Kapitel 13: Mieses Spiel

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„Sire?"
Er erstarrte in der Bewegung und ehe ich mich versah, hatte er mich losgelassen und saß wieder neben mir, als sei nie etwas gewesen. Aufmerksam sah er Hauptmann Joren entgegen. Dieser verneigte sich leicht, eine Hand auf seinen Schwertgriff gelegt.
„Mylord, das Lager ist errichtet und die Wachen stehen in Position. Keine ungewöhnlichen Vorfälle bislang."
Der Lord nickte. „Danke, Joren. Sind Späher auf der Straße nach Norden?"
„Selbstverständlich, Sire. So wie Ihr es angeordnet habt."
„Danke. Du kannst gehen."
Joren verneigte sich noch einmal, nickte auch mir zu, wandte sich um und verschwand aus dem Lichtkreis des Feuers.
Lord Thymeris sah wieder zu mir, wie ich da saß, wie ein kleines eingeschüchtertes Häufchen. Meine Wangen brannten heiß und ich wich seinem Blick aus. Irgendwie war mir die Situation absolut peinlich. Dabei war es ja er, der im Inbegriff gewesen war mich zu küssen. Oder? Verkannte ich seine Absichten?
Nachdem er mich kurz gemustert hatte, atmete er geräuschvoll aus und stand auf.
„Mylady, Ihr solltet versuchen noch etwas Schlaf zu bekommen."
Ich nickte nur und ergriff brav die Hand, die er mir hinhielt, um mir aufzuhelfen. Schweigend begleitete er mich zur Kutsche, in welcher ich wieder schlafen musste. Dort angekommen, erwartete mich schon eine verhalten lächelnde Sarameh. Ihre blitzenden Augen standen im Kontrast zu ihrem ruhigen Gesichtsausdruck, als sie uns entgegen sah.
„Lady Aree", begrüßte sie mich mit ihrer glockenklaren Stimme. Dann wandte sie sich zum Lord und machte einen Knicks, ohne aber ihre Augen von ihm zu nehmen. „Mylord."
Dieser ignorierte sie geflissentlich und wandte sich zu mir. „Schlaft gut. Und macht Euch keine Vorwürfe wegen der Situation. Es war unausweichlich, dass es zu Konflikten kommt, auf die eine oder eben die andere Art und Weise."
Etwas irritiert von seinen Worten nickte ich und drehte mich wortlos zur Kutsche, während er davon ging. Ich kletterte die Trittstufen hoch. Etwas verwundert, dass Sarameh gar nichts sagte und mir scheinbar auch nicht folgte, blickte ich hinab – und sah wie sie sich gar nicht für mich interessierte, sondern Lord Thymeris hinterherstarrte. Ein seltsames Gefühl durchfuhr meinen Körper, als dieser genau in dem Moment den Kopf wandte und über seine Schulter zurück zu Sarameh schaute.
„Sarameh!", blaffte ich sie an, selber erstaunt über meine aggressive Reaktion. Sie sah verwundert blinzelnd, aber wenig beeindruckt zu mir hoch, warf dann noch einen Blick dem Lord hinterher und folgte mir schließlich.
„Wo ist Roya?", fragte ich sofort, kaum dass sie die Tür hinter sich verschlossen hatte.
Meine Zofe lächelte schwach. „Ich bin heute für Euch zuständig, Mylady." Sie warf sich ihr langes Haar über die Schulter und kam auf mich zu, aber gleichzeitig wich ich zurück, soweit es der kleine Innenraum der Kutsche eben zu ließ.
„Ich möchte, dass sie mir beim Entkleiden hilft."
Sarameh legte den Kopf schief und bedachte mich mit einem Blick, unter welchem ich mich fühlte wie ein kleines, bockiges Kind. Dann verschmälerten sich ihre grauen Augen und ein schelmisches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Oh, Aree, weicht Ihr mir aus?"
Ich wollte sie zurecht weisen, dass sie mich gefälligst mit 'Lady' anzusprechen hatte, doch die Worte blieben mir im Halse stecken, als sie mit einer einzigen schnellen Bewegung direkt vor mir stand und ihre Hände an meine Wangen gelegt hatte. Da sie ein ganzes Stück größer war als ich, musste ich fast den Kopf in den Nacken legen um sie anzusehen.
„Ihr braucht mich nicht zu fürchten", flüsterte sie, mit einem Unterton in der Stimme, der mir die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. „Ich will Euch doch nichts Böses. Alles was ich tue ist zu Eurem Vorteil. Ich helfe Euch."
„Ach ja?", brummte ich finster. „Dann erklär' mir, inwiefern hilft es mir, dass du mich begrapschst?"
Sarameh sah mich an und lachte ihr engelsgleiches Lachen. Sie ließ ihre Hände hinab zu meinen Schultern gleiten und schlich halb um mich herum, bis sie hinter mir stand.
„Ich kann Euch in einer ganz besonderen Kunst unterweisen, süße Lady", hauchte sie mir ins Ohr, während ihre langen Finger sich an den Bändern meines Kleides zu schaffen machen. Ich bekam eine Gänsehaut von ihrem heißen Atem in meinem Nacken und ich begann zu frösteln, obwohl der kleine Kohleofen bereits entzündet war.
„Hilf mir einfach beim Entkleiden", presste ich mit erstickter Stimme hervor und hielt mein Kleid fest, dass es nicht einfach hinabrutschte, wenn sie fertig war. Dabei spürte ich ein Pieken an meiner Brust. Meine Ohrringe, die ich mir vorhin einfach schnell in den Ausschnitt geschoben hatte.
Sarameh lachte leise, beließ es aber dabei. Als sie die Bänder offen hatte wandte ich mich schnell um, erklärte, dass ich im Unterkleid schlafen würde – wobei ich krampfhaft ihrem amüsierten Blick auswich – und schickte sie dann fort.
Kaum hatte sie die Kutsche verlassen, seufzte ich erleichtert und stieg aus dem Kleid. Seit dem Vorfall mit Sarameh am ersten Abend wurde mir bei dem Gedanken an sie immer flau im Magen und ich war froh, dass es von da an immer Roya war, die mir mit der Kleidung oder beim Baden half.
Ich nahm die Ohrringe aus dem Ausschnitt und legte auch den restlichen Schmuck ab, bevor ich versuchte es mir auf den Decken und Kissen irgendwie gemütlich zu machen.
Meine Gedanken schwirrten um Lord Thymeris, als wir am Lagerfeuer saßen und er sich mir mit tiefgründigem Blick genähert hatte, und um Sarameh, wie sie ihm hinterher sah und auf welche Art sie dann mit mir sprach.
Es gab einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen den beiden, doch ich fand es unangenehm über diesen nachzudenken. Ich hoffte nur, dass ich mir das irgendwie einbildete. Dass sie nicht wirklich ein so mieses Spiel mit mir trieben.





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