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Der Druck wich nicht von seiner Schulter und gleichzeitig fühlte es sich so für ihn an, als würde sich eine Wange direkt an seine schmiegen. Jimin durchfuhr ein grausiger Schauer und zitternd hob er seine Hand, führte sie langsam Richtung seiner Schulter, ehe er plötzlich eine kalte Stirn berührte. Er zuckte zusammen, wollte seine Hand wieder zu sich ziehen und am Besten weg rennen, aber der Geist hinter ihm ließ dies nicht zu.

Schwer schluckte Jimin, starrte wie vereist auf die Wand vor sich und ließ seine Fingerspitzen das Gesicht entlang gleiten. Die Wange hinunter, zu den kalten Lippen und als er dann den Kiefer des Geistes hinunter strich, spürte er etwas feuchtes an dessen Haut. »Scheiße.«, hauchte er nur leise und berührte eine der Stichwunden, aus welchen das Blut hinunter floss. Er spürte das kalte Fleisch, wie sich die Muskeln bewegten und der Geist zu atmen schien.

»Sie haben uns alle getötet.«, flüsterte der Unbekannte hinter Jimin und er spürte einen kalten Atemzug an seiner Schläfe, was ihn aufzucken ließ. War das hinter ihm einer von Yoongi's Familienmitglieder? Was hatte er vor? Zittrig atmete Jimin ein, das ganze Adrenalin schien ihn beinahe zu lähmen. Er konnte nicht vorwärts gehen, irgendwas schien ihn zurückzuhalten. »Bitte, du musst uns helfen. Denn wenn du dies nicht tust, werde ich dich bis auf dein Lebensende heimsuchen.« Jimin wirbelte umher, drehte sich mit einer ziemlichen Wucht um und stolperte weiter in den Flur. Jedoch stand dort niemand, weder ein Geist, noch ein anderweitiger Mensch.

Jimin's Herz klopfte wie wild in seinem Brustkorb herum und er brauchte einige Sekunden, um seine Arme und Beine wieder in Bewegung zu setzen. Er sah hinunter auf seine Finger, mit denen er gerade noch in die Wunde des Geistes gefasst hatte und musterte das glänzende Blut an seinen Fingerkuppen, welches langsam auf den Boden hinunter tropfte. Er hob seine Hand an, nahm sofort den metallischen Geruch war und plötzlich begann er daran zu zweifeln, was Realität war oder doch nur ein verstörender Traum. Jimin konnte sich nicht erklären, wie er diesen Geist berühren konnte und Yoongi nicht. Er hatte es doch so oft versucht! Er wollte ihn mit Gegenständen abwerfen, schlagen, einfach so mal anfassen aber jedes Mal glitt seine Hand durch ihn hindurch. Es war so frustrierend einen Mitbewohner bei sich zu haben, eine Person mit der er sprach und der ihn nervte. Und dann konnte er ihn nicht berühren?!

Er brauchte diesen menschlichen Kontakt, er brauchte ein freundliches Schulterklopfen, eine Umarmung als Begrüßung und er.. er..
Jimin schüttelte sich, fasste sich wieder und sah dann stumm den Flur hinunter. Er betrachtete die Türen, abgesperrt von den Absperrbändern und dann sah er auf den Boden, erblickte einige Hinterlassenschaften von den Leuten, die wohl hier gewesen waren. Er entdeckte Taschenlampen, leere Plastiktüten und Papiere. Taschenlampen.. sie- Jimin trat vor, riss eines der Bänder aus den Weg und hob eine der Taschenlampen auf, welche am Nächsten zu ihn lag. Sie wirkte ziemlich neu, schien erst vor einigen Jahren hergestellt worden zu sein und als er dann auf den Knopf drückte, flackerte ganz kurz das Licht auf.

Sie funktionierte noch. Sie.. stammte von Polizisten, die nicht das letzte Mal im 19ten Jahrhundert hier waren, sondern erst vor einigen Jahren. Jimin verspannte sich, legte die Taschenlampe wieder an seinen Platz und warf dann einen Blick auf die erste Tür links von ihn, welche einen kleinen Spalt offen stand und Jimin beinahe dazu verlieh, sie weiter zu öffnen und hinein zu sehen. Er rieb sich seine Hände an der Hose ab, ging auf sie zu und riss dort das Band von dem Türrahmen weg, drückte das Holz dann auf. Ihm kam ein modriger Geruch entgegen, jedoch nahm er all seinen Mut zusammen und schritt in den dunklen Raum. In dem Moment, als sein Fuß den Boden berührte, verschwamm seine Sicht und ließ ihn rückwärts wieder in den Flur taumeln.

Er kniff seine Augen zusammen, hielt sich den Kopf und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Es ertönte leise Stimmen um ihn herum, welche langsam immer klarer wurden und näher zu kommen schienen. Jimin öffnete seine Augen und erblickte den Flur, welcher jedoch plötzlich völlig anders wirkte. Die Wände waren sauber und neu, der Teppich strahlte majestätisch und vor den Türen befanden sich keine Absperrbänder. Die kleinen Kronleuchter an den Decken beleuchteten den Flur angenehm und trugen nicht mehr die dicke Staubschicht, wie es gerade eben noch war. Jimin zuckte zusammen, als plötzlich zwei Menschen aus eine der Türen kamen und auf ihn zu gingen. Sie sprachen miteinander, schienen bedrückt und unschlüssig und es schien so, als würde diese Unterhaltung von wichtigem Wert sein.

»Wir müssen etwas dagegen tun, Gyeong.«, sprach die Frau besorgt und der Mann neben ihr seufzte nur schwer, sah gerade aus und Jimin's Augen streiften ganz kurz seine. Der junge Mann stolperte zurück, wollte stotternd fragen wer sie waren und wie er hierher gekommen ist, als die beiden Fremden durch ihn hindurch gingen und deren Gespräch fortführten. Jimin durchschnitt dabei eine schreckliche Kälte und vollkommen erstarrt sah er ihnen hinterher, wie sie die Tür zu den Treppen öffneten und dann verschwanden.

Jimin war in die Vergangenheit gereist. An den Tag, an dem der ganze Horror begann.

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Habt ihr das kommen sehen?
Nein?
Ich auch nicht.
#QualitätWirdHierGroßGeschrieben

The legend of the Min family ✓Where stories live. Discover now