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Montag 07.04.2052; 04:23 Uhr

Ich versuche ruhig zu bleiben, und Liem zu vertrauen. Doch so ganz schaffe ich es nicht. Aus Angst vor dem möglichen Aufprall schließe ich meine Augen und warte. Doch vergeblich.

Vorsichtig öffne ich sie. Ich sitze noch auf dem Motorrad. Auch Liem scheint unversehrt zu sein.

Doch links, als auch rechts von mir, umschließt uns nicht wie gewohnt die weitläufige Großstadt Morora ein, nein.

Links, als auch rechts von mir, entdecke ich weitläufige Wälder, grüne Wiesen, überflutete Gebiete und eingestürzte Gebäude. Vor uns eine lange brüchige Straße, welche ins Nirgendwo führt. Eine nahezu apokalyptische Landschaft erstreckt sich vor uns.

Perplex blicke ich um mich.

Wie ist das möglich? Wie kann mein Unterbewusstsein Dinge erschaffen, die es nie zuvor zu Gesicht bekam?

„Das ist der abgefahrenste Traum meines Lebens.", flüstere ich nur für ihn und mich verständlich. Keine Reaktion seinerseits. Der echte Liem hätte mich wahrscheinlich überzeugt, dass dies kein Traum ist.

Nach einer gefühlten viertel Stunde bemerke ich wie Liem anfängt die Geschwindigkeit herunter zu drosseln. Erstaunt blicke ich mich um.

Die weiten Wälder und Wiesen haben nun einem dichtbewachsenen Jungle platzt gemacht. Überall zirpt es, rascheln in den Baumwipfeln. Das komplette Gegenteil von der dicht besiedelten Stadt Morora, in welcher man stattdessen das Summen von Elektromotoren, Menschenstimmen, surrende Generatoren oder einfach nur die Stille wahrnimmt.

Doch wenn man genauer hinblickt erkenne ich, dass wir uns nicht nur in einem dicht bewachsenen Jungle aus Gestrüpp aufhalten.

Denn zwischen hohen Gräsern und der verkommenen Straße, behaupte ich, auch etwas Ähnliches wie alte Funpark Attraktionen vernehmen zu können. Über mir verläuft eine rostige Achterbahn, welche gleich einzubrechen droht, rechts neben dem holprigen Weg, auf welchen wir übergefahren sind, befindet sich ein veraltetes Karussell mit gruselig aussehenden Pferdestatuen. Gerade überqueren wir eine kleine Fußgängerbrücke, welche einen reparaturbedürftigen Hohlweg für Eisenbahnen überbrückt. Doch wurde dieser bereits von einer großen Menge Wasser geflutet, welches einen recht muffigen Geruch hinterlässt.

Ein Stück weiter kommen wir an einer ehemaligen großen Piazza vorbei. Die Mitte dieser sollte wohl einen Springbrunnen darstellen, doch so genau kann ich es in der Dunkelheit nicht erkennen. Brüchige Gebäude umsäumen diesen. Vielleicht frühere Buden?

Egal was es auch ist, die Natur hat sich ihren Platz eindeutig zurückgeholt.

Plötzlich wird mein Gedankengang unterbrochen.

„Ab hier müssen wir laufen."

Mit einem Knopfdruck bringt Liem die Maschine zum Stillstand und stellt sie am Rande ab.

Er steigt ab, und hält mir förmlich seine Hand hin. Kurz verwirrt ergreife ich sie und steige ebenfalls ab. Der Schotter knirscht unter meinen Schuhen.

„Wo sind wir hier?", frage ich in neugierig während ich ihm folge.

„In einem alten Funpark in der Nähe von Morora.", meint dieser daraufhin und deutet mit seinem Finger über sich. Überrascht blicke ich empor. Ein großes Eingangsschild hängt über unseren Köpfen. In verblasster Farbe stand dort wohl mal 'Herzlich Willkommen' drauf. Meinen Blick nun wieder Liem zugewendet bin ich mehr als nur verwirrt.

Was machen wir hier?

Doch er hat mir nur den Rücken zugewendet, die Hände lässig in die Hosentasche gesteckt, und schreitet seines Weges voran.

Trust no AssassinWhere stories live. Discover now