57. Kapitel

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„Ich war dabei zu akzeptieren, dass ich damit leben muss, dass du jemand anderen liebst, jemand anderen küsst, mit jemand anderem schläfst", antwortet er. „Zumindest habe ich versucht das zu akzeptieren." – „Versucht?" Er nickt. „Als ich dir gesagt habe, dass ich Lightning nach dieser Saison verlassen werde, sobald du die Papiere unterschrieben hast, war das Ziel nicht, dir diese Bitte zu erfüllen. Zumindest nicht nur." – „Sondern?", unterbreche ich ihn. Er zieht eine Augenbraue hoch und gibt mir zu verstehen, dass er zu diesem Teil jetzt gekommen wäre.

„Sobald wir endgültig getrennte Leute sind, hättest du dich früher oder später neu verliebt und hättest wen anders an deiner Seite gehabt. Es war schlimm genug für mich, dass ich gehört habe, wie du über den Kuss mit Oliver gesprochen hast. Das hätte ich definitiv nicht ausgehalten." – „Du..." – „Hätte ich nicht. Es wäre egoistisch zu gehen, das weiß ich, aber ich könnte nicht anders", erklärt er ehrlich. „Ich würde daran zugrunde gehen, Louis." Ich stocke. „Moment, heißt das... äh..." – „Dass ich seit dir niemanden mehr hatte?" Ich nicke stumm. Harry presst die Lippen zusammen. „Ich hatte kurz darüber nachgedacht, weil ich nicht wusste, ob ich je wieder zu dir zurückkehren würde, aber nein, ich hatte niemanden. Keine Beziehung, keine Dates, kein One-Night-Stand." – „Nichts?" Er schüttelt den Kopf und meine Brust zieht sich um mein Herz zusammen. Ein Teil von mir zweifelt an seinen Worten. Woher soll ich mir sicher sein, dass er ehrlich zu mir ist?

„Ich hatte ein Date", gebe ich zu. „Also vor Oliver." Harry spannt sich an, deutet mir aber, weiterzusprechen. Diese Unterhaltung ist eine Tortur, aber nichts im vergleich zu dem Meeting heute Mittag. „Ich dachte, es ist an der Zeit nach vorne zu schauen, weißt du? Es war kurz bevor du wieder in Tampa aufgetaucht bist." – „Will ich es wissen?", fragt er, bevor ich weitersprechen kann. Ich lache leise und sehe nach unten. „Ich bin nach zehn Minuten abgehauen, weil ich es nicht ausgehalten habe, diesen Kerl vor mir sitzen und sehen und nicht dich." Harry stockt. „Was? Wundert dich das etwa? Du hast mich doch nach dem Treffen mit Oliver gesehen." – „Da bist du weitergegangen. Es war nicht nur ein Treffen", widerspricht er.

Ich zögere einen Moment. Ich sollte ihm nicht vertrauen. Ich rufe es mir immer wieder ins Gedächtnis, fange aber trotzdem an, zu sprechen: „Das erste Date war auch nicht gut." Verwundert blickt er mich an. „Ich dachte..." Ich schüttle den Kopf. „Nachdem wir dich getroffen haben... Neo hat mich abgeholt." – „Du hattest eine Panikattacke." Ich nicke beschämt. Harry lehnt sich an hinten und mustert mich. „Das wusste ich nicht." – „Woher auch?" Einen Moment ist es still zwischen uns.

Harry sieht auf seine Finger. Sie sind nackt. „Hast du die Ringe liegen gelassen?" Er schüttelt den Kopf und greift in seine Hosentasche. Kurz darauf liegen die Ringe zwischen uns auf dem Tisch. Ich kann nicht anders, als sie in die Hand zu nehmen und sie anzusehen. Wie lange ist es her, dass ich den Verlobungsring berührt habe? Harry beobachtet mich dabei. Sein Ehering ist etwas anders als meiner. Er hat einen eingebetteten Stein, meiner nicht. Ich streiche darüber und meine Gedanken wandern zu Paris. Verdammt, wie viel sich seither geändert hat.

„Du trägst sie nicht mehr." – „Du trägst deinen auch nicht mehr." Ich sehe auf den Siegelring. „Mhm, du hast recht." Es ist seltsam, ihn ohne die Ringe zu sehen. „Ich habe sie nie abgenommen", erzählt er mir mit ruhiger, leise Stimme. „Es hat sich immer falsch angefühlt." – „Kenn ich", murmle ich. „Deswegen der Siegelring?" – „Ja. Es sollte eine Art Übergangslösung sein, bis ich ganz ohne Ring aus dem Haus gehen kann." – „Klingt nach einem guten Plan." Verwundert sehe ich ihn an. „Wenn man davon absieht, dass ich es hasse, zu wissen, dass du unseren Ehering nicht mehr hast." – „Ich habe ihn noch!", widerspreche ich sofort. Harry öffnet seinen Mund ein Stück, aber kein Ton entflieht seinen Lippen. Er blinzelt einige Male. „Er liegt in meiner Schreibtischschublade", erkläre ich ihm. „Irgendwann wollte ich ihn verkaufen oder spenden oder so, aber..." Noch habe ich mich nicht dazu durchringen können.

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now