6. Kapitel

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„Du verarscht mich doch." – „Nein, tue ich nicht.", seufze ich und sehe auf den Zettel vor mir. Ich habe Neo erzählt, was passiert ist, seitdem er nicht mehr hier in Tampa ist. „Scheiße, wäre ich nur mal geblieben.", antwortet er mir. „Soll ich zurück nach Tampa?", fragt er dann und ich, wenn ich sein Angebot zu schätzen weiß, lehne ich ab. „Nein, schon gut. Du bist doch nächste Woche sowieso wieder in Zuhause.", antworte ich ihm. „Aber danke, Neo." – „Wehe dieser Mistkerl hält sich nicht von dir fern." – „Was willst du dann machen?", frage ich amüsiert. „Ich würde einfach so tun, als hätten wir was miteinander. Vor zwei Jahren noch konnte er mich genau wegen dieser Vorstellung nicht ausstehen.", antwortet er nur.

„Das wäre gemein." – „Das wäre nicht einmal ansatzweise, was er verdient hätte.", widerspricht Neo und ich weiß, dass er absolut recht hat. „Wahrscheinlich recht es schon, wenn er dich mit mir sieht. Und früher oder später bekommt er sowieso mit, dass wir zeitweise zusammen wohnen.", füge ich hinzu. „Ich wäre zu gerne einen Tag später geflogen und da gewesen, als er in dein Haus gekommen ist." Sofort denke ich daran, wie Harry wohl reagiert hätte. Wie würde er wohl reagieren, wenn er bemerkt, dass Neo und ich beste Freunde sind? Vermutlich nicht gut. Glaube ich zumindest. Aber ich kann es nicht wissen; ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich die letzten zwei Jahre nicht verändert hat. Ein Jahr, neun Monate und zwei Wochen. Keine zwei Jahre. Nur fast. Ich schüttle den Kopf. So viel unterschied macht das nicht.

„Meinst du, er wird morgen da sein?" – „Ich hoffe nicht. Aber Lucas denkt, das könnte passieren." Ich zögere einen Moment. „Meinst du... meint du, er könnte, uhm..." – „Wegen dir hierher zurückgekehrt sein?", beendet Neo die Frage, die ich nicht schaffe, auszusprechen. „Mhm." Er schweigt einen Moment und denkt nach, bevor er mir antwortet. „Ganz ehrlich, Louis, ich bin mir wirklich nicht sicher. Ich bezweifle es, sehr sogar. Ich glaube eher, dass es irgendetwas wegen seines Jobs ist. Wenn er immer noch bei TAA ist, wie Lucas gesagt hat, ist das nicht so unwahrscheinlich, oder?" – „Mhm." – „Ich weiß, dass du glauben willst, es hat etwas mit dir zu tun." – „Schon.", gebe ich zu. Ich hätte es nicht aussprechen müssen, Neo hätte es auch so gewusst. „Erinnere dich nur bitte daran, was er dir angetan hat, wenn du ihn das nächste Mal siehst." – „Das tue ich sowieso."

Das erste Spiel steht an. Den ganzen Weg zur Amalie Arena zerbreche ich mir den Kopf darüber, ob er da sein wird, oder nicht. Ich will nicht, dass er dort ist. Und doch vermisse ich ihn schon jetzt wieder so sehr, dass ich mir fast wünsche, er wäre dort. Ich atme tief durch, nachdem ich mein Rad angeschossen habe und zum Eingang gehe. Gerade, als ich die Tür öffne, kommt Lucas auf mich. „Nein.", sage ich sofort. Er schüttelt den Kopf. „Er ist nicht hier, noch nicht. Ich kann nicht sagen, ob er noch auftauchen wir." Erleichterung macht sich in mir breit. Er ist nicht hier, ich muss ihn nicht sehen. Ich gehe zu meiner Mannschaft in die Umkleide.

„Hi Leute." Ich setze mich und ziehe mich um. „Alles gut?", fragt Kenny. Ich nicke. „Er war nicht Zuhause.", erwidere ich die Frage, die er eigentlich gestellt hat. „Besser ist es.", höre ich Ian sagen und auch, wenn ich weiß, dass er absolut recht hat, zieht mein Herz sich schmerzhaft zusammen. Wir verlassen die Umkleide und gehe zu Drew, der schon auf uns wartet. Trockenübungen, nichts allzu Anstrengendes. „Dir geht es gut?", fragt er mich irgendwann und ich nicke. „Ja, ich bin fit.", verspreche ich. Er nickt. „Gut. Das letzte Training habe ich nicht gezählt, aber beim Spiel heute ist das anders." – „Ich weiß." Er klopft mir zweimal auf die Schulter und ich mache die Übung weiter.

Hier und da filmt Lucas einige Szenen für Social Media. Nachmittags essen wir noch eine Kleinigkeit und dabei gehen wir die Spielzüge erneut durch, wo liegen unsere Schwächen, worauf müssen wir achten, wie spielen die Bruins. Alles, was uns hilft, zu gewinnen. Dann klopft es plötzlich an der Tür des Konferenzraumes. „Ja.", antwortet Drew laut, aber seinem Gesichtsausdruck zu urteil, ist er auch nicht sicher, wer es ist. Noch bevor die Tür sich öffnet, erfasst ein Schauer meinen Körper und Angst lässt mich für einen kurzen Moment erzittern. Lucas steht neben Drew vorne am Whiteboard mit den angezeichneten Spielzügen. „Scheiße.", formt er lautlos mit seinen Lippen und ich schließe einen kurzen Moment lang die Augen.

„Hallo. Störe ich gerade?"

Ja! Ja, absolut" Verpiss dich wieder dahin, wo du vorher warst! An den Ort, den niemand wusste!, schreie ich in Gedanken. Stumme sitze ich da und sehe nach vorne zum Whiteboard. Kann er bitte wieder gehen? Es kann doch nicht sein, dass er kurz vor dem Spiel hier auftaucht, das ist doch ein schlechter Scherz.

„Ja, absolut." – „Nein, komm rein." Ian und Drew sprechen es gleichzeitig aus und Drew sieht kurz zu mir. Ian seufzt neben mir genervt und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich höre, dass er den Raum betritt und die Tür hinter sich schließt. Augenblicklich kitzelt mich sein Parfüm in der Nase. Der Hoodie gestern hat genauso gerochen. Und ich konnte ihn die ganze Nacht nicht ausziehen. „Wieso bist du hier?", fragt Zayn, als er nach vorne zu Lucas gegangen ist. Ich habe seine Beine gesehen und starre nun auf den Tisch. „Das erkläre ich gleich.", antwortet er und seine Stimme hat mehr Einfluss auf mein Herz, als mir lieb wäre.

„Ich wollte euch zum einen offiziell alle Begrüßen..." Er schweigt kurz. „Und zum anderen viel Glück beim Spiel heute wünschen." – „Was machst du hier?", wiederholt Ian Zayns frage mit trockenem Tonfall. „Ich komme von TAA.", antwortet er. „Und wie Lucas euch vielleicht schon erzählt hat, bleibe ich für den Rest der Playoffs." – „Bitte?", fragt Zayn perplex. „Das ist doch nicht dein Ernst!" Ich starre auf die Tischplatte und zähle die grauen Punkte darauf. Es hilft nicht, ich höre seine Stimme noch. „Die Playoffs sind anspruchsvoll und alleine bekommt man das kaum hin, das habe ich auch nicht. Also bin ich hier. Und wenn ihr so gut spielt, wie die letzten beiden Jahre, werde ich auch noch ein paar Wochen dabei sein.", antwortet Harry und ich höre, wie angespannt er ist. Kein Wunder: die Ablehnung des Teams ihm gegenüber ist kaum zu überhören.

„Und da ich einige Gesichter hier noch nicht kenne: Hi, ich heiße Harry und war vor zwei Jahren bereits PR-Manager für Lightning. Ich werde bei den Auswärtsspielen genau wie Lucas dabei sein und freue mich, wieder hier zu sein." – „Ne, ist klar.", höre ich Ian murmeln und sehe aus dem Augenwinkel, dass er den Kopf schüttelt. Ich hingegen denke darüber nach, wieso er sich nicht mit ganzem Namen vorgestellt hat. Ob er sich wohl wieder Styles nennt?

„Ich habe gerade bereits allen von euch über mein Diensthandy eine Nachricht geschickt. Auf der Nummer könnt ihr mich erreichen, falls mal etwas sein sollte.", erklärt er dann. „Bleibst du nur diese Saison?", fragt Zayn plötzlich. „Das steht noch nicht fest.", antwortet er. „Also könnte es sein, dass du nach dieser Saison verschwindest?" Harry seufzt und auch, wenn es nicht so sein sollte, tut es mir leid, wie das Team ihn behandelt. „Gibt es sonst noch Fragen?", möchte er wissen. „Soll ich es fragen?", möchte Ian leise von mir wissen. „Was?" – „Der Name. Es ist dir doch auch aufgefallen.", raunt er leise und ich nicke leicht. „Natürlich ist es mir aufgefallen." – „Und?" Ich schüttle den Kopf. Wir sitzen nicht ganz vorne, also glaube ich nicht, dass er uns gehört hat.

„Gut, dann sehen wir uns gleich beim Spiel." Ich atme erleichtert auf und sehe wieder hoch, aber entgegen meiner Erwartung, dort nur Lucas und Drew stehen zu sehen, ist auch Harry noch da. Er steht an der Seite und sieht auf sein Handy. Mein Blick bleibt an ihm hängen. Er trägt einen Tampa-Bay-Lightning-blauen Anzug. Er steht ihm wunderbar. Deine Finger zieren einige Ringe. Auch zwei Ringe, die vor weniger als zwei Jahren dort schon waren. Ich merke kaum, dass ich ihn anstarre, bis er seinen Blick hebt, ihn über die Mannschaft schweifen lässt und bei mir hängenbleibt. Mein Blut gefriert augenblicklich in meinen Adern. Er sieht mich direkt an. Ist es möglich, dass das Grün seiner Augen noch intensiver geworden ist? Oder kommt es mir nur so vor, weil ich ihn eine Ewigkeit nicht mehr gesehen habe.

„Ey Tommo!", sagt Jerry später laut, als wir uns umziehen. „Der neue PR-Typ konnte vorhin seine Augen nicht vor lassen!", grinst er. „Ich wette, der Kerl würde dir auch seine private Nummer geben." – „Ist das dein scheiß Ernst, Jerry?", fragt Ian laut und steht auf. Der Rookie sieht ihn irritiert an. „Was denn? Wieso sollte Louis nicht seinen Spaß haben dürfen?", fragt er und sieht zu mir. „Ey, ich habe das nicht gesagt, weil du schwul bist. Es war wirklich so.", beteuert er. Ich schnaube und schüttle den Kopf.

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Hi, Freunde der Sonne!

vielleicht erkennt der ein oder andere diese Worte, aber Lea hat heute mich gebeten zu updated, also auch ein Hi von mir! Hoffentlich hattet ihr genau so viel Spaß an diesem Kapitel, wie ich! 

Harry bleibt also erstmal in Tampa. Wie meint ihr, wird Louis handeln? 

Love, L

(Und Jan)

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now