35. Kapitel

2.3K 339 76
                                    

Ich hab ein Jonnys Place Ticket für Düsseldorf. Ich habe keine Ahnung, wie ich das geschafft habe. Aber ich bin sehr happy und vielleicht muntert das neue Kapitel ein paar von euch auf, die evtl. keine Tickets bekommen haben. :)

-- -- -- -- --

„Wo warst du, Alter?", fragt Ian leise, als ich zurück zu meine Team komme. Ich bin zu spät, mal wieder. Scheiße. „Telefonieren." - „Bullshit", antwortet Zayn leise und sieht zu Drew, der mich kurz mahnend ansieht, sich dann aber weiter mit Lucas unterhält. Zayn mustert mich kritisch. „Was ist? Schau mich nicht so an." - „Telefonieren", entgegnet Ian trocken. „Was ist denn jetzt mit euch beiden los?" Ian seufzt. „Wenn das so weiter geht, kauft dir niemand mehr ab, dass du ständig telefonieren bist." - „Was soll das denn heißen?" - „Dass du bald ein Date mit Oliver hast, vergiss das nicht."

Perplex sehe ich erst Ian, dann Zayn an. Er zuckt nur mit den Schultern. „Ian hat recht. Du bist in ein paar Tagen mit Oliver verabredet." - „Und deswegen soll ich nicht mehr telefonieren dürfen? Was ist denn mit euch los?" Ian verdreht die Augen. „Ein paar Tage lassen wir dir noch, Louis, aber tu nicht so, als wären wir blöd. Zayn und ich kennen dich schon eine ganze Weile, vergiss das nicht."

Ich schüttle den Kopf und gehe zu meinen Sachen, um meine Wasserflasche herauszuholen. Idioten. Die zwei wissen überhaupt nichts. Es gibt nichts zu wissen. Ich höre nicht, was sie sagen, aber ich sehe, dass sie weiterreden. Haben die beiden nichts Besseres zu tun? Wir wärmen uns auf. Entspannt joggen wir einige Runden. Harry ist nirgends zu sehen. Soll mir recht sein. Lucas übernimmt seine Aufgaben. Stimmt das überhaupt? Soweit ich weiß, ist Lucas nach wie vor unser PR-Manager und Harry nur die Unterstützung. Aber Harry steht in der Rangordnung bei TAA über Lucas. Was soll's. Am Ende der Saison wird Lucas bleiben und Harry wieder verschwinden. Bestimmt dorthin, wo er auch die letzten zwei Jahre verbracht hat; an einen Ort, den niemand kennt. Oder besser gesagt, den ich nicht kenne.

Wir ziehen uns um. Harry ist nach wie vor nicht zu finden. Die Zuschauer sind laut, die Halle bebt, als die Panthers das Eis zum Warm-Up betreten. Wir sind als nächstes dran. Einige unserer Fans sitzen ebenfalls im Station und machen so viel Lärm wie möglich, als auch wir aus dem Gang auf die Spielfläche treten. Sofort fange ich an zu grinsen und fahre eine Runde ums Tor. Kurz wandert mein Blick zur Box. Noch bevor ich ihn sehe, spüre ich, wie mein ganzer Körper sich anspannt. Harry tritt im gleichen Moment durch die Tür in die Box. Er stellt sich zu Lucas. Er trägt ein lockeres, blaues Hemd und eine schwarze Anzughose, bei der ich Augenblicklich den Gedanken habe, dass er sich bitte kurz umdrehen soll. Ich schüttle den Kopf und konzentriere mich wieder aufs Warm-Up.

Das Spiel ist schnell. Ich spüre Harrys Blick die ganze Zeit in meinem Rücken. Oder auf meiner Brust, oder meiner Seite. Es kommt drauf an, wie ich gerade zur Box positioniert bin. Es gibt viele Schüsse aufs Tor, doch der Puck landet nicht im Netz. Nach der ersten Hälfte des zweiten Drittel nervt es langsam aber sicher, dass immer noch kein Tor für uns gefallen ist. Es steht 0:0. Ich schnappe mir den Puck, passe zu Kenny und gleite übers Eis nach vorne. Ich denke nicht mehr nach, ich handle nur noch. Die Spielzüge haben sich nicht nur in mein Gehirn, sondern auch in meine Muskeln eingebrannt. Kenny passt zu mir zurück. Ich stehe nur wenige Meter vor dem Tor. Für den Bruchteil eines Augenblicks entsteht zwischen den Verteidigern der Panthers eine Lücke. Bevor diese Information in meinem Kopf angekommen ist, habe ich bereits geschossen. Ich blinzle ein paar Mal, da klopft Kenny mir schon auf den Helm und ich höre wieder den Lärm der Zuschauer. Tor. Verdammt, endlich!

Ich reiße die Arme nach oben und juble. Mein Team auf der Bank in der Box hält ihre Schläger über die Bande und klopft dagegen. Drew nickt zufrieden und Lucas hat die Kamera des Diensthandys auf mich gerichtet. Harry steht neben ihm. Er lächelt und klatscht in die Hände. Unsere Blicke treffen sich. Ein Schauer erfasst meinen Körper und ich schlittere unbeholfen über die glatte Eisfläche. Ich rutsche aus. Fuck! Wie ein Kind, das das erste Mal auf Kufen steht, falle ich nach vorne über und lande der Länge nach auf dem Eis. Kenny fängt laut an zu lachen, reicht mir eine Hand und zieht mich wieder auf die Füße. „Sag es nicht", warne ich ihn und sehe, dass auch mein Team und die Zuschauer angefangen haben, herzlich zu lachen. „Ich hoffe, Lucas hat das drauf", grinst Zayn und tritt durch die kleine Tür in der Bande in die Box. „Habe ich. Und es ist schon online." - „Fick dich", antworte ich trocken und lasse mich auf die Bank fallen.

„Geht es dir gut?" - „Ich bin nicht das erste Mal auf dem Eis auf die Schnauze geflogen", antworte ich Harry knapp und meine Nackenhaare stellen sich auf. Er steht direkt hinter mir. Er steht und ich weiß, auch ohne mich umzudrehen, dass mein Kopf seinen Bauch berühren würde, wenn ich mich nur ein wenig nach hinten lehne. Aber das tue ich nicht. Ich schließe kurz die Augen und atme durch den Mund. Ich versuche mir einzureden, dass ich auf diese Art sein Parfum, sein Aftersave, ihn nicht mehr rieche. Es klappt nicht. Mein Herz schlägt schneller und meine Gedanken sind natürlich wieder bei ihm. Ich sehe auf die Eisfläche und denke an das erste Date, das wir in der Öffentlichkeit hatten. Es hat auf einer Eisfläche angefangen. Ich schließe die Augen. Die Bilder sollen verschwinden. Sie tun es nicht. Ich höre sogar noch die Songs, die im Stadion durch die Lautsprecher ertönten.

„Louis?" - „Mhm?" Ich schrecke auf und sehe Ian an, der neben mir Platz genommen hat. „Deine Reihe ist die Nächste." - „Ja, ich weiß", antworte ich nur. Mir bleibt nicht verborgen, dass sich sein Gesichtsausdruck nicht ändert. „Louis, du weinst." Er spricht leise. „Bullshit", antworte ich sofort, klappe mein Visier nach oben und wische mir über die Augen. Meine Fingerspitzen werden nass. Ich klappe mein Visier wieder hinunter. Ich starre geradeaus und zähle die Sekunden, bis ich wieder über die Bande springen kann. Ab dieser Sekunde verfliegen die Gedanken an das Date und meine Konzentration richtet sich auf das Spiel.

Das klappt nur so lange, bis ich wieder auf der Bank sitze. „Was war das gerade?", fragt Harry leise. Er steht schon wieder hinter mir. „Nichts. Kein Tor, wie du siehst." - „Du weißt, dass ich das nicht meine." Ich zucke mit den Schultern. „Ich muss mich konzentrieren." - „Nachher redest du sowieso nicht mit mir. Hier kannst du schlecht weglaufen." - „Das ist nicht gerade nett von dir", erwidere ich trocken, ohne mich zu ihm umzudrehen. „Also?" - „Mir geht es gut." - „Glaubst du wirklich, ich habe nicht mitbekommen, dass du -" - „Meine Güte, ich hatte was im Auge. Es geht nicht immer alles nur um dich. Du bist nicht der Mittelpunkt der Welt." Das warst du mal, für mich zumindest. Du warst meine ganze Welt, aber die ist in dem Moment untergegangen, als ich realisiert habe, dass du nicht zu mir zurückkommen wirst, dass du abgehauen wirst, einfach verschwunden bist.

In den letzten Jahren habe ich mir oft darüber Gedanken gemacht, ob er je verstanden hat, wie sehr ich ihn geliebt habe. Irgendwann habe ich realisiert, dass es nicht so gewesen sein muss. Herr Gott, und für diesen Kerl hätte ich beinahe meine ganze Karriere aufgegeben. Dieser Fehler wird mir nicht noch einmal passieren. Das einzig gute daran ist, dass ich mir keine Sorgen mehr darum machen muss, aufgrund eines Outings aus der NHL zu fliegen. Aber war es das wert? 

Meine Meinung dazu hat sich in den letzten Jahren immer wieder geändert. Inzwischen habe ich mich damit abgefunden, dass es mir nichts bringt, mich zu fragen, was wäre wenn... Es gibt kein: Was wäre, wenn ich Harry nie kennengelernt hätte? Vermutlich wäre ich für die Öffentlichkeit immer noch hetero. Vermutlich wäre ich glücklicher, als ich es nun bin. Aber es gäbe kein LGBTQ-Sportzentrum und ich würde nach wie vor mit der Angst leben, geoutet zu werden. Die eine, gute Lösung gibt es nicht. Wird es wohl nie geben.

„Hast du schon mit Ian gesprochen?", fragt Harry plötzlich und reißt mich aus meinen Gedanken. „Worüber?", frage ich irritiert und sehe nun doch kurz nach hinten. Mein Herz überschlägt sich und sofort kribbelt sein Geruch in meiner Nase. Fuck. „Über die Zimmer, dass er mit dir tauscht." Ach ja, unsere Zimmer sind ja nebeneinander. Ich schüttle den Kopf. „Ich lerne, damit zu leben. Konfrontationstherapie und so." Ob er merkt, dass diese Antwort zu 100 Prozent improvisiert war? Er nickt nur. Wieso macht er sich jetzt überhaupt Gedanken darum? Das hätte er auch tun können, als die Zimmer verteilt wurden, dann wären wir gar nicht erst in dieser Situation.

Die zweite Pause beginnt. Wir verschwinden in die Umkleide. Harry folgt uns und verteilt Proteinriegel. Als wären wir in einem schlechten Film, berühren sich dabei unsere Finger und schon wieder reagiert mein Herz und mein ganzer Körper sofort darauf. Stumm öffne ich den Proteinriegel. Ian sitzt neben mir. „Was ist jetzt schon wieder?" - „Du hast eine Gänsehaut.", bemerkt er lediglich. „Halt die Klappe, Rookie." - „Ich bin kein Rookie mehr." - „Halt trotzdem die Klappe."

-- -- -- -- --

Was haltet ihr von dieser Situation? Louis' Körper scheint ganz schön gegen ihn zu handeln.

Love, L

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now