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Jimin betrat den Kaminraum, legte seine Taschenlampe auf das mit Briefen vollgemüllte Sofa und stellte sich vor den großen Bücherregal. Yoongi stand derweil am Türrahmen, traute sich nicht hinein zu schauen und ließ seinen Blick stur auf dem Boden gesenkt. Es gefiel ihm nicht, was Jimin da vorhatte. Besonders, da er erkunden wollte. Neugierde war in Yoongi's Familie nie gerne gesehen worden, weswegen er so versteift darauf reagierte. Und es handelte sich dazu noch um das Kaminzimmer seines Vaters, welcher ihm sein Leben lang verboten hatte, diesen zu betreten. Er hatte Angst vor der Warheit. Angst, dass sie Dinge durcheinander bringen konnten.

»Jetzt komm schon rein, Yoongi!«, stöhnte Jimin genervt und strich mit seinen Fingern an den Bücherrücken im Regal entlang. Vielleicht gab es einen Mechanismus, der den Schrank dazu bringen konnte, sich aufzuschieben. Denn wenn er diesen mit bloßen Händen von der Wand ziehen müsste, hätte er ein Problem. »Nein, ich will das nicht.« Yoongi klang beinahe schmollend. Jimin verdrehte seine Augen, trat die Briefe aus dem Weg und begann an den Büchern zu ziehen. Er fing bei denen an, die auf seiner Höhe lagen, arbeitete sich langsam hoch und dann wieder runter. Aber keines der Bücher löste etwas aus. Er zog an ihnen und nahm sie irgendwann sogar einzeln aus dem Regal, bis er nach einer ziemlich langen Zeit das gesamte Regal durchhatte und nichts finden konnte.

»So ein Scheiß!«, schrie Jimin und sah zu Yoongi, welcher noch immer wie davor in der Tür stand und den Boden betrachtete. »Man, Yoongi! Was stehst du denn so blöd da?!« Yoongi zuckte etwas zusammen, hob erschrocken seinen Blick und sah direkt in Jimin's Augen. »Du sollst gefälligst helfen!« Yoongi schluckte. »Und wie.. stellst du dir das vor?«

Jimin zischte. »Keine Ahnung! Lauf doch einfach durch die Wände und guck ein bisschen, was weiß ich!« Yoongi wagte es, seinen Blick huschend durch den Raum gleiten zu lassen. Links und rechts am Boden neben dem Sofa konnte er schon einige Briefe erkennen, die Meisten lagen aber noch versteckt vor seinem Sichtfeld. »Ich weiß nicht..«
»Ach!«

Die nächsten Minuten ächzte Jimin nur herum, zog mit aller Kraft an dem Schrank, aber egal wie sehr er sich bemühte, er bewegte sich kein Stück. Irgendwann gab Jimin auf, rieb sich über das Gesicht und sah sich im Raum um. Es musste doch eine Möglichkeit geben, wie er den Schrank von der Wand bekommen konnte! Ein Hebel, ein Schalter, irgendwas!

Jimin musterte die Kerzenständer auf dem Kamin, ging dann misstrauisch blickend auf diese zu und strich über das raue, goldene Metall. Er spürte parallel dazu die wiederkehrende Kälte hinter sich und lauschte Yoongi's leisem, unzufriedenen Murren. »Ich habe bei dieser Sache irgendwie kein gutes Gefühl.« Jimin schüttelte seinen Kopf, zog an dem linken Kerzenständer. Nichts.

»Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.«, meinte Jimin nur und zog am rechten. Er spürte etwas Widerstand, ließ den Ständer los und sah dabei zu, wie er wieder auf seine vorherige Position zurückkehrte. Es begann in den Wänden zu rattern und mit einem leisen Quietschen öffnete sich das Regal wie eine Tür. Das Holz kratzte leicht über den Teppichboden, ehe der große Schrank langsam anhielt und eine nackte, leere Wand hinter sich enthüllte.

Jimin weitete seine Augen, suchte hastig mit ihnen die Wand ab und spürte das Herz in die Hose rutschen. Keine Tür, kein Durchgang, keine Treppe. »Da ist ja nichts.« Ja, das hatte Jimin auch gemerkt.

Er lief auf die Wand zu, legte seine Hände an sie und tastete die Tapete nach Wölbungen ab, die auf einen Türrahmen hinweisen konnte. Aber die Fläche blieb eine glatte Ebene und es zeigte nichts davon, was sich Jimin erhoffte. »Jimin, ich glaube wir sollten das lassen.« Er klopfte an die Wand, hörte das Holz unter seinen Fingern leise knarzen und das Schallen, welches der Hohlraum dahinter auslöste.

»Wenn Vater das zu seinen Lebzeiten gesehen hätte, würde er dich mit eigenen Händen ins Grab befördern.« Jimin schlug mit seiner Faust gegen die Wand, lächelte dann breit auf und begann gegen sie zu treten. »Hörst du mir überhaupt zu?«
Jimin griff schnell nach dem linken Kerzenständer, schlug mit diesem schwungvoll gegen die Wand. Das Holz darunter knarzte und ächzte protestierend und er sah bereits, dass er Löcher in die Tapete hämmerte. »Jimin, dahinter ist nichts! Hör doch auf!«

The legend of the Min family ✓Kde žijí příběhy. Začni objevovat