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Mittwoch 26.02.2052; 09:32 Uhr

Nach einer weiteren Schulstunde bekommen wir endlich mal eine Pause zum durch atmen. Die Englischstunde gerade hatte es ganz schön in sich. So viel Grammatik haben wir noch nie auf einmal durchgenommen. Vielleicht meint sie es ja nur gut und will uns diesmal besser auf den Test vorbereiten als letztes Mal. Naja verständlich wäre es. Deswegen ist das aber noch lange kein Grund uns nur so mit Wissen vollstopfen zu müssen.

Aus Erschöpfung lege ich meinen Kopf auf den Tisch und versuche ein wenig zu entspannen. Doch als ich daran denke den kompletten Stoff noch einmal wiederholen zu müssen, entweicht mir ein hörbares Seufzen. Ein Fehler. Den Geräuschen nach zu urteilen betrachtet der Neue mich über die Schulter hinweg eingebildet. Ich liege mit meiner Vermutung goldrichtig, als ich genervt einen Blick riskiere. „Was?", frage ich entmutigt. „Nichts, ich bin nur gerade am Überlegen ob du es Wert bist, dir den Stoff nochmal zu erklären." Verdutzt blicke ich ihn an. „Huh, was soll das denn jetzt bitte heißen? Ich habe um deine Hilfe nicht gebeten," entgegne ich fassungslos.

„Das solltest du aber."

„Warum?"

Er beugt sich leicht vor, und sein Gesichtsausdruck wechselt plötzlich von: Hallo, Ich bin ein Vollidiot trete mir bitte in den Arsch. Zu: Ich weiß, dass ich der hotteste Typ im ganzen Universum bin. Seine Antwort flüstert er mir verführerisch in mein Ohr: „Na weil, es die beste Entscheidung wäre, und nur ein Idiot solch ein Angebot ablehnen würde."

Ich brauche einen Moment um zu realisieren was da gerade passiert. Einerseits bin ich total angewidert von der Aktion eben. Andererseits hat es mich ein wenig aus der Fassung gebracht, den ich spüre wie meine Wangen sich erhitzen.

Er verweilt noch einen Moment so und ich spüre seinen heißen Atem auf meiner Haut. Ein angenehmer Schauer durchfährt mich. Genieße ich das gerade etwa? Erst da fällt mir auf das uns alle total neugierig beobachten und ich lass es dabei bleiben. Als er sich wieder zurücklehnt sehe ich ein kurzes Leuchten in seinen Augen aufblitzen und ein siegessicheres Grinsen huscht über sein Gesicht.

Vielleicht sollte ich erst einmal Abstand zu ihm halten. Nicht das mir das Ganze zu Kopf steigt. Das kann ich im Moment nämlich überhaupt nicht gebrauchen.

Da ertönt eine Aufforderung aus den vorderen Reihen unseres Wirtschaftslehrers, welcher vor ungefähr fünf Minuten das Klassenzimmer betrat. Wie jede Stunde die er bei uns unterrichtet trägt er einen viel zu vornehmen Anzug, als auch eine farblich abgestimmte Krawatte. Alles von der Marke Gatchi. Nicht zu vergessen seine Brille. Selbst die ist von dem hochwertigen Unternehmen angefertigt worden. Deswegen trägt er auch unter uns Schülern den Namen Mr. GG, stehend für Gatchi Gaga.

„Liem Brown? Kommst du mal bitte?" Etwas zögerlich steht er auf, gibt sich dann aber doch einen Ruck und läuft auf Herrn GG zu. Normalerweise gehört es sich ja nicht seine Nase in Angelegenheiten zu stecken die einen nichts angehen. Und das weiß ich auch. Doch leider bin ich viel zu neugierig, als dass ich dies unterlassen könnte. „Ah ich habe schon von dir gehört, natürlich nur Gutes." Begrüßt er Liem mit einem übertriebenen breiten Lächeln. So ist unser Wirtschaftslehrer nun einmal. Wenn es um Leute geht von denen er etwas hält, spielt er meistens falsches Spiel. „Ich bekam gerade einen Anruf des Direktors rein. Er erwünscht dich in seinem Büro zu sehen." , konnte ich gerade noch so verstehen, nachdem der Neue auch schon augenverdrehend das Klassenzimmer, in Begleitung von Mr. GG, verlässt.

Worum es wohl geht? Das der Herr Direktor einen Einzelnen zu sich ruft ist bisher nur selten vorgekommen. Da er aber neu ist, geht es wahrscheinlich nur um ein paar Dokumente die noch auszufüllen sind, oder etwas Derartiges. Geistesabwesend mach ich mir schon wieder einmal viel zu viele Gedanken, und bemerke meine zwei Mitschülerinnen Amy und Cloe überhaupt nicht, als sie sich mir nähern.

„Na wenn das mal nicht Phoebe ist! Wie geht es den unserer besten Freundin heute so?", kommt Amy spielerisch rufend auf mich zu. Mit ihr auch eine genervte Cloe im Schlepptau. „Was wollt ihr beiden?" frage ich mit ruhiger Stimme. „Was wir wollen? Uns nur nach deinem Wohlbefinden erkundigen, was denn sonst?" meint Amy ironisch als sie ihren Arm um meine Schulter legt." Mein Körper spannt sich automatisch leicht an. Nackenharre stellen sich mir auf, und ein kalter Schauer läuft mir den Rücken herunter. Eine Stimmlage tiefer und nicht ganz so nett wie eben frägt sie: „Was wir wollen? Da frägst du noch? Ich sag dir mal was. Nach meinem Geschmack verstehst du dich ein wenig zu gut mit dem Neuen." Flüstert sie mir ins Ohr, damit es niemand außer uns beiden versteht. „Hör mir mal gut zu meine Liebe. Nur weil ihr ein wenig Smalltalk geführt habt, muss das ja nicht gleich was heißen. Verstehst du mich? Was ich damit sagen will ist: Der Neue gehört mir. Verstanden? Wir wollen ja nicht dass dir etwas Böses wiederfährt nicht wahr?", droht sie mir mit einem verschmitztem breitem Grinsen. „Amy..", fange ich langsam an. „..ich will sowieso nichts von ihm." Daraufhin schaut sie mich nur mit einem überheblichen Gesichtsausdruck an, der mir so viel sagen soll wie: Erzähl mir nichts vom Pferd. Meinen ernsten Gesichtsausdruck beibehalten versuche ich ihrem durchdringenden Blick stand zu halten.

Sie war verrückt. Mehr als nur verrückt. Durch einige Zeitungsberichte als auch TV Tagesshows weiß ich das sie bereits in mehrere Mordfälle verwickelt war. Vielleicht in mehr, als einige andere in ihrem gesamten Leben. Ein Blick in ihre Richtung genügt um zu wissen, dass man sich besser nicht mit ihr anlegen sollte. Sie hat diese gefühlslosen Augen, bei denen nur ein Blick reicht um jemandem Angst einzujagen. Solche, wie die einer Killerin. Man könnte schon fast sagen dass sie ein Spezialist auf ihrem Gebiet ist. Dadurch dass diese absurden Weltenregeln momentan herrschen, wird niemand wegen begründeten nachweisbaren Mordes verurteilt, sondern eher als ein Vorbild angesehen. Auch sie ist ein Vorbild unter einigen Schülern. Viele Fragen sie um Rat, oder bitten sie direkt jemanden zu töten. Für sie leicht verdientes Taschengeld, für mich eine unmöglich zu bewältigende Aufgabe.

Mir war schlecht. Aber so richtig. Warum immer ich? Ich habe ihr nichts, noch sonst niemandem, etwas angetan. Ich will doch nur ein normales fast schon langweiliges Leben führen. Als ich aufblicke schaue ich in das Gesicht, der auf mich herabblickenden Amy. Sie starrt mich immer noch mit diesem stechend prüfenden Blick an. Am liebsten würde ich sie anschreien, dass sie doch einfach still sein soll, oder dass sie mir gar nichts zu sagen hat. Vielleicht hätte ich es auch geschafft ihr mit einem fest entschlossenen Blick in die Augen zu sehen, um ihr anschließend noch bissig vorzuwerfen, das sie doch tuen soll was sie nicht lassen kann. Doch in meiner Vorstellung sieht das Ganze mutiger aus, als meine wirkliche Reaktion. Denn als ich sie kritisieren wollte, schaffe ich es gerade mal so aufzustehen. Aber anstatt sie endlich zur Schnecke zu machen, bekomme ich keinen Mucks raus. Ich stelle zwar fest, dass sie aus Überraschung einen Schritt zurück weicht, sich aber gleich wieder fängt.

Da bemerke ich eine leichte Bewegung im Augenwinkel. Die bis gerade eben noch am Tisch angelehnte, und an einem Lollipop lutschende Cloe, richtet sich auf und läuft zu ihrer Freundin rüber. „Ach Amy muss das sein?", fragt sie genervt. „Was meinst du?", antwortet Amy fragend. „Naja ich meine diese Sorge, dass sie was mit dem Neuen anfangen könnte. Schau mal. Sie hat noch nicht einmal Freunde. Wie soll sie sich da überhaupt einen festen Freund klar machen?", wirft sie gelassen in den Raum. Diese Tatsache dass sie Recht hat, trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube. Aber es war meine eigene Entscheidung. Und dass sie einfach über mich urteilt, ohne meine Hintergründe zu kennen, lässt mich gerade ein wenig wütend werden.

Meine Fäuste vor Wut geballt, spannt sich mein Körper an und unbewusst bin ich kurz davor ihr Eine runterzuhauen, ohne zu wissen welche Nachteile ich davon tragen würde. Doch bevor es zu solch einem Ereignis kommt, spüre ich wie mich jemand großes von hinten umarmt, und fest an sich drückt. Verblüfft drehe ich mich um, und sehe Ethan.

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