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Sonntag 06.04.2052; --:-- Uhr

Stille, Dunkelheit, Kälte. Wo bin ich hier? Als ich mich umsehe stehe ich, in Dunkelheit gehüllt, auf einer weitläufigen Wiese. Über mir der sternenklare Nachthimmel. Am Horizont vernehme ich einen Waldrand. Aber von der Zivilisation keine Spur weit und breit zu sehen. Der Duft nach Regen liegt in der Luft. Ein kühler Wind fegt über mich hinweg. Ich zittere am ganzen Körper. Erst jetzt bemerke ich, dass ich nur eine Jogginghose und eine leichte Strickjacke über einem Top trage. Ein paar Sandalen verhindern, dass ich mit nackten Füßen dastehe. Von weitem vernehme ich eine schwache aber dennoch tiefe Stimme. „Phoebe, Phoebe." Flüstert sie mir zu. Wie ein Echo schallt sie immer und immer wieder in meinem Kopf umher. „Phoebe." Verwirrt blicke ich in jede erdenkliche Richtung, doch kann niemanden entdecken, von dem die Stimme stammen könnte.

„Phoebe.., du weißt rein gar nichts.", haucht mir plötzlich jemand hautnah in mein Ohr. Meine Nackenharre stellen sich auf.

Diese Stimme.

Erschrocken fahre ich um mich. Allerdings stelle ich angespannt fest, dass dort keiner steht. „Hier Phoebe.", raunt mir wieder jemand unmittelbar in mein Ohr. Hektisch wirbele ich um meine eigene Achse. Doch wieder entdecke ich niemanden.

Diese Stimme, das ist doch..

Plötzlich nehmen meine Sinne ein amüsiertes Lachen von überall her auf. Links, rechts, hinter mir, vor mir. Verkrampft versuche ich in der Dunkelheit zu orten, von wo die Stimme herkommt.

Mist, ich kann einfach nichts erkennen!

Okay Phoebe, ganz ruhig. Ich atme einmal kräftig durch, und hole tief Luft. Ruhe bewahren Phoebe.

Langsam schließe ich meine Augen, und versuche meine Sinne zu schärfen. Ruhe kehrt in mir ein. Leise vernehme ich immer noch das Gelächter von außerhalb. Immer und immer schwächer. Bis sie fast ganz verschwindet, die Stimme.

„Nicht schlecht." Da war sie wieder, die Stimme! Und zwar genau vor mir, wie in Person. Ich war kurz davor die Augen zu öffnen, damit sich meine Vermutung bestätigt, halte mich dann aber dennoch davon ab, da sie sich von selbst bestätigt, als die Person vor mir weiter spricht.

„Lange nicht gesehen, Phoebe."

Ethan

Krampfhaft versuche ich den Kloß, welcher mir tief im Hals steckt, runter zu schlucken.

Was macht er hier?! Ist er doch nicht tot?! Ist das wirklich Ethan?

Stille

„Du bist doch tot..", bringe ich nun verunsichert hervor. Jedoch entlocken meine Worte ihm lediglich ein weiteres Lachen. „Bist du dir da ganz sicher?"

Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie er gerade von oben auf mein verwirrtes Ich herab blickt und sich einen Spaß aus dem Ganzen macht.

„Lass den Scheiß Ethan! Tue nicht so als wäre nichts vorgefallen. Und beantworte meine Frage! , werde ich nun lauter. Und dennoch entgeht ihm wahrscheinlich nicht wie ich am kompletten Leib leicht zittere.

„Huh, du willst also direkt zum Punkt kommen, was?"

Ein leises Seufzen ertönt seinerseits, bevor er weiterspricht. „Komme ich dir denn tot vor, jetzt gerade?", frägt er mich mit einem scharfen Unterton während ich eine warme Hand an meiner Wange wahrnehme. Vorsichtig streicht sie mir eine Strähne hinters Ohr und lässt daraufhin langsam, fast schon wiederwillig von mir ab. Verkrampft beiße ich mir auf meine Unterlippe, und balle meine Hände zu Fäusten.

Aber er wurde doch als tot bestätigt. Man hat doch seine tote Leiche gefunden, wie kann das also sein?

„Phoebe, Phoebe, Phoebe.", wiederholt er meinen Namen immer und immer wieder.

„Kennst du den Spruch, man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar?" Nach kurzem Überlegen antworte ich ihm: „Nein.., kenne ich nicht." Ein belustigtes Schnauben seinerseits. „Dann würde ich ihn mir an deiner Stelle zu Herzen nehmen, Phoebe." „Was meinst du?" frage ich ihn verwirrt daraufhin. „Das meine Liebe, musst du schon selbst herausfinden.", während er das sagt, nehme ich wahr, dass er sich zu mir hinab beugt, um mir wahrscheinlich in mein Gesicht zu blicken. „Denn ansonsten, schon sehr sehr bald, wird sich ein belangloser und doch so große Fehler, auf dein Leben auswirken. Und das im negativen Sinne.", raunt er mir auf einmal in mein Ohr.

Ich kann spüren, dass er es ernst meint, und in dem Moment kein Spielchen mit mir treibt.

Doch, was meint er? Was tut das jetzt zur Sache? Ist das wirklich der Ethan den ich kenne?

Kopfschüttelnd verwerfe ich den Gedanken schnell wieder. Er hat mir ja selber gezeigt, dass er nicht der ist, für den ich ihn hielt.

In der Position verweilend, fragt er mich daraufhin: „Sag, vertraust du mir noch? Hast du mir verziehen?" Hätte ich jetzt den Mut aufgebracht meine Augen zu öffnen, um ihm in seine zu schauen, hätte ich ihm wahrscheinlich eine gewatscht. Doch stattdessen seufze ich einmal hörbar aus, und schweige vor mich hin, in der Hoffnung dass er dies als ein 'Nein' deuten kann.

Den Geräuschen nach zu urteilen, entfernt er sich ein wenig von mir. „Schade, sonst hätte ich dir möglicherweise noch helfen können, deinen Fehler aus der Welt zu schaffen."

Die Fragen schwirren nur so in meinem Kopf umher.

Welchen Fehler? Mir helfen? Was meint er?

Ein hörbares Seufzen seinerseits ertönt. „Phoebe, schau mich an, öffne deine Augen.", flüstert er die Worte, welche der Wind zu mir trägt. „Blicke der Wahrheit ins Gesicht und erkenne sie rechtzeitig."

Warte, was? Mein inneres ich schreit danach das ich es lassen soll, und einfach auf dem Absatz kehrt machen sollte. Doch ich will es wissen. Wissen ob er noch lebt, ob der echte Ethan vor mir steht.

Somit öffne ich langsam und vorsichtig meine Augen. Die Wolken sind mittlerweile weiter gezogen, wodurch alles ein wenig erhellt wird. Als ich meine Augen vom Boden aus nach oben richte, blicke ich in das hell beleuchtete Gesicht von Ethan. Er ist es. Es ist wirklich Ethan. Er sieht mich mit einem aufrichtigen beinahe schon sehnsüchtigen Gesichtsausdruck an. Für einen kurzen Moment glaube ich auch ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen. Das Mondlicht spiegelt sich in seinen schwach grün leuchtenden Augen wieder.

Kurz bevor ich ihn fragen wollte wie all das möglich sein kann, kippt der Untergrund unter mir. Ich falle, und werde runtergezogen in ein unendlich schwarzes Loch. Gerade noch so kann ich erkennen, wie Ethan an den Abgrund tritt, und mir zusieht wie ich falle und falle.

Trust no AssassinWhere stories live. Discover now