Kapitel 51: Konflikte

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Meine Befürchtungen, dass Lord Oakwin irgendwelche schwierigen Anliegen hatte, blieben unbegründet. Zwar fragte er mich ein bisschen über Arlisar aus, was ich absolut verstehen konnte, da er bald seine Enkeltochter heiraten sollte, aber ansonsten schwieg er die meiste Zeit.

Nachdem die Musikanten die letzten Töne des zweiten Liedes ausspielten, löste Lord Oakwin seine Hand von meinem Rücken, machte einen Schritt zurück und verneigte sich leicht.
„Vielen Dank, Mylady."

Ich setzte gerade zu einem Knicks an, als uns jemand zur Seite trat. Am liebsten würde ich mich umdrehen und gehen, aber dann wäre ich nicht viel besser als er.
„Lord Oakwin, ob ich Euch ablösen dürfte."
„Selbstverständlich." Der Lord von Waldherz ließ meine Hand los, machte eine einladende Handbewegung, nickte mir noch einmal zu und entfernte sich.

Die Stimmung war seltsam gedrückt, als Rajan sich vor mich stellte und mich vorsichtig musterte. Ich sah ihm in die Augen, versuchte aber jegliche Emotion zu unterdrücken.
Beinahe schon schüchtern hielt er mir eine Hand hin, welche ich erst nach einigen Sekunden langsam ergriff. Sollte er ruhig wissen, dass ich es ihm nicht so einfach machen würde.
Kaum hielt er meine Hand drückte er meine Finger etwas fester und zog mich zu sich, um seine Hand unter meinem Schulterblatt zu platzieren.

Die Musik spielte schon eine Weile, als wir in den Tanz einsetzten. Sein Blick ruhte ununterbrochen auf meinem Gesicht, aber ich zog es vor über seine Schulter hinwegzusehen und so zu tun, als würde ich die Menschen beobachteten. In Wahrheit war mein Kopf viel zu voll mit wirren Gedanken, um so belanglos im Raum herumzustarren. Außerdem beobachtete ich Rajan genauso aus den Augenwinkeln.

„Aree," begann er nach einer Weile. Er sprach ganz leise, sodass ich ihn über die Musik hinweg kaum verstand, obwohl er recht nah an meinem Ohr war. „Ich glaube wir sollten reden."
„Ich sehe keinen Grund", antwortete ich trotzig. Mir war wirklich nicht nach Reden. Entschuldigungen und Ausflüchte konnten mir im Moment gestohlen bleiben.

„Doch, ich denke schon, dass du den genauso siehst wie ich." Er sah mich an und wartete wohl, ob ich noch etwas sagte, doch ich presste die Lippen fest zusammen. „In den letzten zwei Tagen ist irgendetwas komisch geworden zwischen uns. Vielleicht..." Er seufzte. „Habe ich gestern etwas gesagt, das... das eventuell noch nicht angebracht war. Es tut mir leid, wenn ich dich damit bedrängt habe." Er schien wieder auf eine Antwort zu warten, doch ich schwieg eisern.„Auch tut es mir leid, wie ich vorhin reagiert habe. Das war-"

„Ich will es nicht hören, Rajan!", platzte es jetzt aus mir heraus.
Er stockte verwirrt, offensichtlich hatte er nicht mit dem plötzlichen Ausbruch gerechnet.
„Du hast absolut unangebracht reagiert! Demian hat zu keinem Zeitpunkt etwas Unrechtes getan! Wir trafen ihn zufällig im Park und haben uns unterhalten, was ist daran so schlimm? Du bist ja nie da! Du hast nie Zeit für mich! Ist es dir lieber wenn ich alleine verrotte?!"

Er blieb stehen und so tat auch ich es. Anscheinend war ich etwas zu laut geworden, denn die Paare um uns herum schauten verwundert zu uns herüber.
„Nein, ich will nicht, dass du allein bist und ich will auch ganz bestimmt nicht, dass du verrottest. Aber warum muss es Demian sein? Wieso unternimmst du nicht etwas mit Therisa? Oder deinen Brüdern?"

„Therisa sah ich schon seit Tagen nicht, Arlisar hängt immer genauso in irgendwelchen Ratssitzungen wie du und Arjon - nein, danke!"
Deutlich überfordert nahm er die Hände von mir und rieb sich über das Gesicht. „In Ordnung, ich werde mich darum kümmern, dass Therisa... irgendwie... weiß ich nicht..."

Ein bitteres Lachen entfuhr mir und ich trat ebenfalls von ihm weg. „Sehr aufmerksam von dir, aber nein. Ich würde es schon selber schaffen Therisa zu erreichen." Erzürnt verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Ich denke ich gehe jetzt. Es ist schon spät."
„Aree, nein." Er machte einen Schritt auf mich zu, doch ich wich zurück und wandte mich um.
„Gute Nacht, Rajan."
„Aree. Aree!"

Stern des NordensWhere stories live. Discover now