45. Kapitel

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Wir liegen zurück. 0:2. Die erste Pause bricht an und auch, wenn Drew es sich nicht anmerken lassen will, ist er aufgebracht. „Woran liegt es? Was ist heute los?", fragt er und Ethan verteilt Proteinriegel. Harry steht an der Seite und beobachtet die Szene. Ich schweige. Ich habe zwei Torschüsse versaut und mir dreimal den Puck abnehmen lassen. Ich bin unkonzentriert und ich bin sicher, wenn man mich heute das erste Mal spielen sehen würde, würde man mir nicht einmal abkaufen, dass ich hiermit meinen Lebensunterhalt verdiene. Geschweige denn, dass ich in der NHL spiele.

„Reiß dich zusammen, Louis", raunt Ian mir leise zu und beißt von seinem Proteinriegel ab. „Du hast auch kein Tor geschossen, Rookie", antworte ich schlecht gelaunt. „Ich bin aber immerhin bei der Sache." – „Halt die Klappe." – „Außerdem bin ich kein Rookie mehr." – „Halt die Klappe, Ian!" Plötzlich ist es still. Alle Blicke sind auf mich gerichtet. Ach scheiße. Harrys Blick trifft meinen und er zieht fragend eine Augenbrauche hoch. Nein, es ging nicht um dich! „Alles okay, Louis?", fragt Drew mich ernst. „Sorry, Coach." – „Das ist keine Antwort auf meine Frage." – „Ja, es ist alles in Ordnung." – „Falls nicht, solltest du das jetzt sagen. Dann nehme ich dich aus der ersten Reihe. Noch so ein Drittel können wir uns nicht leisten." – „Das wird nicht wieder vorkommen. Ich bin fit." Wieder sehe ich zu Harry, der sich sichtlich anspannt. „Besser ist es, Louis. Noch eine Chance bekommst du nicht. Sonst bist du raus aus der ersten Reihe. Du weißt, was das bedeutet." Ich schweige. Natürlich weiß ich es. Es bedeutet, dass meine Chancen, der nächste Captain zu werden, rapide sinken. Quasi auf null. „Ian, mach dich bereit für Louis einzuspringen", legt Kenny dann fest.

Ich schnaube und sehe zu Ian. „Ey, das wusste ich nicht." – „Sicher, Rookie." – „Louis, ernsthaft, wie hätte ich wissen sollen –" – „Spar's dir", unterbreche ich ihn und nehme mir noch einen Proteinriegel. Drews Ansprache ist beendet und die Pause dauert noch fünf Minuten. Ich springe auf, schnappe mir mein Handy aus der Tasche und laufe über den Flur. „Hi, was gibt's?" – „Magst du kurz zu mir runterkommen? Ich habe ein paar Minuten Zeit", sage ich direkt. „Äh, sicher, wo muss ich lang?" Ich beschreibe ihm kurz den Weg und kurz darauf wird er auf meine bitte hin zu mir in den Flur gelassen. „Hey", lächelt Oliver unsicher. „Du, äh... siehst echt gut aus in dieser Ausrüstung", fügt er hinzu und räuspert sich. „Danke, dass du hergekommen bist." Er zuckt mit den Schultern. „Ich würde mich gerne für das Date entschuldigen, beziehungsweise dafür, wie es geendet ist", fange ich dann an. Er schüttelt den Kopf. „Schon, gut, du musst mir nichts erklären." – „Doch, das muss ich", widerspreche ich sofort. „Das... wahrscheinlich hast du es dir sowieso schon gedacht, aber es lag an Harry, es lag auf keinen Fall an dir." – „An dem PR-Manager?" Ich nicke. „Ja. An ihm. Und an dem Sushi." Fragend sieht er mich an. „Ich muss sagen, ich habe festgestellt, ich stehe nicht auf Sushi." Er schmunzelt und nickt verstehend „Also kein Sushi mehr."

Er schmunzelt, als mir offenbar anzusehen ist, dass ich nicht weiß, wie ich darauf reagieren soll. „Gut, kein Sushi mehr", stimme ich zu. „Aber", spricht er weiter. „Ja?" – „Du möchtest das doch, die Dates und so, oder?" – „Was? Ja, natürlich!" – „Was ist das mit diesem Harry?", möchte er wissen. „Das ist vergangen, wir sind nicht mehr zusammen und –" – „Sicher?", fällt er mir ins Wort. „Ja! Ich bin sicher! Ich gehe einen Schritt auf ihn zu und greife vorsichtig nach seiner Hand. Er zieht sie nicht weg, aber sein Blick verrät, dass es das nicht gewesen ist. „Ich mag dich, Louis. Sehr sogar, aber bitte sei dir sicher, dass du dich auf mich einlassen willst." – „Möchte, ich Oliver", versichere ich ihm und drücke seine Hand leicht. Er lächelt. „Okay. Nächstes Mal bestimmt du, wo wir hingehen." Ich nicke. „Danke." – „Lass es mich nicht bereuen, ja?" – „Werde ich nicht", lächle ich und für einen kurzen Moment ist Harry aus meinen Gedanken verschwunden.

Zumindest so lange, bis Oliver noch einen Schritt auf mich zu kommt und mir einen Kuss auf die Wange drückt. Mein ganzer Körper spannt sich an. Seine Lippen sind rauer als Harrys. Sein drei Tage Bart kratzt auf meiner Haut. Harrys war nie so unangenehm, wenn er denn mal einen hatte. „Viel Erfolg beim Spiel, Louis. Ich warte darauf, dass du ein Tor schießt." – „Ach, du wartest darauf?", frage ich und gehe dabei einige Schritte rückwärts. Ich kann nicht schon wieder zu spät kommen. „Allerdings. Vielleicht gebe ich dir dann einen richtigen Kuss", antwortet er schmunzelnd. Perplex sehe ich ihn an, Oliver lächelt und verschwindet wieder hinter der Tür, die zum Zuschauerbereich führt.

Er will mich küssen? Ich weiß nicht, was ich darüber denken soll, als ich zurück zu meinem Team gehe. Ich stelle mich zu meinen Kollegen an den Eingang zur Halle. „Wo warst du?", fragt Zayn mich verwundert. „Ich habe kurz mit Oliver gesprochen", antworte ich knapp und wir gehen in die Box. Das Spiel geht weiter. Ich ignoriere Harry. Ich schenke ihm keinen einzigen Blick. Ich fokussiere mich aufs Spiel. Normalerweise spiele ich fast durchgehend intuitiv, aber heute denke ich über jeden Spielzug nach. Es ist, als wäre es mein erstes NHL Spiel. Ein wenig fühlt es sich so an. Ich weiß, dass Kenny, Drew und die Assistenten unseres Coaches mich beobachten und bewerten. Das hier ist meine letzte Chance.

Das Spiel wird schneller und ich schnappe einem Gegenspieler den Puck weg. Ich bin wieder im Spiel. Ich passe Kenny, er spielt nach vorne und spielt zu Zayn. Er passt über Bande. Der Puck gleitet an der Spielfeldbegrenzung hinterm Tor entlang und ich fange ihn ab. Dann schieße ich. Tor. Die Jungs fahren zu mir, umarmen mich, jubeln und klopfen auf meinen Helm. Lightning ist zurück. Die Zuschauer jubeln du es ist laut. Ich grinse breit und sehe zur Box. Drew nickt zufrieden. Dann gleitet mein Blick ein Stück höher. Oliver sitzt ein paar Reihen über der Box, klatscht in die Hände und grinst. Er ist aufgestanden, so wie die meistens Lightning Fans. Unsere Blicke treffen sich, er schmunzelt und tippt sich mit dem Zeigefinger auf die Lippen. Schnell sehe ich weg. Direkt zu Harry. Er verzieht keine Miene.

Kurz darauf schießt Ian ein zweites Tor und das Spiel ist wieder ausgeglichen. Verdammt, ja! Mit diesem Ausgleich geht es in die nächste Pause. Gerade, als wir über den Flur laufen, kommt Oliver uns entgegen. Er kommt direkt zu mir. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach ist, dich dazu zu bringen, ein Tor zu schießen." – „Ihn dazu bringen?", fragt Ian verwirrt. „Ich habe versprochen, ihn zu küssen, wenn er ein Tor schießt." – „Hat ziemlich gut funktioniert", meint Liam und geht an uns vorbei. „Louis, du solltest dir den Kuss abholen." – „Danke, Goalie", antworte ich und spüre, das sich nervös.

„Hol dir deine Belohnung und dann ab in die Kabine!", höre ich Drew sagen und die Jungs verschwinden vom Gang. Oliver hingegen bleibt stehen. Er kommt zu mir und nimmt mir vorsichtig den Helm vom Kopf. „Der ist mir im Weg." – „Ich... uhm..." Er kommt mir näher, nimmt vorsichtig mit seiner freien Hand meine und sieht auf meine Lippen. Ein Kuss. Es ist nur ein Kuss. Ich nicke leicht. Es ist okay. Es ist okay, ihn zu küssen. Er ist nicht Harry, aber das ist okay, oder nicht? Seine Lippen berühren meine. Sehr sanft, sehr vorsichtig. Nicht drängend oder fordernd. Ich lasse es zu. Er küsst mich. Ich erwidere den Kuss. Der Kuss ist unschuldig, ohne Zunge, ohne Verlangen. Es ist eher liebevoll und zaghaft.

Es fühlt sich gut an, es ist ein guter Kuss. Olivers Lippen sind schmal, rau und ich schmecke, dass er gerade noch ein Bier getrunken haben muss. Es ist okay. Aber es ist nicht weltverändernd. Wir lösen uns voneinander. „Ich werde wieder nach oben gehen, ich möchte nicht, dass du Ärger bekommst. Schieß noch ein Tor und du bekommst noch einen Kuss." – „Du weißt, dass das nicht so einfach ist, oder?", frage ich amüsiert. „Ich würde mich darüber freuen, wenn du mich nochmal küsst. Es liegt ganz bei dir", schmunzelt er und setzt mir den Helm wieder auf. „Bis dann, Louis." – „Bis dann."

Ich bleibe im Flur stehen, bis Oliver weg ist. Erst als ich mich umdrehe bemerke ich, dass jemand die Tür zur Umkleide hat offen stehen lassen. Alle Blicke sind auf mich gerichtet. „Sind wir wieder in der Schule? Was starrt ihr alle so?", möchte ich wissen und nehme mir meine Wasserflasche. „War der Kuss gut?", fragt Ian hingegen nur. Harry steht an der Seite und räuspert sich. Ich höre es, aber ich sehe ihn nicht an. „Sag schon." – „Ihr benehmt euch wie Teenager", antworte ich augenrollend. „So schlecht, ja?", grinst Zayn. „Nein, war es nicht. Es... es war ein guter Kuss. Und jetzt sollten wir uns wieder aufs Spiel konzentrieren." Im gleichen Moment fällt die Tür mit einem lauten Knall zu. Harry ist abgehauen.

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Tja, Oliver ist wieder da. Was denkt ihr über diese Situation? Und wie wird es mit ihm weitergehen?

Love, L

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now