30. Kapitel

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Harry verlässt fluchtartig die Loge. Ich schließe meine Hose, trinke noch ein Glas Wasser und gehe ebenfalls. Als ich in der Kabine ankomme, sind die meisten meiner Teamkollegen schon da. „Wir haben uns schon gefragt, wo du bleibst", begrüßt Ian mich. „Guten Morgen", antworte ich lediglich. „Wo warst du?", möchte Zayn nun auch wissen. „Wieso fragt ihr das?" Irritiert sehe ich ihn an und frage mich, ob wohl jemand oben bei den Logen war. Nein, wieso sollte dort jemand hingehen? Niemand hätte etwas mitbekommen können. „Dein Rad steht draußen, aber du warst nicht hier", erklärt Kenny. „Achso, ja", winke ich ab. „Nicht so wichtig." Ich ignoriere Ians musternden Blick auf mir und fange an, mich umzuziehen.

Harry erwartet das Team für eine kurze Instagram-Story im Trainingsbereich. Er sieht mich nicht an, sondern konzentriert sich vollkommen auf seine Arbeit. Ich versuche das gleiche zu tun und hänge mich voll rein. Es war schlimm genug, dass ich beim Spiel gestern nur am Rand stehen durfte, ich werde mich jetzt garantiert nicht von Harry ablenken lassen nur weil wir gerade – nein, das ist egal. Das wird sowieso nicht noch einmal passieren. Scheiße, ich hoffe, Lucas ist nicht allzu lange krank.

Drews Training ist hart und unbarmherzig. Als er die Pause ankündigt, sind all unsere Shirts durchgeschwitzt und wir lassen uns auf den Boden fallen. Ethan verteilt Proteinriegel und ausnahmslos jeder greift nach einer Wasserflasche. „Wieso hast du so gute Laune heute, Coach?", fragt Kenny und atmet tief durch. „Ich habe die halbe Nacht nicht geschlafen, weil Mia Angst vor Gewittert habt.", antwortet er lediglich. Super. Wenn Drew schlecht gelaunt ist, wird das Training heute Mittag auf dem Eis nicht weniger anspruchsvoll.

Plötzlich setzt sich Ian zu mir. Er beißt von seinem Proteinriegel ab und sieht mich grinsend an. „Ich mag deinen Gesichtsausdruck nicht", bemerke ich trocken und er grinst noch mehr. „Ian?" Er hält mir wortlos sein Handy unter die Nase. „Was ist das?" – „Nicht was. Wer", korrigiert er mich und ich schaue mir das Bild auf dem Display an. „Okay, dann eben: Wer ist das?", wiederhole ich meine Frage. „Das ist Oliver", antwortet er mir. „Oliver ist ein Freund einer Freundin von Ellie." – „Und jetzt?" – „Oliver ist schwul." Zufrieden grinsend sieht er mich an. Ich verdrehe die Augen. „Lass mich raten, Oliver ist außerdem Single?" – „Sehr gut, Sherlock", erwidert Ian amüsiert. „Wieso genau habe ich zugestimmt, dass du mir ein Date organisieren darfst?", frage ich, aber er antwortet mir darauf nicht. Stattdessen sagt er: „Jedenfalls wirst du mit ihm Essen gehen, wenn wir wieder zurück sind." – „Gut zu wissen." – „Oliver kennt dich aus den Medien und als ich es ihm vorgeschlagen habe, dachte er zuerst, ich würde ihn verarschen." – „Das würde ich auch denken", entgegne ich trocken.

„Louis, ernsthaft. Oliver ist sehr nett, sieht gut aus und ich denke, ihr würdet euch gut verstehen, wenn du nicht den ganzen Abend damit verbringen wirst, sarkastische Kommentare zu allem abzugeben." – „So schlimm bin ich nicht." Ian schweigt daraufhin. „Arschloch." – „Ich schicke dir seine Nummer. Wehe, du schreibst ihm nicht." – „Manchmal hasse ich dich." – „Nein, das tust du nicht, Sonnenschein." – „Jetzt sogar noch mehr." Ian lacht und schickt mir Olivers Nummer. „Gib ihm eine Chance. Und gib dir selbst eine Chance."

Er geht zurück zu Zayn und ich sehe, dass er Ian ein High-Five gibt. Wieso sind sie nochmal meine Freunde? Ich sehe auf Olivers Profilbild. Er scheint gut gebaut zu sein. Ob er größer als ich ist, kann ich nicht sagen. Seine Haare sind hellbraun, genau wie seine Augen. Ich muss zugeben, er hat ein schönes Lächeln. Er sieht nicht schlecht aus, aber ist er mein Typ? Habe ich überhaupt einen Typen? Keine Ahnung, aber zu sagen, er wäre hässlich, wäre eine Lüge. Unschlüssig lasse ich meine Daumen über die Tastatur schweben.

„Es geht weiter, ab aufs Eis mit euch!", sagt Drew plötzlich laut und wir rappeln uns auf. Schnell sind wir umgezogen und fahren einige Runden auf der Eisfläche. Dort bleiben wir heute nicht allzu lange. Es steht noch Yoga auf dem Trainingsplan. Bevor dieser letzte Trainingsteil für heute anfängt, bemerke ich, dass Harry zu Drew geht. Dieser sieht ihn für einen kurzen Moment verwundert an, nickt dann aber. Skeptisch beobachte ich die beiden. Harry verschwindet in einem der Flure. Was wird das? Es dauert nur ein paar Minuten, bis er wieder kommt. Ich stehe auf meiner Matte und beobachte ihn stumm. Bevor ich mir weiter Gedanken darüber machen kann, nimmt er sich eine der Yoga-Matten heraus. Moment, was? Er macht heute mit uns Yoga? Er reiht sich zwischen den Spielern ein und rollt die Matte schräg vor mir aus.

„Louis, konzentrier dich!", ermahnt Drew mich. „Sorry, Coach.", antworte ich schnell und richte meinen Blick nach vorne, also geradeaus nach vorne. Inzwischen habe ich mich an die regelmäßigen Yoga-Einheiten gewöhnt, aber wirklich mögen werde ich sie wohl nie. Ich kann nicht verhindern, dass mein Blick immer wieder zu Harry huscht, der die verschiedenen Übungen und Positionen mit Leichtigkeit meistert. Wieso sieht das bei ihm so entspannt aus? Ich seufze leise und konzentriere mich wieder auf die Bewegungen meines Körpers. Ich merke, wie ich ruhiger werde. Meine Gedanken werden zwar ruhiger, aber vollkommen Ruhe geben sie nicht. Sie schweifen zwischen meinem Immer-noch-Ehemann, meinem Vielleicht-Bald-Date und dem nächsten Spiel gegen die Panther umher.

Eine der letzten Übungen für heute ist wie so oft der herabschauende Hund. Normalerweise denke ich nicht groß über die verschiedenen Übungen nach, aber nun steht Harry genau in meinem Blickfeld und wie von selbst sehe ich auf seinen Hintern. Er streckt die Beine durch und mein Herzschlag wird schneller. Verdammt! Augenblicklich denke ich daran, wie ich vor wenigen Stunden diesen Hintern gevögelt habe. Sofort zuckt mein Schwanz erregt und es ist, als würde ich das Gefühl wieder spüren. Er um mich, heiß und eng. Ich zwinge mich, meinen Blick abzuwenden und selbst meinen Körper in diese Position zu bringen. Nur nicht hochschauen. Mir wird wärmer und ich kann nicht verhindern, dass mehr Blut in die Richtung meiner Körpermitte läuft. Ich atme langsam und ruhig, doch es hilft nur bedingt. Was für eine Scheiße!

Als ich mich mehr oder weniger zeitgleich mit meinem Teamkollegen wieder aufrichte, verweilt Harry noch einen kurzen Moment in der Yogaposition und erneut zuckt mein Schwanz. Ich sehe nicht an mir herab, ich weiß, dass man es bemerkt, wenn man mich ansieht. Wie gut, dass ich in der letzten Reihe stehe. Harry richtig sich anmutig auf und ich sehe sogar durch das Shirt, was er trägt, seine Rückenmuskeln. Fuck.

Wir beenden die Yoga-Einheit und ich eile in den Duschraum. Ich stelle mich sofort unter das Wasser und erschaudere augenblicklich. Verdammt, ist das kalt. Ian betritt den Duschraum und sieht mich amüsiert an. Ich stelle das Wasser wärmer und hoffe, dass er nichts bemerkt hat. Natürlich hat er das. „Geht's wieder?" – „Halt die Klappe." – „Was war denn?", fragt Jerry irritiert. Zayn winkt ab. „Das erklären wir dir, wenn du älter bist", grinst der Verteidiger. Ich verdrehe die Augen und ernte ein Lachen meines Teams. „Dachtest du wirklich, es wäre niemandem aufgefallen?", fragt Kenny mich amüsiert. Ich antworte nicht. „Wärst du normal in die Kabine gegangen, wäre es vielleicht nicht allen aufgefallen", fügt Ian hinzu. „Idiot", antworte ich nur und nehme mir das Shampoo.

„Du solltest dir das für Oliver aufheben", sagt Ian plötzlich, als wir zurück in der Kabine sind. Gleich geht es direkt zum Flughafen. Wir werden im Flieger die Nacht verbringen und morgen Abend zum nächsten Spiel antreten. „Oliver?", fragt Drew verwundert, der gerade zu uns in die Kabine getreten ist. „Louis hat in ein paar Tagen ein Date", antwortet Ian zufrieden. „Vielleicht", schiebe ich schnell hinterher und sehe im gleichen Moment, dass Harry ebenfalls hier ist. Er steht im Türrahmen. „Louis hat zugesagt, dass er auf ein Date gehen wird, wenn ich ihm eins organisiere", entgegnet Ian und sieht mich verschmitzt grinsend an. „Und ich habe eins organisiert. Er heißt Oliver, sieht gut aus und ist sehr nett. Sie gehen essen, wenn wir zurück in Tampa sind."

„Und das weiß Oliver schon?", möchte Zayn amüsiert wissen. „Ja, das weiß er. Er wartet nur noch darauf, dass Louis sich ein Rückgrat wachsen lässt und ihm schreibt." – „Ich hasse dich, Ian." – „Tust du nicht, Sonnenschein.", antwortet er lachend und schließt seine Sporttasche. Ich tue es ihm gleich und gehe nach draußen. Ian telefoniert ein paar Schritte abseits mit Ellie und Drew spricht mit Kenny. Die anderen sind noch in der Kabine. Harry tritt zögerlich auf mich zu. „Was ist?", frage ich emotionslos und sehe kurz von meinem Handy auf. „Sonnenschein?", fragt er zögerlich. „Ian nennt mich manchmal so", antworte ich lediglich. „Warum das?" – „Geht dich nichts an." Harry nickt leicht. Ohne noch etwas zu sagen, bringt er wieder mehr Entfernung zwischen uns beide und zieht sein Diensthandy aus der Hosentasche. Ich werde ihm garantiert nicht erklären, wieso Ian sich angewöhnt hat, mich Sonnenschein zu nennen. Einige aus dem Team wissen es, aber niemand fragt er nach. Alle haben sich daran gewohnt, sogar ich habe das. Vor zwei Jahren hätte ich das nicht gedacht, aber auch, wenn es mich nach wie vor nervt, es wäre wahrscheinlich seltsam, wenn er es nicht mehr tun würde.

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Na, wer kennt Oliver noch? Meint ihr, Louis wird auf dieses Date gehen? Und was denkt ihr, ist der Grund, weswegen Ian ihn manchmal "Sonnenschein" nennt? 

Love, L

Lightning's HattrickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt