22. Kapitel

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Etwa 24 Stunden später bin ich wieder zurück in Tampa. Das Team ist bereits seit gestern hier, zumindest die meisten von ihnen. Kenny ist mit Drew und Harry mit mir zurückgeflogen. Lucas ist mit dem Team abgereist. Ich schließe die Tür auf und lasse meine Reisetasche fallen. Meinem Gesicht sieht man noch an, was passiert ist und auch mein Bauch ist noch blau, mittlerweile auch grün, aber sonst geht es mir wieder einigermaßen gut.

„Scheiße, ich hab zwar mitbekommen, was passiert ist, aber ich dachte nicht, dass du so scheiße aussehen wirst." – „Du kannst mich mal, Neo.", antworte ich trocken. „Ich habe dein Lieblingsessen gekocht.", antwortet er mir und meine Laune hebt sich wieder. Trotzdem frage ich skeptisch: „Verarscht du mich?" – „Würde ich nie tun." Wer soll dir das glauben, Neo? „Ich würde es nie tun, wenn du verletzt bist.", korrigiert er. Gut, das kaufe ich ihm ab. „Geh erstmal duschen, ich mache das Essen warm." – „Danke, Liebling.", antworte ich scheinheilig und er verdreht die Augen. „Idiot." Ich lache und gehe die Treppen zum Badezimmer hoch. Ich schließe die Augen, als das warme Wasser auf mich herab prasselt. Sofort erscheinen die Gesichter der Männer, die mich angegriffen haben, vor meinem Inneren Auge. Ich öffne sie wieder und atme tief ein und wieder aus. Verdammt.

Ich greife nach dem Shampoo. Als ich die Augen wieder schließe, um den Schaum aus meinem Haaren zu waschen, kommen die Bilder wieder und mein Körper fängt an zu schmerzen, als würden die Schläge und Tritte erneut auf meinen Körper einprasseln. Ich schnappe nach Luft und öffne die Augen. Prompt landet Shampoo in meinem linken Auge. „Fuck!", fluche ich und versuche, es rauszuwaschen. Meine Augen Tränen und brennen. Ich seufze. Und ich dachte, der Tag kann nur besser werden.

Frisch geduscht und mit immer noch rotem Auge (neben den anderen Spuren der Prügelei), ziehe ich mir eine Shorts und ein frisches Shirt an, bevor ich wieder runter gehe. „Mhm... riecht gut." – „Danke.", antwortet Neo zufrieden und stellt das Essen auf den Tisch. Dazu gibt es zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank, die ich heraushole. Wir setzen uns und ich nehme mir ein Hühnchen und etwas Kartoffelpüree.

„Wie geht es dir?", fragt Neo dann und öffnet unsere Bierflaschen. „Die Frage habe ich in den letzten Tagen viel zu oft gehört.", antworte ich amüsiert. „Tut es noch weh?" – „Mehr als ich zugeben will.", murmle ich uns essen weiter. „Aber ich werde in ein paar Tagen wieder Spielen können, meine Dr. O'Donnell." Noah nickt verstehend. Ich sehe ihm an, was er fragen möchte, aber er spricht es nicht aus. Ich seufze. „Lucas kümmert sich um die Presse. Es ist nicht klar, ob es wirklich passiert ist, weil die Presse Harrys und meine Beziehung, ehemalige Beziehung, wieder in den Vordergrund rückt." – „Deine Sexualität stand lange nicht mehr im Fokus der Medien.", merkt er an. „Jetzt ist es wieder so und du wirst angegriffen." – „Mhm." Das habe ich auch schon bemerkt. „Aber ich kann Harry schlecht dafür die Schuld geben.", merke ich an.

„Das habe ich nicht gesagt." – „Aber du hast es gedacht." Neo verdreht die Augen. „Stimmt so nicht. Ich sage nur, dass es da einen Zusammenhang gibt." Ich schweige und stochere in meinem Essen herum. „Was ist los?", möchte mein bester Freund skeptisch wissen und mustert mich. Er kennt mich viel zu gut. „Es geht wahrscheinlich in ein paar Tagen wieder weg, aber... immer wenn ich die Augen schließe, sehe ich diese Kerle vor mir, die mich schlagen und treten.", gebe ich zu. Wahrscheinlich ist Neo aktuell der einzige, dem ich es erzählen würde. Ich bin noch unschlüssig, ob ich es Kenny sagen möchte. Wahrscheinlich muss ich dann noch länger auf der Bank sitzen.

„Vielleicht brauchst du nur noch ein paar Tage. Bis alles verheilt ist.", überlegt Neo. „Möglich." Das werde ich wohl die Tage sehen. Neo zögert, dann ergreift er wieder das Wort. „Ich habe gehört, Harry ist im Krankenhaus geblieben." – „Kenny?" – „Ian.", antwortet er schultertzuckend. Das war ja klar. „Was hat er dir erzählt?" – „Harry ist bei dir geblieben. Er ist als Ehemann zurzeit dein Angehöriger." – „Arschloch.", murre ich angepisst. „Er hat mir erzählt, er hätte mich gerettet. Er lügt, wie gedruckt. Vielleicht hat er das schon immer getan.", gebe ich meine Gedanken Preis. „Was?", frage ich verwundert und sehe Neo irritiert an. „Meinst du, es ist so abwegig, dass er dich von den Typen weggebracht hat?" – „Bitte.", antworte ich augenrollend. „Würdest du das bei ihm nicht tun? Wenn er angegriffen würde?" Perplex sehe ich ihn an. „Wieso fragst du das?" – „Nur rein hypothetisch." Ich verdrehe die Augen. „Natürlich würde ich ihn dort wegholen. Das würde ich mit jedem machen, der so angegriffen werden würde." – „Siehst du." – „Ich soll was sehen?"

Neo seufzt. „Du weißt, ich halte von Harry nicht viel, aber –" – „Du glaubst, er ist nicht ganz so herzlos, wie angenommen und er hat mich wirklich gerettet?", beende ich seinen Satz. „Könnte doch sein." – „Ich glaube das nicht.", widerspreche ich und schüttle den Kopf. Bevor ich aufstehe und uns zwei neue Flaschen Bier aus dem Kühlschrank hole. Früher standen in der Tür immer zwei Flaschen Rosé. Aber das ist lange her. Ich setze mich wieder. „Harry hat es fast geschafft mein Leben zu zerstören. Du weißt ganz genau, wie knapp es war. Und er hat mir definitiv die Fähigkeit genommen zu lieben oder so etwas in der Art. Er hat mich kaputt gemacht du es war und ist ihm vollkommen egal. Wieso also sollte es ihn kümmern, wenn mir irgendwelche homophobe Arschlöcher ein blaues Auge verpassen, mhm?" – „Das ist weit mehr als ein blaues Auge." – „Scheiße, du weißt, was ich meine.", antworte ich genervt.

„Außerdem ist er bald sowieso wieder weg." – „Was?" – „Meine Lucas. Also vielleicht. Flurfunk, du weißt schon", fasse ich zusammen. „Besser wäre es." – „Mhm." Noah hält inne. „Scheiße." – „Was?", irritiert sehe ich ihn an. „Du findest es nicht gut, dass er wieder geht." – „Was? Bullshit. Er soll bloß abhauen!", widerspreche ich ihm. „Am Ende der Saison ist er weg und dann wird alles wieder normal." – „Ich dachte, du kommst damit klar, dass er wieder für Lightning arbeitet." – „Tue ich auch. Aber das bedeutet nicht, dass es nicht anstrengend ist, mich jeden Tag mit ihm auseinander zu setzen und mir den Mist anzuhören, den er sagt." – „So, wie die Behauptung, dass er dir geholfen hat." – „Di verstehst es ja doch.", erwidere ich. „Wehe, du liegst danach wieder sechs Wochen im Bett und verlässt das Haus nicht." – „Wird nicht passieren.", verspreche ich und füge mit bitterem Unterton und trotzdem lächelnd hinzu: „Ich weiß inzwischen, wie ich damit umgehe, wenn Harry über Nacht verschwindet." Noah nickt stumm. „Und wie es ist, wenn er über Nacht wieder auftaucht." – „Ich hoffe nur, dass geschieht jetzt nicht im Zweijahresrhythmus.", antworte ich amüsiert.

„Wie weit bist du mit der Scheidung?" – „Damit habe ich mich in den letzten 48 Stunden nicht wirklich befasst, Sherlock." Neo verdreht die Augen. „Dachte ich auch nicht. Ich meinte eher ganz grundsätzlich." – „Meine Anwältin kümmert sich darum. Ich werde so wenig wie möglich selbst erledigen müssen.", erkläre ich ihm. „Ich frag besser nicht nach dem Preis." – „Lass es.", stimme ich zu. Die Summe, die ich an die Kanzlei zahle, ist nicht ohne, aber es wird sich lohnen. Außerdem hätte ich wahrscheinlich viel mehr Geld ausgegeben, wenn ich nach wie vor mir Harry richtig verheiratet wäre. Also was solls. 

„Harry hat also nicht nochmal etwas dazu gesagt?" – „Nachdem er mir erklärt hat, dass er sich nicht scheiden lassen will?" Noah nickt. „Könnte doch sein." – „Nein, hat er nicht und ich habe auch echt keine Lust darauf, dass er das Thema wieder anspricht." – „Du wirst aber nochmal mit ihm darüber reden müssen, dass ist dir schon klar, oder?" – „Das werde ich dann tun, wenn wir die verdammten Papiere unterschreiben und ich meinen Namen wieder für mich habe.", lege ich entschlossen fest.

„Und dann feiern wir eine Party." – „Du immer mit deinen verdammten Partys.", lache ich und schüttle den Kopf. „Doch, das wird gut! Wir feiern eine Anti-Hochzeitsparty!", entscheidet Neo euphorisch. „Wir werden Drinks und Essen besorgen, einen DJ, wenn du magst und vielleicht auch ein paar Tänzer." – „Schlägst du gerade vor, Stripper zu organisieren." – „Du hattest viel zu lange keinen Spaß mehr." – „Ist das dein Ernst?", frage ich zweifelnd, aber amüsiert. 

„Absolut. Und wir können ja sowohl weibliche als auch männliche Tänzer buchen. Dann haben auch die Jungs aus deinem Team was davon." – „Du bist so bescheuert." – „Ich wette, dein Team findet die Idee gut. Und wir können jede Menge Leute einladen", grinst er. „Vielleicht lernst du so auch mal jemand Neues kennen. Du bist bald wieder offiziell Single. Ich will nicht zusehen, wie mein bester Freund seine besten Jahre vergeudet." – „Du bist zu gut für diese Welt.", antworte ich sarkastisch. „Und vielen Dank für das Kompliment." – „Du bist undankbar.", antwortet er mir daraufhin. Ich verdrehe lachend die Augen und antworte mit völlig überzogenem Tonfall: „Mein liebster Neo, vielen, herzlichen Dank, dass du dich so gut um mich kümmerst, dass du sogar halb nackte Tänzer für mich organisieren möchtest." – „Arschloch." 

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Was haltet ihr von Noahs Vorschlag? Und wie denkt ihr, könnte es weitergehen?

Love, L

Lightning's HattrickWhere stories live. Discover now