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Jimin saß erschöpft an der Theke der Bar und hatte sein Gesicht in den Unterarmen vergraben. Seine Wangen brannten und sein Kopf fühlte sich schwummrig, gar komplett wattig an. Der Student wusste schon lange das er ein Alkoholproblem hatte. Zwar brauchte er nicht erstmal am Morgen einen Shot um durch den Tag starten zu können, aber die Menge welche er vertrug sprach bereits für sich. Aber er konnte doch nichts dafür das er wieder zum Alkohol griff. Er konnte nunmal die letzten Nächte nicht mehr schlafen. Tage zuvor, als Jimin mit Yoongi noch so schön geredet hatte war noch alles gut gewesen, aber am nächsten Morgen hatte der Geist ihn abgewiesen und war seitdem nicht mehr erschienen. Jede Nacht weckten ihn die schiefen Töne des Klaviers, ließen sein Herz unruhig in der Brust klopfen und die Panik in sich stetig ansteigen.

Ja, er hatte zwar die Tasten des Instruments zerschlagen, aber das hielt den Geist nicht davon auf trotzdem die gesamte Nacht zu spielen. Es machte ihn verrückt in diesem Haus zu bleiben. Jede Nacht konnte er diese kalten Finger spüren, welche sich in seine Haare vergruben und sich durch diese dann für den Bruchteil einer Sekunde ein schrecklicher Schmerz an seinem Hals ausbreitete, bevor er schweißgebadet aufwachte. Er hatte es so satt, er verstand nicht wieso Yoongi sich von ihn entfernte, obwohl sie eigentlich doch gut miteinander auskamen. Zumindest in den Momenten, in denen sie sich unterhalten haben. Eine Hand an seiner Schulter riss ihn aus seinen Gedanken und Jimin schoss mit seinem Kopf hoch, umgriff das Glas Whiskey fester in seiner Hand. Er bemerkte Rio's besorgten Gesichtsausdruck und es war derselbe Blick, welchen er immer bekam wenn Leute Mitleid mit ihm hatten. Und das konnte er überhaupt nicht gebrauchen.

»Du solltest aufhören zu trinken.«, flüsterte sie ihm zu und wollte ihm das Glas aus der Hand reißen, aber Jimin ließ dies nicht zu. Er zog das Glas mit so einer Wucht zu sich, das die Hälfte des Inhalts daneben schwippte und alles auf der Theke landete. »Du hast mir nichts zu sagen. Kümmer' dich um deine anderen Kunden, alle hier sind besoffen und ich gehöre noch zu den harmlosen in dieser Bruchbude.« Rio verdrehte ihre Augen, während Jimin das Glas mit einem Zug leerte und laut auf die Theke knallte. Grob wischte er sich dem Alkohol mit seinem Ärmel von den Lippen und rieb sich über über Gesicht. Auch wenn er saß, schwenkte er leicht hin und her und alles drehte sich. Er hatte das Gefühl jeden Moment umzukippen und zu Boden zu fallen. »Sei nicht kindisch.«

»Bin ich nicht!«, zischte er mehr als nur genervt und hielt sich seinen Kopf. »Bring mir noch zwei weitere Shots.«, murmelte er benommen und drückte das Glas an seine heißen Wangen, um sie etwas zu kühlen. Rio blieb aber einfach nur da stehen, verschränkte ihre Arme vor der Brust und sah sich stillschweigend das Häufchen Elend vor sich an. »Hörst du schlecht?« Jimin's Kopf krachte beinahe auf die Theke, als er versuchte die Barkeeperin anzusehen. »Bring mir doch einfach mehr Alkohol!«
»Das hier ist mein Laden und wenn ich will, dann kann ich dich hier auch raus schmeißen. Dann kannst du dir deinen Alkohol woanders besorgen.« Jimin's Augen fielen zu, er versuchte seinen Kopf oben zu halten während er ihn mit seiner Hand abstützte. »Mach doch.«

Rio sah ihn gereizt an, seufzte dann schwer und ging kurz von der Theke weg. Wenige Minuten später kam sie mit einem jungen Mann im Schlepptau aus dem hinteren Bereich zurück und stellte ihn dort ab, ehe sie einmal um die Theke lief und Jimin am Oberarm packte. »So, wir bringen dich jetzt mal nach Hause. Bezahlen kannst du alles morgen.« Jimin fiel vom hohen Hocker, wurde von Rio gestützt und schaffte es nur schwer sich wieder aufzustellen. »Kann ich nicht hier schlafen? Ich halte das dort nicht mehr aus.« Rio zog ihm seine Jacke aus, welche stark nach Alkohol roch und komplett verschwitzt war. Jimin's Haut war brennend heiß und sein T-Shirt klebte ihm unangenehm am Oberkörper. Sie rief dem Mann an der Theke etwas zu, was Jimin nicht verstehen konnte und während sie was auch immer an seiner Jacke machte, hielt er sich an ihr fest und versuchte seine leicht zitternden Beine in dem Griff zu bekommen.

Zusammen verließen sie kurz darauf die Bar und Rio war damit beschäftigt Jimin zu halten und zu stürzen, wenn der Student irgendwann aufgeben würde zu laufen müsste sie ihn dann sogar tragen. »Schubs' mich doch nicht so!«, beschwerte sich Jimin laut und stolperte Rio hinterher, knickte immer wieder ein und riss die Frau ebenfalls jedes Mal mit runter. »Warte, warte!«, rief er und fiel mit den Knien zu Boden, ehe er sich mitten auf der Straße übergab. Rio kreischte entsetzt und sprang zurück, wedelte sich mit den Händen frische Luft zu und sah weg. Jimin hockte lange auf dem Boden, seine Kehle brannte und er hatte den widerlichsten Geschmack im Mund, den er nur schmecken konnte. Das Erbrochene unter ihm roch wirklich unangenehm und mit letzter Kraft rollte sich Jimin weg davon, über die steinige Straße und sah erschöpft in den dunklen Himmel. Ob er diese Nacht wieder die Melodie des Klaviers hören konnte?

The legend of the Min family ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt