15 - Leere bernsteinbraune Augen

1.7K 61 54
                                    

Hast du schon mal Schmerz gefühlt, den du niemandem erklären konntest?
Bist du schon mal durch deine schwierigste Zeit mit einem Lächeln durch die Welt gegangen, damit niemand bemerkt, wie kaputt du eigentlich bist?
Hast du schon mal gelächelt, während du über scharfe Klingen gingst?
Wer hat dich in diese Lage gesteckt, und wie befreitest du dich aus dem Schmerz? Vielleicht hast du nie darüber gesprochen und hast alles in dich hinein gefressen, weil es niemanden gab, der dich verstand.

Da habe ich meine Hände in die Höhe gerichtet und gelernt, dass der Allmächtige der einzige ist, der mich nie in Stich ließ.
All die Freunde, Bekannte verschwanden, bloß er nicht.
Wieso vernachlässigen wir ihn, aber bemühen uns um die Menschen, die uns vergessen haben?

Ich habe Fehler begangen, die mich meine Einsamkeit gekostet haben. Aber niemand war loyaler als diese Einsamkeit.
Ich versinke nicht mehr in ihr. Sie gibt mir Halt.
Und wenn ich auf die Fresse falle, werde ich wieder aufstehen. In jungen Jahren trage ich Lasten, die mir niemand anerkennt.

[Vermutet wem die Textstelle zuzuordnen ist und vergleicht am Ende, ob ihr richtig lagt]

-

Der nervige Ton des Weckers zwang mich zur Realität zurückzukehren. Seufzend machte ich den Ton aus und kniff die Augen wieder zu.
Beim zweiten Wecker rührte ich mich vom Fleck.
Im Badezimmer fing der Tag an. Die Haare wurden gerichtet, das Gesicht ein wenig geschminkt. Danach suchte ich mir ein Outfit aus. Ein Zweiteiler in creme und eine feine Bluse.
Meine Lieblingsuhr kramte ich noch aus der Schmuckkiste heraus. Doch stattdessen kam mir alles mögliche in die Quere.

Dabei gelang in meine Hand das Armband mit dem Mondanhänger. Lange betrachtete ich es und erinnerte mich an Cihans Worte zurück. Es war ein Fehler, dass ich dieses Armband besaß, doch zum Wegschmeißen war es zu schade. So herzlos war ich auch nicht.
Die Uhr fand ich letztendlich und meinen Lieblingsring steckte ich am Ringfinger an.

Nachdem ich in der Kanzlei einige Aufgaben erledigte, machte ich einen Besuch bei meinen Eltern.
Den Morgenkaffee trank ich mit meiner Mutter. Als ich den Zeitpunkt passend fand, sprach ich sie über mein Anliegen an.
„Babam bu aralar nasıl? (Wie geht es meinem Vater in letzter Zeit?)"
Wie ich vermutete, erzählte meine Mutter über seine Abwesenheit. Die Arbeit solle ihn belasten. Seine Gefühlslage verwirrte meine Mutter und sie konnte keinen Reim daraus machen.
Wäre ich etwas früher gekommen, hätte ich mein Vater persönlich ansprechen können.

„Ich muss dich etwas fragen.", legte ich die Tasse auf den Tisch und widmete dich meiner Mutter.
„Gerne"
„Hat mein Vater schon mal mit Diamanten gehandelt?"
Verdutzt zog sie die Braue zusammen.
„Wie kommst du darauf?"
Bevor ich nicht wusste, welche Karten aufgelegt wurden, konnte ich ihr nicht die Tatsache erklären. Wenn mein Vater die Geschäfte verschwieg, wird es einen Grund haben.

„Wie ich gehört habe, kursieren Geschäfte mit Diamanten herum. Vielleicht haben die Männer mein Vater kontaktiert.", fasste ich das Geschehen zusammen. Im Nu verfiel meine Mutter in Gedanken. „Ilyas würde niemals das Risiko eingehen! Weißt du von etwas Bescheid, Asel? Wenn ja, dann sage es mir, weil mich Ilyas bekümmerte Stimmung ebenfalls bedrückt!", wurde meine Mutter immer unruhiger. „Das war nur eine Vermutung. Versuche mein Vater bitte darauf anzusprechen, was los ist."

Stille traf ein. Eine unangenehme Stille. Meine Mutter stand auf und lief im Kreis herum.
„Vertraue meinem Vater. Er wird alles im Griff haben.", versuchte ich ihr zu erklären und umklammerte ihre Hand.
Dann sagte meine Mutter etwas, das mir das Herz brach. „Wäre Ertan am Leben, hätte er seinen Vater unterstützt!"
Das hätte er wirklich getan.

Gefangen in dirWhere stories live. Discover now