38 - Der Platz an meiner Seite

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Menschen leben mit dir. Aber deine Gefühle werden sie nie durchleben können.

~demez34





























Mit dem Aufschwingen der Haustüre traf ich auf das lächelnde Gesicht meiner Mutter, welches Spuren Müdigkeit vorwies. Ich wurde begrüßt und umarmt. Dabei zog ich tief den Duft meiner Mutter in mich hinein, als ob wir uns eine lange Weile nicht gesehen hätten. Zwischen ihrem Hals und ihrer Schulter grub ich mein Gesicht. Stumm verharrte ich auf dieser Position. Eine Aufrichtige Umarmung war das meiste, das ich momentan brauchte.

„İyi misin Asel'im? (Geht es dir gut meine Asel?)", machte sich meine Mutter Sorgen. Auf einmal kam mir Cihan in den Sinn. Asel'im nannte er mich, als er mit dem Rosenstrauß vor mir auftauchte.
Ich vergewisserte, dass es mir gut ging und wechselte das Thema. Die triste Stimmung im Haus war regelrecht zu spüren. Ensars Fehlen riss einen Loch in die Familie.

Der Frühstückstisch wurde wie immer mit Liebe vorbereitet. Doch ich war mir sicher, dass niemand großen Appetit hatte.
„Wo ist Izem?", fragte ich, während ich den Tee einschenkte. „In ihrem Zimmer. Sie kommt bestimmt gleich."
Der Blick meiner Mutter ruhte auf mir, als ob sie ein Gesprächsthema öffnen wollte.

Die Teegläser stellte ich auf das Tablett und widmete mich meiner Mutter.
„Wie geht es Ensar?", entwich ihr die Frage, die schön länger auf ihrer Brust lastete. „Ich weiß es nicht. Aber er ist in Sicherheit."
In Sicherheit? Bei Cihangir?", hinterfragte sie als ob es ein Paradoxon sei. Ihr Sohn hatte sie bis ins Knochenmark verwundet.

„Er hat Ensar vor einer großen Gefahr gerettet!", erinnerte ich sie. Wie antipathisch ihr Cihan auch vorkam, durfte sie nicht über seine Hilfe hinwegblicken.
„Versucht er meinen verbliebenen Sohn zu beschützen, um sein Gewissen zu reinigen?", machte sie Vorwürfe, während ihre Stimme immer mehr versagte. Mit der Hoffnung Kraft geben zu können, umschloss ich fest ihre Hände.
„Nein! Er hat Ensar gefunden, während ihn niemand finden konnte. Er hat uns geholfen.", führte ich ihr vor die Augen.

„Bringe mir meinen Ensar zurück! Neben den Kaplans kann mein Sohn nicht in Sicherheit sein!"

Da merkte ich, was auch immer Cihan machte, er würde nie die Anerkennung meiner Mutter bekommen.
„Du auch nicht Asel! Denke nicht, dass ich nicht wüsste, was Cihangir versucht zu erlangen.", beäugte mich meine Mutter voller Skepsis.
Denkst du, ich bemerke es nicht Mama?

Die Härte in ihren Gesichtszügen verflog, als meine Betrübnis zum Vorschein kam. Ich wollte etwas sagen, doch konnte nicht. Dass sie im Unrecht lag, konnte ich nicht verleugnen.
Sanft fuhr meine Mutter über meine rechte Gesichtshälfte.

„Ich will nicht, dass du verletzt wirst. Verstehst du mich, Asel?", unterbrach sie die Stille.
In der Vergangenheit wurden zu viele Herzen gebrochen. Zu viele Kugel waren gefallen. Keine Heldentat konnte das verbessern.

„Vergiss niemals wer du bist! Du bist eine starke erfolgreiche Frau, die einen starken erfolgreichen Mann an ihrer Seite verdient. Deine Gefühle dürfen niemals größer als deine Intelligenz sein.", schloss mir meine Mutter an das Herz.
Am Küchentisch ließen wir uns nieder.
Deshalb heiratete sie meinen Vater, obwohl sie wusste, dass er einer mafiosen Familien angehörte?

Indirekt meinte meine Mutter so viel wie: Cihan verdient nicht den Platz an seiner Seite. Lass dich nicht durch seine netten Gesten blenden.

„Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als ihr kleine Kinder wart. Schon damals spürte ich Cihans Verbundenheit zu dir.", erzählte meine Mutter und fuhr über meinen Scheitel. Ein gebrochenes Lächeln ging mir auf.
„Doch das war damals... Bringe niemals Cihan als Ehemann in diese Familie, Asel.", trafen mich ihre Worte wie Bleikugel in der Seele.

Gefangen in dirWhere stories live. Discover now