32. Kapitel

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Flashback

„Wie genau hast du es geschafft, freizubekommen?", fragt Harry skeptisch. „Ich habe gefragt", antworte ich ihm lediglich und lächle. Er verdreht die Augen. „Gefragt? Das war alles?" – „Was denkst du, was ich getan habe?", frage ich ihn schmunzelnd. Er zuckt mit den Schultern. „Welcher NHL-Spieler bekommt einen Tag vor dem Spiel frei, das über den Sieg des Stanley-Cups entscheidet?", möchte er wissen und ich grinse. „Ich. Los jetzt steig ins Auto!" Er verdreht die Augen, öffnet dann aber die Tür und setzt sich. Ich tue es ihm gleich und fahre los. Die letzten fünf Minuten haben wir über das Autodach hinweg diskutiert, ob ich ihn nun verarsche, oder nicht. Als ich ihm heute Morgen gesagt habe, dass wir beide heute frei bekommen haben und auf ein Date gehen, war er der festen Überzeugung, ich würde lügen.

Mit einem Schmunzeln auf den Lippen schlage ich den Weg zur Arena ein. Harry seufzt, als ich parke und die Tür öffne. „Es war klar, dass es kein Date ist. Du möchtest nur, dass ich beim Training dabei bin." – „Falsch. Komm mit." Ich schiebe meine Finger zwischen seine und ziehe den Schlüssel zur Halle aus der Hosentasche. Ich habe ihn von Drew bekommen. Natürlich nur ausnahmsweise. Und die Eismeister wissen auch Bescheid und schauen später nochmal kurz vorbei. Ich schließe auf. „Nach dir." Harry betritt den leeren Eingangsbereich. „Wohin jetzt?" – „In den Innenraum, ich komme sofort nach.", antworte ich und jogge zum Aufzug. Schnell gehe ich zum Technikraum und ziehe den USB-Stick aus der anderen Hosentasche. Vor einigen Tagen, als ich die Idee für dieses Date hatte, habe ich mich direkt hingesetzt und eine Playlist für uns zusammengestellt, die ich nun an die Hallenlautsprecher anschließe.

Als ich wieder nach unten in den Innenraum komme, steht Harry an der Bande und sieht sich um. „Du hast Musik angemacht?", fragt er überrascht. Ich nicke und drücke einen kurzen Kuss auf seine Lippen. Die Schlittschuhe liegen bereits in der Box, in die ich Harry führe. Als er die zwei Paar sieht, versteht er, was hier los ist. „Moment, hier ist sonst wirklich niemand, oder?" Ich schüttle den Kopf. „Nur wir zwei." – „Und du willst, dass ich die Dinger anziehe?" – „Ja", antworte ich und schließe mit gekonnten Handgriffen meine eigenen. Dann knie ich mich vor meinen Freund und ziehe ihm die Chelsea Boots aus. Harry hat sich auf die Bank gesetzt und lässt mich machen, wenn auch nur mit skeptischem Blick.

Ich nehme seinen linken Fuß unter der Ferse, hebe ihn und lasse ihn in den Schlittschuh gleiten. Hat ja was von Cinderella. Ich biete Harry beide Hände an, als er aufstehen möchte. Sofort legt er seine hinein und lässt sich von mir auf die Füße ziehen. „Zu fest?" – „Ich denke nicht.", antwortet er und sieht auf seine Füße. Ich öffne die linke Tür der Box und betrete das Eis. Ich denke inzwischen nicht einmal mehr darüber nach, dass sich mein Untergrund verändert. Meine Bewegungen passen sich augenblicklich an. Harry hingegen steht noch am Hand und sieht auf die weiße Fläche.

„Ich stand bestimmt zehn Jahre nicht mehr auf einer Eisfläche.", meint er dann. „So lange?" – „Mhm..." Er umfasst mit beiden Händen eine Seite der Bande und setzt vorsichtig eine Kufe auf. Schmunzelnd sehe ich ihm zu, wie er die Kufe ein paar Mal über das Eis gleiten lässt. „Rutschig?" – „Halt die Klappe.", antwortet er konzentriert. Ich fahre eine kleine Runde und halte neben der Tür an der Bande. „Ich fange dich auf, falls du ausrutschtst." – „Versprochen?" – „Selbstverständlich.", antworte ich ihm und klopfe auf meine Knie-Schoner. „Wir haben die Dinger nicht umsonst an." – „Okay." Er streckt eine Hand nach mir aus und ich platziere sie auf meiner Schulte, bevor ich seinen Ellenbogen greife und ihn stütze. Mit der freien Hand ziehe ich die Tür zu. Harry steht mit wackligen Knien auf dem Eis. „Ich weiß nicht, ob ich das noch kann." – „Das verlernt man nicht.", erwidere ich grinsend und positioniere mich so, dass wir einander gegenüber stehen.

„Das sagst du so leicht.", murmelt er. „Schau mich an. Nicht aufs Eis gucken." Er sieht auf und nickt. Vorsichtig nehme ich meine Hand von seinem Arm und fast sofort wird Harrys Griff an meiner Schulter fester. „Nimm meine Hände." Er legt erst eine, dann die andere hinein. „Jetzt lauf." – „Ich soll laufen?" – „Stoß dich seitlich ab." Er versucht es und ich lasse mich rückwärts gleiten. Nach und nach wird Harry sicherer und schneller. Ich sagte doch, man verlernt das nicht. Immer wieder zwischendurch verliert er kurz das Gleichgewicht, aber nie so stark, dass ich ihn nicht stützen könnte. Grinsend lässt er eine meiner Hände los. „Komm neben mich." – „Sicher?" Er nickt und wir fahren in die Kurve.

Dann irgendwann lasse ich auch seine andere Hand los und fahre etwas schneller um ihn herum. „Louis! Lass es!" Grinsend bremse ich nur ein kleines Stück neben ihm und kurz strauchelt er, ehe er mich warnend ansieht. Amüsiert gleite ich übers Eis, platziere mich genau vor ihm und stoppe dann so plötzlich, dass er gegen mich fährt. „Uff." Ich fange ihn mit beiden Armen um die Taille auf und küsse ihn fast sofort. Harry legt seine Hände an meine Schultern, hält sich fest und erwidert den Kuss. Ich höre ihn leise genießend seufzen und lächle glücklich. Wir stehen mitten in der Amalie-Arena und küssen uns auf dem Eis. Das wollte ich schon so lange mal tun!

Von Anfang an hatte ich die Idee, mit ihm eislaufen zu gehen, aber erst jetzt hat es tatsächlich geklappt. Vor einigen Tagen habe ich Drew spontan angeschrieben, ob es wohl möglich wäre für ein paar Stunden den Schlüssel für die Arena zu bekommen. Erst war er verwundert und nicht wirklich begeistert, aber nachdem ich ihm erzählt habe, was ich plane, ließ er sich ja doch überzeugen.

In der Mitte des Spielfelds bleibt Harry plötzlich stehen. Er sieht sich um, dreht sich langsam um sich selbst und blickt dann zu mir. „Es ist noch besser, als du es dir gerade vorstellst." – „Morgen könnte das letzte Spiel sein.", antwortet er. Ich nicke. Wir haben drei von sieben Spielen gewonnen. Zwei Spiele haben wir verloren, das bedeutet, wenn wir morgen hier gewinnen, werden wir den Stanley-Cup nach Tampa geholt haben. „Verrückt, oder? Wie schnell die Saison vorbei gegangen ist." – „Ihr hättet den Sieg wirklich verdient.", antwortet Harry und legt locker einen Arm um mich. Ich streiche durch seine Locken und spüre seine Fingerspitzen über meinen Rücken tanzen. „Es wäre unglaublich, den Cup zu gewinnen."

Harry lässt seinen Blick wieder durch die Arena schweifen, als ich wieder schweige. „Das Spiel ist ausverkauft... Jeder Platz wird belegt sein." – „Mhm..." – „Und sie alle rufen deinen Namen." – „Naja nicht alle und nicht nur meinen.", antworte ich schmunzelnd. Er schüttelt den Kopf. „Wie kannst du dich davon nicht ablenken lassen?", möchte er wissen. „Man... gewöhnt sich dran?", erwidere ich unschlüssig. „Irgendwie zumindest. Aber wenn die Zuschauer deinen Namen rufen, wenn die Aufstellung bekannt gegeben wird, ist es jedes Mal, als würde ich es das erste Mal erleben.", gebe ich zu. Harry nickt verstehend und ich überlege, ob ich es irgendwie hinbekommen könnte, dass er dieses Gefühl auch einmal erleben darf.

Ich nehme seine Hand sanft und gleite so um ihn herum, dass er sich ganz automatisch auf der Stelle dreht. „Wirst du jetzt zum Eiskunstläufer?", fragt er lachend. „Ich nicht, aber du vielleicht.", grinse ich. „Ich passe, aber du darfst mich gerne noch einmal küssen." – „Ich darf?" – „Ja, du darfst.", antwortet er scheinheilig und seine Augen funkeln provokant. „Oh, wie gnädig." – „Das finde ich-" Weiter kommt er nicht, denn ich ziehe ihn zu mir heran und küsse ihn. Liebevoll, innig, leidenschaftlich. Harry seufzt und drückt sich gegen mich. Die Musik ist nach wie vor im Hintergrund zu hören und lediglich ein paar Scheinwerfer erleuchten die Eisfläche. Ansonsten ist das Licht eher gedimmt.

Noch etwa eine Stunde hinterlassen unsere Kufen Spuren auf dem Eis, bevor Harry sich wieder auf die Bank in der Box fallen lässt. Ich ziehe ihm die Schlittschuhe aus und die Boots wieder an. „Komisch, in diesen Schuhen wieder zur laufen.", bemerkt er und geht einige Schritte hin und her. Ich schmunzle. Ja, dieses Gefühl kenne ich.

„Fahren wir nicht nach Hause?" Irritiert sieht er sich um. Ich habe nicht en Rückweg eingeschlagen, sondern verfolge ein anderes Ziel. „Nein. Dachtest du, das Date ist vorbei?" Er zuckt mit den Schultern. „Schon." Ich schüttle den Kopf. „Nein, wir gehen jetzt etwas Essen. Ich habe einen Tisch reserviert." Überrascht sieht er mich an. „Wir gehen essen? Also so richtig?" – „Was meinst du?" – „Also... uhm... hast du wieder ein Restaurant gemietet oder -" – „Wir gehen ganz normal essen.", unterbreche ich ihn sofort. „Wir werden an einem Tisch auf einer Terrasse zwischen anderen Tischen und Menschen sitzen und ich hoffe, du wirst das Restaurant mögen." Vor einer roten Ampel bleibe ich stehen und bevor ich reagieren kann, legt Harry seine Hand an meine linke Wange, dreht meinen Kopf und küsst mich.

Er grinst breit, als wir uns lösen, bevor ich angehupt werde und weiterfahre. Oh, die Ampel war ja schon wieder grün.

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Da hat Louis sich aber ganz schön ins Zeug gelegt. Aber das hat Harry auch verdient, oder? Wie fandet ihr dieses Date der beiden? 

Love, L

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now