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Freitag 28.02.2052; 13:45 Uhr

„Puh, Endlich geschafft!" Geschaffen von dem in der Schule verbrachten Vormittag, fällt mir ein Stein vom Herzen, als es schlussendlich zur Mittagspause klingelt. Wäre da nicht noch der Nachmittagsunterricht, welcher auf mich wartet. Erschöpft lege ich den Kopf in den Nacken, und atme einmal kräftig durch. Für einen kurzen Moment drifte ich in meine Gedankenwelt ab. Das Gespräch zwischen Mutter und mir, von gestern Abend, vor Augen. Ich denke an den Moment zurück an dem sie zu mir sagte, dass ich den heutigen Nachmittagsunterricht nicht vergessen solle. Den Nachmittagsunterricht für das Tanztraining. Das Tanztraining, dem ich bei dem vorgestrigen Telefonat zustimmte. Ich versuchte ihr gestern noch verzweifelt zu erklären, dass es ein Versehen war ihr zuzustimmen, und ich eigentlich überhaupt keine Lust habe. Sie teilte mir daraufhin mit einer hochgezogenen Augenbraue mit, dass sie nicht ganz verstehe. Da das normalerweise ein Anzeichen von dem Beginn einer Diskussion bei ihr ist, kommentierte ich ihre Reaktion mit einem: „Ach, egal." Somit war die Sache gegessen.

Nun sitze ich hier, und habe mich selbst ganz schön in die Scheiße geritten. Aber was kann ich denn bitte auch dafür, wenn sie mich genau in dem Augenblick frägt, in dem ich am Meisten abgelenkt war?

Nach der Mittagspause schnappe ich mir meine Sportsachen, und mache mich auf den Weg in Richtung Sporthalle. Meine Sportuniform mit dem Wappen unserer Schule tragend, geselle ich mich zu den weiteren Schülern in der Halle. Von unserer Lehrerin noch keine Spur weit und breit zu sehen. Als ich mich umschaue bemerke ich, dass hauptsächlich Mädchen da sind. In kleinen Grüppchen sitzen sie zusammen und tuscheln aufgeregt miteinander. Vereinzelt sind auch Jungs anwesend. Ihren Blicken nach zu urteilen die Meisten nicht freiwillig. Missmutig setze ich mich ebenfalls auf den kühlen Hallenboden und warte ab. Nach gefühlten zehn Minuten kam dann unsere Lehrerin, und überraschender Weise ein weiterer Lehrer.

Naja, macht ja auch irgendwo Sinn, dass sie zu zweit sind. So ein Paartanz lässt sich schlecht alleine tanzen.

Beide tragen sie Sportklamotten und mustern uns einen nach dem anderen mit einem prüfenden Blick. Sie mit einem streng hochgebunden Dutt und stark aufgetragenem Make-up. Er mit zurück gegeelten Harren, und mit Augenbrauen welche ich dachte es sei unmöglich dass solche existieren könnten.

„So, meine kleinen Täubchen. Es freut mich euch alle kennenzulernen." Mit einem motivierten Grinsen blickt sie in die Runde. „Schön das ihr heute Alle so zahlreich erschienen seid. Ihr könnt mich Frau Smirnow nennen. Und meinen Mann Herrn Smirnow." Mit einem Nicken stimmt er ihr zu. „Wie ihr bereits wisst werden wir beide euch Allen im Laufe des nächsten halben Schuljahres verschiedene Standarttänze wie zum Beispiel der Wiener Walzer, Foxtrott, Tango, oder auch Quickstep beibringen. Damit ihr auch alle wie wunderschöne Engel an eurem Abschlussball über die Tanzfläche schweben werdet." Trällert sie vor sich her. Wenn das Mal nicht ein perfektes Beispiel für "Der erste Eindruck täuscht" ist.

Frau Smirnow schwärmt nach zehn Minuten immer noch vom Tanzen. Sie erzählt uns wie toll es doch sei uns nun unterrichten zu können, und was für ein Glück wir doch mit ihnen hätten. Auf welchen Wettbewerben sie schon überall waren, und bei welchen sie mit Herrn Smirnow gewonnen hat. Während ihr Mann noch nicht ein Wort mit uns gewechselt hat, hört sie gar nicht mehr auf zu reden. Ich war kurz davor aufzustehen und das Ganze abzubrechen, als mir eine bereits bekannte Stimme zu Ohren kommt.

„Entschuldigen sie bitte die Verspätung, ich musste noch etwas Wichtiges erledigen." Ich fahre um mich, und sehe überrascht in das Gesicht meines Klassenkameraden Liem. Automatisch muss ich an den Moment zurück denken an dem er mich wenn auch unverhofft an die Wand presste. Meine Wangen fangen spürbar an sich zu erhitzen. „Ach das macht doch nichts Vorob'i. Setz dich einfach zu den anderen dazu." Winkt unsere Tanzlehrerin liebevoll ab. Er nickt daraufhin einmal knapp, blickt sich einmal um, bis sein Blick auf mich fällt. Daraufhin kommt er geradewegs auf mich zu. Verdattert schaue ich ihn an. „Warum bist du hier?" frage ich in perplex. „Wahrscheinlich aus genau demselben Grund wie du. Um tanzen zu lernen. Was sonst?" entgegnet er mir flüsternd, und lässt sich neben mir nieder. Immer noch sprachlos schaue ich ihn an, bis er mir ebenfalls direkt ins Gesicht blickt. Sein Gesichtsausdruck kühl, aber dennoch fragend. Kopfschüttelnd wende ich mich von ihm ab, und lausche wieder Frau Smirnows Geschichten.

Nachdem sie weitere zehn Minuten mit Erzählen verbracht hat, schafft sie es endlich auf den Punkt zu kommen. Sie klatscht zweimal in die Hände und weckt somit die halb eingeschlafenen Schüler wieder auf. „So meine kleinen Mäuschen, wir werden heute und die Nächsten Male damit verbringen, euch den langsamen Walzer beizubringen, sowie auch ihn zu perfektionieren. Wichtig ist, dass der Walzer nur im dreiviertel oder auch im dreiachtel Takt getanzt wird. Merkt euch das gut. Herr Smirnow und ich werden ihn euch nun einmal vortanzen, passt gut auf!"

Die Musik setzt ein, die beiden gehen in Stellung, und fliegen im Nu über den Boden unserer Sporthalle. Man könnte meinen dass sie auf Wellen tanzen so sehr vermitteln sie einem das Gefühl. Sie führen uns ihren Tanz so elegant und charmant vor, dass die Motivation wie auf Knopfdruck in mir ansteigt. Es ist spürbar, dass die beiden richtige Profitänzer sind. Die Blicke der Schüler und Schülerinnen liegen alle auf ihnen. Als würden sie sie magnetisch anziehen und in eine andere Welt befördern. In eine magische Welt.

Als die Musik stoppt, stoppen die beiden zu meinem Missfallen auch ihren Tanz. Alle applaudieren. Ich war wohl nicht die Einzige die sie in ihren Bann gezogen haben. Zum Abschluss hin verbeugen sich die beiden, und bedanken sich für den Beifall. „Das meine lieben Täubchen, war ein Beispiel wie man einen langsamen Walzer tanzen könnte. Wie ihr gesehen habt, ist Tanzen kein Einzelsport, sondern ein Paarsport. Deshalb bitte ich euch nun ein Zweiergruppen zusammen zu finden. Wenn möglich Männlich und Weiblich, aber soweit ich sehen kann, wird das leider nicht ganz aufgehen, weshalb sich auch zwei Mädchen zusammen tuen können."

Mir war ja klar dass der Moment kommt, an dem ich einen Partner zum Tanzen zugeteilt bekomme. Ob ich jetzt mit einem Jungen, oder Mädchen, tanzen würde, war mir ziemlich egal. Doch womit ich am wenigsten gerechnet hatte war, als Liem mich genau zu dem Zeitpunkt, von der Seite her herausfordernd ansah.

Trust no AssassinWhere stories live. Discover now