47 - Sehnsuchtsfänger

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Erst wenn wir in Schwierigkeiten stecken, erinnern wir uns an gute Zeiten. Wir realisieren unseren Reichtum, nachdem wir Verluste erleben.

~ demez34
































Dienstag 11:03 Uhr, Frankfurter Innenstadt
So schnell das Wochenende verging, kehrte ich wieder in mein Office zurück.
Meine Kollegen freuten sich über die Rückkehr. Nur Engin verhielt sich distanziert. Seitdem Kriminelle den Anschluss zu mir gefunden hatten, war sein Vertrauen fühlbar geschädigt.

Als ich eine Pause einlegte, ging ich ihn aufsuchen, doch nirgendwo war Engin zu finden. Zu aller letzt fiel mir die Feuertreppe ein, wo ich ihn auch traf.
Eine Zigarette war zwischen seinen Fingern geklemmt. Ich kannte ihn mittlerweile so gut, dass ich wusste, wann er Raucherpausen machte: wenn er nachdenklich war.

„Da bist du ja.", löste ich mich vom Fleck und trat ins Freie.
Ein kurzes „Hey", gab er mir, dann fixierte er die Aussicht.
„Alles in Ordnung?"
„Kann man sagen. Bei dir?"
„Ja. Was' los mit dir?", ging ich seiner kalten Art auf den Grund. 

Womöglich fühlte sich Engin bedrängt, wodurch er zum Schweigen neigte.
„Ein Gerichtsfall ist mir im Kopf hängen geblieben. Mein Mandat hat einen Fehler gemacht."
Das klang aussichtslos. Aber Engin war kein Mensch, der schnell aufgab. Vielleicht war heute einfach nicht sein Tag.

„Sen kafanı işe fazla takmazsın. Yoksa kalbin mi kırıldı? (Du machst dir nie einen Kopf für die Arbeit. Oder wurde dein Herz gebrochen?)", hakte ich nach.
„Yok (Nein)", raunte Engin vor sich hin und machte sich fort.
Erstarrt blieb ich stehen. Habe ich etwas verpasst? Was war nur los mit Engin?

Naima, die mir über den Weg lief, fragte ich aus.
„Herr Dinar hat sich am Freitag mit seinem Vater gestritten.", erfuhr ich. Seitdem war er angespannt. Das Verhältnis zu seinem Vater war bislang blendend gewesen.
Den Launischen Engin wollte ich nicht bedrängen. Aber vielleicht könnte ich ihm helfen.

Er war dabei Unterlagen auszufüllen, als ich in sein Büro reintrat.
Auf einen Spaziergang lud ich ihn an. Zunächst lehnte er es ab, doch danach zwang er sich auf die Beine.
Zum nahegelegenen Park ging es.

„Das wolltest du, Asel.", meinte Engin.
„Was, um genauer zu sein?"
„Die Wahrheit wird dir nicht gefallen. Womöglich wird sie dich sogar verletzen.", fuhr er fort. Was könnte zwischen Engin und Onkel Cüneyt gefallen sein, dass mich verletzen könnte?

Tief schnappte Engin nach Luft. Müde blies er sie aus.
„Mein Vater hat erfahren, dass seltsame Typen ins Office kommen. Er will nicht, dass wir mit solchen Menschen zutun haben. Du kennst meine Familie, ihr Ruf ist ihnen wichtig."
Ich wusste schon, worauf es hinausging. Ein seltsames Gefühl ging mir im Inneren auf.

„Stimmt es, dass Onkel Ilyas ehemaliger Krimineller war?", kam aus einmal aus Engins Mund. Die Welt blieb für einige Sekunden stehen. Mein Mund öffnete sich einen Spalt, doch keine Worte kamen.
Engin bemerkte, wie sehr mir die Situation missfiel.
„Jeder Mensch begeht Fehler im Leben.", machte ich klar. Meine Stimme klang äußerst ruhig dabei, obwohl mich die Konfrontation verletzte.

Länger wollte ich nicht über die schmutzige Geschäfte meines Vaters reden. Die Augen von meinem Gegenüber trennend, setzte ich mich in Bewegung.
„Asel - Es tut mir Leid!", ging mir Engin nach.
„Was, um genauer zu sein?"
Dein Misstrauen mir gegenüber?
„Ich weiß auch nicht mehr was ich machen soll! Bleibst du bitte stehen?", rief er.

Gefangen in dirWhere stories live. Discover now