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Der erste Schock kam, als Jimin am nächsten Morgen aufwachte und sich luftschnappend an seinen Hals griff. Irritiert sah er sich im Zimmer um, während die Nachmittagssonne durch die Fenster hinein schien. Sein Kopf schmerzte und war benebelt, seine Glieder schienen taub und schwer.

Er sah Yoongi in das Zimmer rein laufen, in seinem Gesicht eine gewisse Sorge. »Was ist los?« Jimin schüttelte sprachlos seinen Kopf. »Es- es ist nichts-« Er konnte keine vernünftigen Sätze bilden. Seine Umgebung drehte sich und es war ihm, als wäre etwas ganz seltsam. »Irgendwas stimmt hier nicht.«, hauchte er und setzte sich richtig auf. Er sah die Wärmeflasche auf dem Boden, die Decke klebte an seinen nackten Beinen.

»Diese Nacht war- da ist nichts passiert.« Yoongi runzelte die Stirn, setzte sich zu Jimin ans Bett. Er begann zu zittern, der Schweiß auf seinem Körper ließ die Kälte noch intensiver erscheinen. »Kein Klavier, keine Hände an meinem Hals.« Jimin fasste sich an die Kehle. Es war beinahe schon fremd, nicht von ihnen aufgeweckt zu werden. In Panik, in triefender Angst. Und es war Nachmittags. So viel am Stück hatte er schon lange nicht mehr geschlafen. Ganz besonders hier, im Herrenhaus.

Yoongi legte seinen Kopf schief, sah seinen Freund an. Langsam kamen die Erinnerungen der vergangenen Nacht zurück, die durch den Alkohol lückenhaft und verzerrt wirkten. Und dann, dann kam der zweite Schock.

Jimin sprang auf, stolperte über seine Jeans auf dem Boden und lief zu seinen Rucksäcken. Er durchwühlte einen von ihnen, hob ihn sogar hoch, um den gesamten Inhalt hinaus zu kippen. Die Spieluhr war weg.

»Scheiße!«, stöhnte Jimin und warf den Rucksack in seine Ecke, trat die Kleidung aus dem Weg. Er hatte erhofft, dass dies alles nur ein böser Traum gewesen war. Dass er aufwachen würde, mit dem Schlüssel als Anhänger um seinen Hals und der Spieluhr in seiner Tasche. Aber die Warheit sah anders aus. »Nein, das war kein Traum gewesen.«, sprach Yoongi Jimins Gedanken aus und stellte sich neben ihn, seufzte schwer auf.

»Tut dir der Kopf weh?« Yoongi wollte bewusst vom Thema ablenken. Jimin massierte sich seine Schläfe, wollte nicken, jedoch schmeckte er wie aus dem Nichts den bitteren Geschmack des Alkohols auf seiner Zunge, weswegen er sich die Hand auf den Mund presste und sich umdrehte.

»Am Bett, Jimin.«, meinte Yoongi, worauf Angesprochener auf den Boden kniete und den Eimer zu sich zog, die Magensäure in diesen würgte.

Eine halbe Stunde später und es ging ihm immernoch nicht besser. Aber da Yoongi ihm gesagt hatte, dass er jetzt die Zähne zusammenbeißen und weitermachen musste, rappelte er sich träge auf und nahm den Eimer ins Badezimmer mit.

Dort putzte er sich die Zähne, wusch sich das Gesicht, und ehe er sich versah, hockte er auf der Toilette fest. Sein Bauch rumorte ganz komisch, und Jimin hatte das Gefühl, dass das nicht am Alkohol liegen konnte. Sowas war ihm noch nie passiert. Maximal hatte er einen Kater oder auch Erbrechen nach einer langen Nacht, aber dass ihm jetzt der Bauch schmerzte? Jimin hatte die Schnauze voll.

»Mir geht es gar nicht gut, Yoongi.«, sprach er verzweifelt, während der Geist hinter der Badezimmertür im Flur war und dort umher tigerte. Ein wenig Privatsphäre wollte er ihm schließlich doch noch gönnen. »Ich glaub, mir hat jemand Abführmittel in den guten Whiskey gekippt. Eine Menge Abführmittel.« Jimin weinte zwar nicht, aber er hörte sich definitiv so an. Wie jemand, der am Telefon unecht am heulen war, während er eigentlich nicht eine Träne vergoss. So quängelig und unzufrieden.

»Wie kommst du denn darauf?«, fragte Yoongi und er hörte Jimin ironisch auflachen. »Mein verdammter Arsch brennt wie Feuer, deswegen!«

Yoongi tat sich das Jammern noch ziemlich lange an. Er hatte nicht auf die Uhr geschaut, aber es kam ihm vor, als wäre eine halbe Ewigkeit vergangen.

Irgendwann hörte der Geist die Spülung und vielleicht fünf Minuten später trottete Jimin aus dem Bad. In seinen Händen der ausgewaschene Eimer. »Nicht rein gehen, ich hole schnell den Lufterfrischer.«, murmelte er schlapp und sein Gesicht war ganz blass. Yoongi musterte ihn, zuckte mit den Schultern.
»Ich kann eh nichts riechen.«
»Achso, stimmt ja.«

Wenig später hatte Jimin sich auf sein Bett gesetzt, während der Wasserkocher kochte und drei Ramennudeln am ziehen war. Er wusste zwar nicht, ob er das Essen so schnell wieder auskotzen würde, wie er es runtergeschluckt hatte, aber ihm knurrte der Magen vor Hunger.

Und nun war diese seltsame Hitze verschwunden und er hatte Schüttelfrost. Yoongi war ihm da mit seinen Minustemperaturen auch keine Hilfe, also hielt er sich etwas von Jimin fern. »Das wird schon wieder.« Jimin sah ganz langsam zu Yoongi hoch, sein Gesicht verzerrt. »Sei du lieber leise, Herr Sensenmann.« Yoongi zischte leise, setzte sich auf den Boden vor das Bett und blickte zum Menschen hoch.

Er dachte etwas nach, wie er wieder eine Unterhaltung anfangen konnte. Jimin derweil holte sich seine Nudeln ans Bett und aß sie vorsichtig, pustete ab und zu. »Ich glaube, der Hausschlüssel ist in der Bibliothek.«, begann Yoongi dann langsam und kratzte sich am Hinterkopf. »Da sind Schubladen bei den Bücherregalen, die ich nicht öffnen kann. Das musst du übernehmen. Am besten gehen wir zusammen in jeden Raum und du machst alles auf, wo ich nicht dran komme.« Yoongi machte eine kurze Pause.

»Ich bin in der Zeit, wo du geschlafen hast, überall gewesen, aber grob gesehen habe ich nichts gefunden. Das Problem ist, dass ich dir nicht einmal genau sagen kann, wo der Schlüssel sein könnte.«

Jimin stocherte in seinem Essen herum und legte die Decke enger um seinen Bauch. »Vielleicht hat ihn die Polizei auch mitgenommen.«, murmelte er und aß weiter. »Die waren hier nämlich, drüben sind ja diese Absperrbänder.«

Yoongi überlegte, nickte dann aber. »Stimmt, damals habe ich sie gesehen. Sie.. ich glaube, unsere Zimmer sind Tatorte. Dort sind wir ja gestorben.«
Jimin strich über seine Bettdecke. »Der Raum hier ist auch ein Tatort.«

Der Geist nickte zögernd. »Aber weißt du, was ich mich frage?«

Jimin stand auf, goss sich einen Tee ein. »Als ich mit der Spieluhr in die Vergangenheit gereist bin, war hier überall Blut.« Er hatte dieses Bild direkt vor Augen. Das Bett war davon gar durchnässt worden und es gab noch die Tropfen Blut auf dem Boden, sowie auf den Teppichen. Aber Jimin hatte nirgends in irgendeiner Art und Weise Blut gesehen, und das Haus schien nach den Morden auch nicht mehr wirklich angerührt worden sein.

»In unseren Zimmern ist auch kein Blut.«, überlegte Yoongi und Jimin sah verwundert auf. »Nein?«
Der Geist schüttelte seinen Kopf.
»Nicht einen einzigen Tropfen.«

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Und das, meine Damen und Herren, ist der Grund, warum man immer gründlich über seine Texte schauen sollte

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Und das, meine Damen und Herren, ist der Grund, warum man immer gründlich über seine Texte schauen sollte.

The legend of the Min family ✓Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz