20. Kapitel

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Flashback

Genervt verdreht Harry die Augen. „Louis, du kommst zu spät." – „Ich bin nicht sicher, ob ich das wirklich tun sollte", erwidere ich zögerlich. „Willst du mich verarschen?", fragt er entgeistert und schüttelt dann den Kopf. „Wir fahren jetzt dahin!" – „Harry..." Ich seufze und sehe an ihm vorbei. Meine Gedanken sind vollkommen durcheinander. Er tritt auf mich zu und streicht über meine Schultern, meine Arme und schiebt seine Finger schließlich zwischen. „Wir fahren jetzt. Es ist vier Wochen her, du musst endlich mal wieder aufs Eis."

Ich seufze. Er hat recht und das weiß er ganz genau. Gestern Abend kam der Anruf von Mr. Johnson. Der Vorstand hat tatsächlich vier Wochen lang diskutiert. Vier Wochen. Ich habe drei Mal nachgefragt, ob es tatsächlich stimmt und ob es nicht ein schlechter Scherz sei. Ist es nicht. Ich spiele nach wie vor für Lightning und heute geht das Training für mich wieder los. Offiziell war ich verletzt, aber Harry ist der Meinung, dass es ein offenes Geheimnis ist, weswegen ich wirklich so lange ausgesetzt habe. Heute ist gleichzeitig sein erster Arbeitstag. Er besteht darauf, mich zum Training zu fahren, schließlich müssen wir jetzt nicht mehr verstecken, dass wir sowieso zusammen wohnen. Er sieht mich durchdringend an. „Wir fahren jetzt los."

Ich nicke und wir gehen aus der Tür. Harry setzt sich hinters Steuer und fährt aus der Garage. Mein Bein zuckt nervös und es hört erst auf, als mein Freund eine Hand darauflegt und sanft zudrückt. „Scheiß, auf Gibson oder Duckie oder Liam oder sonst wen." Natürlich weiß er worum es geht. Hätte mir das nicht klar sein müssen? „Da sind auch noch Kenny und Ian und Drew und Zayn. Du bist nicht so alleine im Team, wie du dachtest", erinnert er mich. „Und mich." Ich seufze und sehe ihn an. Sanft lege ich eine Hand an seine Wange und streiche mit dem Daumen über seine Haut. „Danke, Love." Er lächelt und sieht an einer roten Ampel kurz zu mir, bevor er mir einen süßen Kuss auf die Lippen drückt, bevor die Ampel wieder auf grün springt.

„Warte." – „Louis, du bist schon zu später." – „Bitte. Zwei Minuten." Harry hat vor der Trainingshalle geparkt und zieht die Tür wieder zur. Ich atme tief durch und sehe auf das Logo, das über der großen Eingangstür zu sehen ist. Tampa Bay Lightning. Ich glaube, ich war nicht einmal so nervös, als ich das erste Mal durch diese Tür gegangen bin. „Du schaffst das." – „Ich glaube, ich kotze gleich." – „Dann sollten wir erst recht reingehen, weil da gibt es Waschräume", antwortet er trocken. „Idiot", antworte ich, schmunzle aber doch. „Okay, ein Kuss, dann gehen wir da rein." Ich nicke zustimmend und lehne mich zu ihm. Mein Herz klopft schneller und für einen kurzen Moment, vergesse ich, weswegen ich so unglaublich nervös bin.

„Und jetzt steig aus diesem Auto", sagt er sofort, als der Kuss endet und öffnet seine eigene Tür. „Ich... ich gehe vor, okay?", sage ich, als vor der Glastür stehen. „Ich muss das alleine schaffen." – „Also soll ich ins Büro verschwinden?" – „Scheiße, nein!", antworte ich sofort und schüttle vehement den Kopf. „Aber ich muss alleine zu meinem Team gehen, gibst du mir ein oder zwei Minuten, bis du dazu kommst?" Er lächelt und nickt dann verständnisvoll. „Natürlich, Schatz." Er drückt mir einen Kuss auf die Haare. „Du schaffst das." Ich nicke, straffe die Schultern und öffne die Tür.

Sofort höre ich mein Team und weiß, das Training hat noch nicht angefangen. Dabei wird nicht so viel gesprochen. Ich gehe mit weichen Knien durch die Flure und komme an. Neben der Eisfläche ist ein großer Bereich, wo wir uns meistens aufwärmen und genau dort ist das Team. Meine Sportklamotten trage ich bereits und lege meine Trainingstasche an die Seite. Drew steht an der Seite und mustert die Mannschaft. Gibson ist der erste, der mich in der Tür stehen sieht. Er stockt. „Tomlinson." Fast sofort ist es still und alle Augenpaare sind auf mich gerichtet. „Louis", freut Ian sich, kommt auf mich zu und zieht mich in eine brüderliche Umarmung. „Scheiße, warst du lange nicht hier!", meint auch Zayn grinsend und kommt zu mir. „Es wurde Zeit, dass du wieder hier auftauchst." Kenny begrüßt mich ebenfalls und stellt sich zu mir.

„Bist du wieder... bleibst du zum Training?", fragt Duckie mich. Er hätte genauso gut fragen können: Bist du etwa wirklich wieder im Team? Sie haben dich allen Ernstes nicht rausgeschmissen? Der Blick einiger Teammitglieder sagt alles. Ich schlucke und Zayn legt mir eine Hand auf die Schulter. „Du packst das", sagt er leise. Ich reagiere nicht darauf, sondern sehe durch die Runde. „Wer was zu sagen hat, soll das ruhig tun", fordere ich dann mit fester Stimme. Einige der Jungs murmeln etwas und schließlich tritt Gibson vor. „Wie hast du es geschafft, wieder ins Team zu kommen? Ich meine, was hast du dafür getan, mhm?" – „Was soll das heißen?", frage ich ihn unberührt. „Jemand wie du bleibt im Team? Einfach so? Einen Monat warst du weg und plötzlich tauchst du hier auf und alles ist wieder gut? Scheiße, wer soll das denn glauben, Tomlinson." Abwertend sieht er mich an. Ich schüttle den Kopf. „Der Vorstand hat das beschlossen, frag Johnson."

„Hast du es ihm besorgt?" Perplex sehe ich Duckie an. „Bestimmt hat er das." – „Wie hätte er sonst wieder einen Platz im Team bekommen sollen?" – „Ich wette, er besorgt es nicht nur Styles." Ich möchte zur Antwort ansetzen, aber Kenny funkt augenblicklich dazwischen. „Geht's euch noch gut? Wollt ihr mich verarschen? Was ist denn los mit euch?!", fragt er aufgebracht und geht auf die Eishockeyspieler zu. „Louis ist euer Mitspieler! Er ist Teil unseres Teams! Und erstens, es geht euch überhaupt nichts an, mit wem er was macht, zweitens ist es nicht nur wirklich dreist, so etwas wie gerade zu behaupten, sondern absolut unverschämt! Und drittens werft ihr dem Vorstand noch vor, gegen Sex käuflich zu sein! Habt ihr gar keinen Anstand?!", regt er sich auf. „Kenny", sage ich ruhig, aber er lässt sich nicht abbringen. „Ich schwöre euch, wenn ich noch einmal zu hören bekomme, das hier irgendjemand einen diskriminierenden Kommentar abgibt, werde ich denjenigen eigenhändig hochkant aus dem Team schmeißen."

Das hat gesessen. Mit großen Augen beobachte ich das Geschehnis. Was passiert hier gerade? „Kannst du das überhaupt?", fragt Duckie ihn und verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich kann es", wirft Drew ein. „Nein, du bist nur Co-Trainer", wirft Gibson ein. „Falsch", sagt er und irritiert sehen wir alle ihn an. „Was?"

„Ich bin Chef-Trainer. Seit ein paar Tagen", stellt er klar. „Um es kurzzufassen." Er wendet sich mir zu. „Der Grund, warum es so lange gedauert hat, bis du wieder her konntest, war der, dass es personelle Veränderungen gab. Der Vorstand hat erkannt, wie homophob Warren ist und daher wurde er nach einigem hin und her fristlos gekündigt. Er bekommt eine saftige Abfindung, aber er ist weg. Ich bin jetzt der Chef-Trainer und bald schon werde ich einen neuen Co-Trainer an meiner Seite haben." – „Was? Das ist doch nicht dein Ernst! Deswegen ist Coach Warren weg?!" Entgeistert und ungläubig wird Drew – Coach Drew – angesehen. „Das ist es sehr wohl. Du ihr könnt euch wahrscheinlich vorstellen, wie der Vorstand auf Diskriminierung innerhalb des Teams reagieren wird." – „Von der Presse ganz zu schweigen."

Ich drehe mich um und sehe Harry im Türrahmen stehen. Er lehnt dagegen und hört offenbar schon etwas länger zu. Sofort lächle ich und er schmunzelt. „Ich sagte doch, alles wird gut. Willkommen zurück in der ersten Reihe." – „Ich bleibe auch in der ersten Reihe?", frage ich Drew sofort. „Vorausgesetzt, die vier Wochen Pause haben dir nicht allzu sehr geschadet." – „Garantiert nicht! Ich bin fit!", verspreche ich. „Das wollte ich hören", nickt Drew. Ich sehe erneut zu Harry und er lächelt zufrieden. Kurz blicke ich zu meinem Team, das mich immer noch ansieht.

Scheiß drauf. Ich drehe mich um und gehe zu meinem Freund. Überrascht sieht er mich an. Ich stelle mich auf Zehenspitzen und umarme ihn. Meine Nase drücken ich an seinen Hals. „Danke, Love", sage ich leise und spüre, das er seine Arme um mich schließt und mich fest an sich drückt. Ich schließe die Augen und presse mich an meinen Freund. Sicherheit. Genau das spüre ich, wenn er mich festhält. Vorsichtig löst er mich von sich, streicht mir die Haare aus der Stirn und sieht mich lächelnd an. „Ich muss los, wir sehen uns Zuhause. Viel Spaß beim Training." – „Bis später. Ich liebe dich." Er grinst glücklich. „Ich dich auch." Dann zieht er mich plötzlich doch noch einmal zu sich und küsst mich. Er küsst mich leidenschaftlich, liebevoll, mit einer Hingabe, die mir die Knie weich werden lässt.

Grinsend löst er sich von mir. „Das war längst überfällig." – „Spinner", lache ich, drücke einen weiteren Kuss auf seine Lippen und genieße das Gefühl, frei zu sein. Frei ihn zu küssen, frei zu zeigen, dass er zu mir gehört und frei, entscheiden zu können, dass ich nicht mehr so tue, als wären wir nur Kollegen.

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So lief es damals also ab. Was meint ihr dazu? 

Love, L 

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now