83. Kapitel

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Wir sind im Endspurt. Ihr wisst, was das heißt, oder? Live-reactions: On!

„Lasst ihn gehen, es geht doch um mich, oder nicht?"

Solche Szenen sieht man tagtäglich in irgendwelchen Serien oder Filmen, aber wer denkt schon, selbst mal in so seiner Situation zu landen. Nein, niemand. Ich atme zitternd ein und wieder aus. Meine Gedanken schweifen zu Harry. Oh bitte, lass ihn nicht nach mir suchen. „Ihr wolltet mein Haus in Brand setzen." Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nicht die gleichen Kerle sind. „Du bist also doch im Bilde." – „Harry hat es mir erzählt." – „Dein sogenannter Ehemann." Ich werde abschätzend, nein eher vollkommen angeekelt, angesehen. „Er ist mein Ehemann. Streich das sogenannter", antworte ich und versuche, nicht durchzudrehen oder auszurasten. „Eine Schande, dass diese Lebensverhältnisse inzwischen legal sind." Bitte was?

„Lasst ihn bloß in Ruhe." Bei dem Gedanken, dass sie ihm etwas antun können, fängt mein Blut vor Wut an zu kochen. Ich zittere ein wenig und balle die Hände zu Fäusten. „Er hätte weg bleiben sollen. Dann wäre niemandem etwas passiert", sagt der Blonde, aber Miles schüttelt den Kopf. „Tomlinson hätte früher oder später dem nächsten Kerl den Schwanz gelutscht. Er hätte schon längst aus der NHL fliegen müssen." Ich mache einen Schritt nach vorne, aber der Typ hinter mir, packt mich am Kragen und zieht mich zurück. „Ich würde es lassen", sagt er. „Du kannst mich mal", antworte ich mit fester Stimme.

Es vergeht nur ein kurzer Augenblick, gerade genug Zeit, um zu verstehen, was passiert und nichts weiter zu sagen. Miles zieht eine Knarre hinterm Rücken aus dem Hosenbund. Und ich sehe mitten in den Lauf. „Wir können schlecht ein ganzes Stadion abfackeln. Ein Haus ist kein Problem, aber das hier? Du hättest unten beim Spiel bleiben sollen", droht er mir. „Ihr wollt Louis doch nicht wirklich abknallen oder? Nur weil er mit einem Mann verheiratet ist?", fragt Jason schockiert. „Halt's Maul." – „Und zulassen, dass ihr –" Der Kerl hinter mir schlägt ihm mit dem Griff der Knalle auf den Hinterkopf. Jason kippt zu Boden. Verdammte scheiße.

„Was bringt es euch? Was verändert es, wenn ihr mich tötet?" – „Hast du mal darüber nachgedacht, was du diesem Land – dieser Welt antust? Du bist verdammter Sportler! Du bist Vorbild für so viele Menschen und vor allem für Kinder!" Miles verzieht das Gesicht. „Und dank dir denken so viele Menschen nun, dass es okay ist, diese Abartigkeiten zu vollziehen. Widerwärtig." Er spuckt vor mir auf den Boden. Bah. Ich beiße mit auf die Unterlippe, um nichts zu sagen. Ich muss hier raus.

Mein Blick schweift zur Tür, die zu den Sitzen führt. Dort wo all die Kids aus meinem Verein sitzen. „Oh, keine Sorge, man wird nichts hören", sagt der Blonde entspannt und zieht etwas aus der Hosentasche. „Ein Schalldämpfer?" – „Richtig erkannt. Wir wollen schließlich nicht, dass die Kids noch traumatisierter sind, als sowieso schon. Schlimm genug, dass sie in dieser Anstalt Sport machen anstatt in einem richtigen Verein."

Er schraubt ihn gelassen auf die Waffe. Ich atme tief durch, als sie nicht mehr auf mich gerichtet ist. Mit einem kurzen Blick nach links stelle ich fest, dass Jason vollkommen ausgeknockt ist. Scheiße. Mir muss ganz schnell etwas einfallen. Mein Blick gleitet durch den Raum. Hier ist nichts, was mir helfen könnte. Ich finde partout nichts, das ich erreichen kann, ohne dann der Blonde den Abzug drückt. Ich gehe zwei, drei kleine Schritte nach hinten. Es muss einfach klappen. Wenn nicht, bin ich eh tot. „Harry hat nie etwas getan", fange ich an zu reden. „Er steht nicht in der Öffentlichkeit, er beeinflusst niemanden." – „Halt die Fresse." – „Ihr müsst ihn nicht umbringen. Ich bin es doch, den ihr tot sehen wollt", spreche ich weiter. Ich sagte, halt dein Maul!" Miles sieht mich wütend und aufgebracht an. Der Blonde kontrolliert, ob der Schalldämpfer richtig angebracht ist. Mein Herzschlag ist so schnell, dass er sich wohl gleich selbst überholt. Mir ist kotzübel und meine Knie nicht so stabil, wie ich sie gerade brauche.

Der Typ hinter mir hält seine Waffe nach wie vor Richtung Boden zu Jason. Fuck, ich will gar nicht darüber nachdenken, was passiert, wenn... Ich habe gar nicht die Zeit dazu. Der Blonde scheint fast fertig zu schnell. Ich muss mutig sein, was anderes bleibt mir nicht übrig. In der Hoffnung, dass meine Kufen nicht vollkommen kaputt sind, schiele ich nach unten und trete dem Kerl hinter mir mit aller Kraft auf den Fuß. Sofort schreit er auf und ich spüre, wie die Kufe sich tief in seinen Fuß drückt. Ich greife nach der Waffe und nehme sie ihm ab. Meine Finger zittern, als ich gleichzeitig den Kopf nach hinten stoße. Ich treffe mit dem Helm seine Nase, zumindest klingt es so, als würde sie brechen. Ich gehe nach vorne und ziehe die Kufe aus dem Fleisch seines Fußes. Er fällt zu Boden und schreit vor Schmerzen.

Ich merke kaum, dass ich die Waffe auf den Blonden richte. Meine Arme fühlen sich an die Pudding, ich zittere am ganzen Körper, aber ich muss mich zusammenreißen. Ich muss. Sonst tun sie wohlmöglich Harry etwas an. „Fuck!", flucht der Kerl am Boden. „Liegenbleiben, sonst treffe ich nächstes Mal nicht deinen Fuß", warne ich und gehe ein paar Schritte. Bevor er sich wegdrehen kann, stelle ich meinen Fuß direkt auf seinen Schritt. „Scheiße!" – „Liegen bleiben", wiederhole ich mit fester Stimme. „Fuck, tut doch was!" – „Wenn sie mich abknallen, schneide ich dir definitiv den Schwanz ab", warne ich und verlagere mein Gewicht, nur ein bisschen, aber es reicht aus, dass er vor Schmerzen aufstöhnt.

„Jackson, halt die Klappe!" Ah, Jackson heißt der Kerl also, den ich eventuell kastrieren werde. „Gib mir das Funkgerät.", fordere ich. „Vergiss es!" Der Blonde entsichert seine Waffe. Ich tue das gleiche. Es ist leichter, als es aussieht, man muss nur den Hebel am oberen Ende mit dem Daumen zurückdrücken. Sie sind zu zweit. Ich bin allein. Aber ich habe eine Waffe, genau wie sie. Scheißdreck, ich halte eine verdammte Waffe in der Hand und ziele auf einen Menschen. Darüber kann ich nicht nachdenken, nicht jetzt. „Leg ihn um!", fordert Miles. „Mann schieß endlich! Steven!" – „Nein!", ruft Jackson dazwischen. Ich spüre, wie er sich befreien will. Gleichzeitig scheint er es sich nicht zu trauen, aus Angst, ich verlagere mein ganzes Gewicht auf das linke Bein.

„Du schießt nicht", provoziert Steven mich. Ich presse die Zähne zusammen. „Du traust dich nicht." – „Ich schätze, du hast ein falsches Bild von mir." Ich will nicht schießen, aber der Drang, Harry zu beschützen, ist weitaus größer. „Und jetzt gibt mir das verdammte Funkgerät!" Tatsächlich streckt Jackson seinen Arm aus. Ich nehme es ihm ab. „Hallo? Hört mich jemand?" Es kratscht. „Jason?", wird fragend geantwortet. „Finden Sie Mr Brooks, Mr Roberts und Mr Edward", antworte ich knapp. „Sagen Sie ihnen bitte, dass dem Catering die Käsetoasts ausgegangen sind." – „Bitte was?" – „Die Käsetoasts müssen aufgestockt werden", wiederhole ich und bete, dass Harry eingeweiht wird. Irritiert schauen Miles und Steven mich an. „Was für verdammte Toasts?"

Vielleicht hätte ich sagen können, dass ich kurz davor bin, erschossen zu werden und in der Loge stehe. Vielleicht war es aber klüger, diese Typen zu irritieren und trotzdem zu sagen, was los ist. „Wer ist das? Schau nach!", befielt Steven. Jackson sieht auf sein Handy. Er schüttelt immer wieder den Kopf. „Niemand der Angestellten heißt so. Ich finde niemandem mit diesem Namen." – „Scheiße, wer ist das?!", fragt Steven mich wütend. „Leute vom Catering", antworte ich schnell. „Sie kommen von einer externen Firme, deswegen sind sie wahrscheinlich nicht im System", lüge ich weiter. „Die Käsetoasts sind für die Kids, dann sitzen sie länger auf ihren Plätzen und kommen nicht plötzlich her."

Skeptisch sehen Steven und Miles mich an. „Du machst das für die Kids." – „Sie sind Kinder, verdammt!" Lange halten meine Nerven das nicht mehr aus. Mein Puls ist nach wie vor mindestens bei 180, wenn nicht bei über 200. Mir wird schwindelig, schwummrig und ich kotze gleich.

Auf einmal höre ich etwas leise klackern. Ich sehe für einen Moment zur Tür. Bloß nichts anmerken lassen. Mr Roberts und Mr Brooks stehen dort und versuchen, die Glastür zu öffnen. Ich sehe wieder Steven an. Keiner der beiden darf sich umdrehen. „Knall ihn ab!", ruft Jackson plötzlich. „Knall ihn ab, die Cops sind da!" Scheiße. In dem Moment, als die Tür mit einem Rammbock aufgebrochen wird, ertönt ein Schluss. Ich habe mich nicht bewegt, mein Finger hat nicht gezuckt. In diesem Moment durchfährt ein beißender Schmerz meinen Körper. Er zuckt durch meine Muskeln und verliere das Gleichgewicht.

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Soviel also dazu. Auf Louis wurde geschossen. Was wird jetzt passieren?

Love, L 

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now