauen Augen verräterisch klitzern sehen und im nächsten Moment schienft sie auch schon laut auf und lässt ihre Tränen freien lauf.

Jane kann nicht mehr. Sie fühlte sich wie ein emotionales Wrack. "Es- es tut mir leid", jammert sie unter all ihren Tränen, welche sie zu ertränken drohen. Eine Todesserin als Tochter ist wohl kaum etwas, was ihr Vater als sein Stolz bezeichnen kann. Natürlich würde sie nichts anders machen, wenn sie könnte. Es ist nunmal einfach eine Sache der Notwändigkeit. Dennoch belastet sie der Anblick ihres Vaters. Wie wütend er wohl gerade auf sie sein muss, auf sich selbst, den dunklen Lord, Dumbledore und jeden verdammten Menschen auf dieser verkorksten Welt.

"Du lebst", stellt Severus in einem eigenartigen Ton fest, welcher weder wirklich Erleichterung ähnelt, noch Enttäuschung. Stumm nickt Jane und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht, denen nur weitere folgen. Doch Severus muss nicht mehr wissen. Seit geschlagenen eineinhalb Stunden malt er sich jetzt schon jedes einzelne Szenario aus, wie der dunkle Lord sein Kind getötet haben könnte. Aus Furcht vor ihrer Macht, aus purem Vergnügen oder als Bestrafung für Severus. Das alles hat er schon mit ansehen dürfen und noch weitaus schlimmeres hat er sich im Kopf zusammen gereimt.

Ungestümt geht er jetzt auf Jane zu, welcher vor Schreck einige Schritte zurück weicht, und nimmt sie fest in den Arm, um sich auch wirklich von ihrer Anwesenheit zu vergewissern. Ungehalten schluchzt sie in seine Brust und schlingt ihre Arme mindestens genauso fest um ihn. Severus kann ihre Magie pulsieren spüren, welche sie den ganzen Tag schon in Schach zu halten versucht.

Nach einer Weile beruhigt sich Jane allmählich und kuschelt sich einfach nur gegen die Brust ihres Vaters, während er sanft über das Haar und den Rücken streicht.
"Ich habe Wurmschwanz gefoltert", murmelt sie leise in den dicken Stoff seiner Robe hinein, welcher er nicht mal in den Ferien ablegt. Einen Moment stockt Severus, führt seine Bewegung dann jedoch ungeirrt fort. "Schon gut", sagt er sanft und drückt sie etwas fester. Angst macht sich in ihm breit. Die Angst das seine Tochter die selben schlimmen Dinge tun müsste wie er. Das sie ebenfalls foltern, morden und verraten müsste. Das ihr Leben ein einziges Rollenspiel wird und sie am Ende wie er daran zu Grunde gehen wird. Sie ist keine Mörderin und egal wie schroff Severus auch selbst sein mag, seine Tochter hat ein großes Herz. Zweifelsohne muss sie das wohl auch von ihrer Mutter haben, auch wenn sie sogut wie nichts über sie weiß. Stumm entscheidet sich Severus dafür, ihr zu ihrer Volljähigkeit in ein paar Monaten ein wenig etwas über ihre Mutter zu erzählen. Soviel wie er zumindest selbst von ihr noch weiß.

"Trägst du es?", fragt er leise nach einen weiteren Moment der beruhigenden Stille. Jane muss nicht nachfragen um zu wissen was er meint. Knapp nickt sie an seiner Brust und löst sich von ihm. Vorsichtig hebt sie ihren Ärmel, beachtet die Brandnarbe erst gar nicht, und offenbart ihm das dunkle pulsierende Mal auf ihrer noch geröteten Haut. Vorsichtig streicht Severus darüber, was Jane unwillkürlich zusammen zucken lässt. Severus kommt nicht ohne hin zu bemerken, das ihr Mal kräftiger als die anderen hervorsticht, ist sich aber nicht ganz sicher, ob es daran liegt, dass es noch frisch ist. Sanft zieht er ihren Ärmel wieder herunter und blickt sie eindringlich an.

Erst jetzt bemerkt er so richtig wie reif und erwachsen sie doch eigentlich ist. Schon immer musste sie so vernünftig sein und so viel Schmerz und Leid erdulden. Er hat ihr schon so früh ihren kindlichen Leichtglauben genommen und ihr erklärt wie es in dieser Welt zusich geht. Sie hat sich dem dunklen Lord gestellt. Ganz allein ohne zu wissen ob sie gerade ihren Tod entgegen rennt. So sehr ihn ihr Handeln auch missfällt, hat sie ihm dennoch den Arsch gerettet und verhindert den ganzen Plan auf's Spiel zu setzen. Natürlich würde Severus für sie alles über Bord werfen, doch gerade das zeugt von ihrer Vernunft und ihrer Stärke. Eigenschaften, welche ihm wieder einmal zeigen wie stolz er auf sie sein kann und wie gut er es doch hat, all das nicht allein durchstehen zu müssen.

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