57 - Geschwiegene Jahre

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Wir wünschen uns ein sorgenfreies Leben. Doch die Wahrheit ist, dass die schwierigsten Wege zu den schönsten Zielen führen.

~demez34

























Industrieviertel Frankfurt, morgens
Überraschenderweise ließ sich Cihangir bei der Arbeit zeigen, obwohl ihn der Arzt für eine Woche krankgeschrieben hatte. Der Kuss der Anwältin musste ein Wunder bewirkt haben.

Erst auf der Arbeit warf er einen Blick auf seine Nachrichten. Und da entdeckte er ungewöhnlicherweise eine Voicemail. Und zwar von Asel.
„Ich hätte gerne noch einmal deine Stimme gehört. Schlafe gut, mein Polarstern. Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich liebe.", spielte sich ihre Stimme ab.

Er lächelte über beide Ohren. So könnte jeder morgen anfangen!
„Gel de, kurban olma şu kıza. (~Wie kann man nicht alles für diese Mädchen tun?)", schwärmte Cihan vor sich hin.

Berat, der sein Freund eine Weile im Visier hatte, trat in sein Büro. „Böyle hasta bir insan hiç görmedim ben. (Ich habe noch nie so eine erkrankte Person gesehen.)", warf er prüfend eine Braue in die Höhe.
Cihans Husten deutete darauf, dass er noch nicht ganz gesund geworden war.

„Bir kadın geliyor, sana sevmeyi gösteriyor. Ve ondan sonra tüm hayatın değişiyor. (Es tritt eine Frau auf, sie lehrt dir das Lieben bei. Und danach ändert sich dein ganzes Leben.)", erklärte er verträumt.

Beeindruckt ließ Berat die Worte auf sich wirken. Seinen langjährigen Freund kannte er gut. Noch nie band er sich in dieser Intensive an eine Frau.
Ach, und gäbe es nicht die Feinde an Cihangirs Fersen, würden sie bei der Arbeit deutlich schneller vorankommen.

„Hier sind die Unterlagen vom Zollamt für die Karren, die nach Ungarn verschickt wurden.", hielt Berat die Zettel hoch. Er musste zweifeln, ob Cihan überhaupt aufnahmefähig war, der in sich hineingerissen Lächelte und eine Nachricht eintippte. „Bitte verliebe dich kein zweites Mal, Bruder. Bist wie verzaubert.", kommentierte Berat und verschwand wieder.


Während die Jungs in ihrer Arbeit versanken, ging Tareks Anwesenheit im Tumult unter.
Ohne viel zu sagen, postierte er sich in Cihans Büro.
Einen bedrückten Eindruck machte Tarek.

Safiya hat sich bei mir gemeldet.", kam er direkt zur Sache. Entsetzt ließ Cihan die Worte auf sich wirken
„Was hat sie gesagt?"
Unruhig fuhr sich Tarek über die Stirn. Dann rieb er die Hände aneinander. Wie Cihangir erfuhr, brauchte Sayifa eine sichere Unterkunft.

„Ihr Mann ist gestorben... Irgendwie tut es mir leid. Momentan soll viel los sein und sie will sich von Rashids Umfeld lösen. Vor allem hat sie eine kleine Tochter. Können wir für Sie etwas machen, Bruder?", sah er hinauf. Gewiss war, sein Kumpel würde niemals den Rücken einer hilfebedürftigen Frau kehren.

Safiya... Sie war mal eine wundervolle Frau gewesen. Ihre Persönlichkeit war zum Bewundern. Wie sie in die Fänge von Rashid landete, war ihnen bis heute ein Rätsel. Sie war eine Frau mit großen Träumen gewesen.


Die zweite Zigarette machte Tarek schon an, seitdem sie losgefahren waren. Die erste vor dem Einsteigen und die zweite auf dem Weg zum Treffpunkt.
„Es reicht, Bruder!", packte Cihan Tareks Schulter. Vor dem Aschenbecher am Eingang blieben sie stehen.

„Was soll ich tun? Es fickt mir den Kopf! Selbst nach Jahren!" Cihan konnte sich so gut in Tareks Position versetzen. Er wäre daran zerbrochen, wenn Asel einen anderen Mann geheiratet hätte und sogar noch ein Kind bekommen hätte.

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