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Yoongi schien sehr angespannt. Er schluckte etwas und musterte die Truhe, danach die abgebildete Uhr im Inneren. Es ließ ihn schlecht werden –auch, wenn er dieses Unwohl Sein nicht wirklich spüren konnte. Jimin strich vorsichtig das Holz entlang und legte seine Fingerspitzen an den Schlüssel. »Ich probiere es aus.«

Der Geist schnappte hörbar nach Luft. »Nein! Bist du komplett irre geworden? Es kann alles passieren wenn du das tust und was ist-«
»Ich dachte, du glaubst an sowas nicht?« Jimin hatte seine Augenbrauen angehoben. Ertappt presste Yoongi seine Lippen aufeinander und wandte seinen Blick ab.

»Was soll denn schon passieren, wenn ich am Schlüssel drehe? Hm? Vielleicht kommt einfach nur Musik heraus?« Yoongi biss sich nun auf seine Unterlippe. Er.. war sich wirklich unsicher. Die Dinge, die seinem Vater gehörten, sollte man niemals anfassen. Sie waren nicht gut, fügten Schaden zu oder zeigten einem diese teuflische, flüsternde Stimme, die in ihm gelauert hat. Die Tiefe der Dunkelheit, der Versuch, Dinge nicht ans Licht geraten zu lassen.

Jimin stellte die Drehscheibe auf das große J ein und drehte den Schlüssel langsam zehn Mal im Uhrzeigersinn. Als er dies getan hat, hielt er den Schlüssel fest und sah in Yoongi's Augen. Dieser wirkte noch immer verunsichert, aber er sagte nichts dazu. »Okay?«
»Okay.«

Langsam ließ Jimin den Schlüssel los und für einige Sekunden rührte sich gar nichts, bis dieser sich dann anfing ziemlich schnell diese zehn Runden zurück zu drehen und mit einem lauten Ping kam der Schlüssel keine fünf Sekunden später zum Stehen. Die Sicht vor Jimin's Augen verschwamm stark und es schien sich alles miteinander verschmelzen. Yoongi's Umrisse, die hellen Wände, der hölzerne Boden.

Und dann schien ihn die Dunkelheit zu verschlingen. Jimin spürte nicht mehr das Bett unter sich oder Widerstand an seinen Füßen, das einzige was er spüren könnte, war das raue Holz der Spieluhr in seinen Händen. Er hörte ein Brummen und Zischen und bevor Jimin die Konturen in der Dunkelheit entziffern konnte, landete er hart auf etwas und stieß sich dabei den Kopf.

Jammernd hatte Jimin seine Augen geschlossen und er presste die Spieluhr fest an seine Brust, setzte sich zögernd auf und erhob sich langsam. Er öffnete seine Augen, sah sich orientierungslos um und erschrak schrecklich.

Er befand sich direkt neben einem Bett. Das Bett, auf dem er seit Monaten geschlafen hatte. Aber es war.. Jimin sah das viele Blut auf der Matratze und dem Kissen, dem Boden und der Decke. Er roch den stinkenden, modrigen Geruch nach Verwesung und er konnte die einzelnen Staubkörner in der Luft umher fliegen sehen. Es war ein unglaublich schrecklicher Anblick der sich ihm dort bot.

Das Bett, die Decke lag zerknittert und durcheinander auf der Matratze und einige Kissen lagen sogar zerstreut auf dem Boden. Er konnte noch deutlich den Abdruck des toten Körpers auf den Laken erkennen und Jimin war so froh, dass hier keine Leiche lag.

Angewidert drückte er sich seine Nasenflügel zu und stolperte etwas zurück, hörte von außerhalb laute, knarrende Schritte. Er wusste nicht ob diese den Flur hinter der Tür entlang schritten oder doch etwas weiter weg waren. Doch als er das laute Ächzen einer anderen Person hörte, wusste er, dass er nicht alleine war.

Erst jetzt fiel ihm das verschmierte Blut auf dem Boden auf, welches einen Pfad zur Zimmertür darstellte und Jimin erneut fast zum übergeben brachte. Er spürte schon seine Magensäure im Rachen brennen und er war froh, dass er gerade nicht mehr den Geschmack des Alkohols auf seiner Zunge schmecken konnte, an dem er in vergangener Nacht genippt hatte. Das hätte ihm nämlich den Rest gegeben.

Leise öffnete Jimin die Tür, schlich sich in den Flur und folgte den getrockneten, kleinen Blutspuren auf dem Teppich. Sie führen ihn die Treppe runter zum Saal, an dessen er oben erstmal stehen blieb und sich umsah. Er beugte sich vor, versteckte sich etwas hinter dem Türrahmen.

»Dieser verdammte Dreckskerl.« Jimin zuckte hoch, stolperte nach hinten und mit einem leisen Poltern kam er auf dem Boden an. Er konnte nicht einordnen, woher die Stimme kam, aber nachdem er einen Blick in den Flur hinter sich geworfen hatte, musste sie wohl von unten kommen.

»Und sie haben die ganze Familie umgebracht?«, ertönte eine zweite Stimme.
Der andere Kerl seufzte ganz laut und Jimin hörte das Knarzen der Treppen. Der Junge schien wie erstarrt und er konnte sich weder bewegen, noch am Türrahmen hinweg in den Saal runter blicken. Ihm pochte das Herz bis zum Hals.

»Ja, alle hintereinander. Sogar diese widerliche Missgeburt, die den ältesten Sohn verschmutzt hat.« Der Mann wurde unterbrochen und er keuchte erschrocken auf. Das Knarzen wurde lauter und Jimin sah bereits die Schatten am Türrahmen. Sie wurden größer, krabbelten an der Wand entlang und die Umrisse wurden langsam immer schärfer.

»Ich hätte sie auch umgebracht, wenn ich gewusst hätte, was für Schanden sie waren.«
Ein Mann trat durch den Türrahmen und sein Blick fiel direkt auf Jimin, welcher wie erstarrt auf dem Boden saß und ihn mit geweiteten Augen ansah.

»Du?«

The legend of the Min family ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt