79. Kapitel

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Training in den Playoffs. Normalerweise bedeutet das sehr viel Anstrengung, aber heute ist es genau das Gegenteil. Grinsend stehe ich am Rand der Bande und beobachte, wie die Jugendmannschaft versucht, Pucks an Liam vorbei ins Tor zu schießen. Natürlich kann Liam mit Leichtigkeit einen Schuss eines Teenagers halten, aber es ist dann nicht mehr ganz so einfach geworden, als sich plötzlich jeder von ihnen Pucks geschnappt hat und sie nun alle gleichzeitig das Tor anvisieren.

Harry steht neben mir, nicht auf dem Eis versteht sich, und filmt das Spektakel. Die freie Hand liegt dabei auf meiner Schulter. Liam wird immer noch mit dutzenden Pucks beschossen. Zayn kommt grinsend zu uns. „Das war eine verdammt gute Idee." – „Finde ich auch", antworte ich amüsiert. Drew schüttelt den Kopf, aber wenn er wirklich etwas dagegen hätte, wäre er längst eingeschritten.

„Louis?" – „Mhm?" Ich drehe mich zu meinem Freund. Er antwortet nicht, er küsst mich. Er dreht seinen Kopf dabei, muss er, da ich meinen Helm trage, aber das scheint weder ihn, noch mich zu stören. Ich lächle glücklich und erwidere den Kuss.

„Tomlinsons! Nicht knutschen, arbeiten!", ruft Coach Drew plötzlich. Wir zucken auseinander. „Spießer", antworte ich genervt. Harry drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Er ist dein Coach, kein Spießer. Er hat recht." – „Das hier ist doch eh kein Training", entgegne ich schulterzuckend. „Er hat Tomlinsons gesagt. Mehrzahl", flüstert Harry auf einmal und ich höre, wie glücklich ihn das macht. „Ist mir aufgefallen", erwidere ich zufrieden und stoße mich von der Bande ab.

Es vergehen gerade mal ein paar Minuten, bis das sogenannte Training wieder unterbrochen wird.

„Louis Tomlinson?", wird laut gefragt. Ich drehe mich um und bleibe abrupt stehen, als ich zwei Polizisten erblicke, die in die Halle gelaufen kommen. Fragend sehe ich zu Harry. Er schüttelt mit großen Augen leicht den Kopf. „Äh, ja?" Ich fahre zur Bande. „Ich bin Mr Roberts, das ist mein Kollege Brook. Können wir in Ruhe reden?" – „Natürlich", nicke ich sofort. Die Kids schauen irritiert, genau wie die Trainer und der Rest des Teams. „Was ist hier los?", will Drew sofort wissen. „Wir müssen mit Mr Tomlinson sprechen", wiederholt der eine Polizist nur. „Ich komme mit", sagt Harry sofort. „Sie sind sein Mann, richtig?" – „Bin ich", bestätigt er. „Tut mir leid, aber wir müssen mit Mr Tomlinson unter sechs Augen sprechen. Eventuell holen wir Sie gleich aber dazu", wird ihm geantwortet.

„Folgen Sie mir." Ich führe die Polizisten in einen der Konferenzräume. Meine Handschuhe und meinen Helm lege ich auf den Tisch. Sie setzt sich und holen einen Laptop und eine Akte heraus. „Worum geht es hier?", will ich mit ernster Stimme wissen. „Wir haben erfahren, dass Ihr Mann Harry Tomlinson Ihnen bereits einiges über die Vorfälle berichtet hat, die vor zwei Jahren stattgefunden haben", beginnt Mr Brook. „Sie meinen die Erpressungen und die Morddrohungen. Und das Stalking", antworte ich. „Korrekt." – „Er hat mir davon erzählt." – „Also wissen Sie von allen Einzelheiten?", möchte Mr Roberts wissen. Ich schüttle den Kopf. „Ich habe nur einen Überblick. Um ehrlich zu sein, wollte ich mich nicht mit den Einzelheiten befassen. Es ist schlimm genug zu wissen, dass mir jemand den Tod gewünscht hat."

„Das ist natürlich verständlich, allerdings müssen wir dringend darüber sprechen, was vor zwei Jahren passiert ist." – „Okay. Aber nachher ist ein wichtig Spiel, wenn wir das verlieren, fliegen wir aus den Play-Offs", stelle ich klar. Die Polizisten sehen sich kurz an. „Gut, aber ansonsten werden sie für uns erreichbar sein müssen. Auch in den nächsten Tagen." Ich nicke. Wenn's sein muss.

„Also." Mr Brook öffnet die Akte und breitet einige Bilder auf dem Tisch aus. „Soweit wir wissen waren die Personen, die Sie bedroht haben, im Stadion, als Ihr Mann den Puck abgekriegt hat. Sie waren also dort, als sie sich live vor der NHL geoutet haben. Wir denken, dass diese Menschen bis dato nichts gegen Sie hatten. Es ist sehr sicher, dass deren Motiv tatsächlich ist, dass Sie schwul sind." – „Arschlöcher", brumme ich, höre dann aber weiter zu. „Erst waren es Emails, Kommentare und so weiter. Ihr Mann hat sie abgefangen und nicht an Sie weitergeleitet. Er sagte zu uns, dass Sie genug um die Ohren hätten, damals war schließlich auch Play-Off-Zeit. Außerdem sagte er uns, dass damit zu rechnen war. Er kam auf uns zu, als die ersten Fotos mitgeschickt wurden."

Ich kenne einige der Bilder, andere aber wieder nicht. Es sind so verdammt viele. Mein Magen dreht sich um und ein drückendes Gefühl macht sich in mir breit. „Das war ein paar Wochen nach Ihrem Outing. Genauer gesagt wurde das erste Foto geschossen, nachdem die Sendung mit ihrem ersten Interview ausgestrahlt wurde." – „Das bei Arthur?", frage ich verwundert. „Genau. Ab da wurde es immer schlimmer. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass es Ihrem Mann ab dieser Zeit wieder besser ging und Sie in der Öffentlichkeit zusammen gesehen wurden", erklärt Mr Roberts.

„Kurz bevor Sie nach Paris gereist sind, sind die ersten Morddrohungen eingetroffen. So gesehen war es ein ziemlich gutes Timing nach Europa zu reisen. Wir konnten in dieser Zeit die Spur verfolgen, aber leider ist es uns nicht gelungen, Verdächtige auszumachen. Das Problem ist, dass die Personen Sie nicht persönlich kennen, Mr Tomlinson. Es könnte im Prinzip jeder sein, der gerne Eishockey schaut und homophob ist. In dieser Zeit haben wir den Plan entworfen, diesen Personen eine Falle zu stellen. Mr Tomlinson hat Ihnen sicher erzählt, weswegen er mitten in der Nacht verschwunden ist." – „Damit ich in Sicherheit bin", antworte ich angespannt. „Korrekt. Wir haben in verschiedenen Foren Pläne abgefangen. Laut dieser Pläne war geplant, ihr Haus in Brand zu stecken." – „Mein Haus in... Brand?"

Plötzlich ist mir eiskalt. Mein Herz hämmert mir bis zum Hals. Meine Handflächen werden feucht und kurz dreht sich der Raum um mich herum. „Richtig. Sie sollten umgebracht werden – nicht still und heimlich, wie wir zunächst vermuteten, sondern so, dass jeder es sofort mitbekommt. Es sollte ein Exempel an Ihnen statuiert werden." – „Fuck", murmle ich und atme tief durch. „Ein Exempel", stammle ich vor mit hin. „Deswegen ist Mr Tomlinson genau dieser Nacht gegangen. Dadurch, dass er die Koffer und Taschen ins Auto geladen hat, konnten die Kriminellen nicht unbemerkt zu Ihrem Haus gelangen. Natürlich waren Teams von uns vor Ort, aber wir mussten gar nicht erst eingreifen. Es hat geklappt, diesen Menschen vorzugaukeln, dass Mr Tomlinson Sie verlässt. Dadurch waren sie außer Gefahr."

Vorgegaukelt. Harry hat mich irgendwie verlassen – zumindest physisch. Ich nicke verstehend, obwohl ich das Gefühl habe, noch den ganzen Tag zu brauchen, bis ich wirklich verstehe, was mir die Polizisten gerade erklärt haben.

„Wieso sind Sie hier?", frage ich schließlich. Mr Brooks räuspert sich. „Wir haben die Täter nie fassen können. Deswegen haben wir die letzten zwei Jahre die Foren weiter verfolgt und bis vor kurzem war dort Ruhe, doch seit einigen Tagen hat es sich geändert." – „Und Sie denken nicht daran, sofort zu mir zu kommen?", frage ich perplex. „Wir wollten uns erst sicher sein." – „Dass Sie jetzt hier sind ist also kein gutes Zeichen", antworte ich lediglich und versuche die Kälte zu ignorieren, die sich gerade in meinen Körper schleicht.

„Wir haben Grund zu der Annahme, dass in Kürze die Drohungen wieder beginnen werden. So weit soll es natürlich nicht kommen, deswegen sind wir hier. Es hat angefangen, als Sie wieder in der Öffentlichkeit mit Mr Tomlinson zu sehen waren." – „Er ist doch schon seit Wochen wieder hier." Irritiert sehe ich die beiden Polizisten an. „Stimmt, aber bisher war es sehr offensichtlich, dass sie kein Paar sind. Das hat sich geändert." – „Verdammt", murmle ich und sehe auf die Bilder. Es ist so verdammt gruselig, dass wir fotografiert worden sind. Es sind Momente, von denen ich dachte, dass nur wir sie geteilt haben, dass sie niemand sonst mitbekommen hat. Falsch gedacht.

„Ich will Harry hier haben." – „Mr Tomlinson –" – „Er ist mein Mann", unterbreche ich Mr Brooks. „Er hat alles getan, um mich zu schützen und wegen diesen Dreckssäcken wäre fast unsere Ehe gescheitert. Wegen diesen Arschlöchern habe ich zwei Jahre mit meinem Mann verloren. Ich will ihn hier haben!", fordere ich. Mr Roberts seufzt. Es ist mehr als offensichtlich, dass wir nicht weiterkommen, bis mein Mann hier auftaucht. Mr Roberts nimmt sich sein Handy und ruft ihn an.

„Was ist hier los?" Harry kommt in den Raum gestürmt. „Setzen Sie sich bitte." Mr Brooks deutet auf den Stuhl neben meinem. Harry lässt den Blick über die Bilder und die Unterlagen gleichen. Ich strecke eine Hand nach ihm aus. Er ergreift sie sofort und drückt sie sanft. Es gibt mir augenblicklich ein Sicherheitsgefühl. Er setzt sich zu mir und legt die andere Hand auf meinen Oberschenkel. Mr Brooks erklärt ihm die Lage. Harry spannt sich neben mir an, hört aber nicht auf, mit dem Daumen über meinen Handrücken zu streichen. „Haben Sie schon dem Sicherheitsteam Bescheid gegeben?", möchte er wissen, als er den Stand der Dinge weiß. „Natürlich", nickt Mr Roberts. „Unsere Kollegen sind gerade im Büro des Sicherheitschefs. Mr Tomlinson wird in dieser Halle nichts geschehen. Eine weitere Truppe ist bereits bei Ihrem Haus, um dort alles zu sichern." – „An meinem Haus?", frage ich überrascht und überfordert.

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Well, habt ihr damit gerechnet? Was meint ihr, wird jetzt geschehen? 

Love, L

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now