Tag 6

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[ Levi // 10 // ]

Ich schlage meine Augen auf. Ich sehe nur einen leichten Lichtschein, der von Mikes Handy ausgeht. Ich wische mir durchs Gesicht, setze mich auf und schaue auf die Bettdecke. Ist es gut, dass ich das geträumt hatte? Ist es gut, dass ich mich selbst im Schlaf noch daran erinnere?

Plötzlich klingelt Hanjis Wecker und alle murmeln irgendwas davon, dass sie nicht aufstehen wollen. Nur ich stehe auf und hole meine Kleidung unter dem Bett hervor, nehme mir einen großen Kapuzenpullover und eine Skinny-Jeans mit Löchern an den Knien. Und Unterwäsche. Damit trotte ich in das kleine Bad und ziehe mich um, schmeiße meine anderen Sachen in die Waschmaschine und schaue in den Spiegel. Wenn ich meine Haare so lege, sieht das niemand. 

Die Schwellung ist zwar schon etwas zurück gegangen, dennoch da. Fertig angezogen verlasse ich wieder das Bad und gehe wortlos zu den anderen in den Essraum. "Wie kannst du schon so früh wach sein Levi?", gähnt Hanji und fällt fast mit ihrem Kopf in ihren Babybrei. Bevor ihr das passieren kann, nehme ich ihr den weg und sie knallt mit dem Kopf auf den Tisch. "Wenn man sonst so lange wach ist, gewöhnt sich der Körper irgendwann daran um halb sechs fit zu sein.", murmle ich und beginne etwas von ihrem Brei zu essen. Sie lächelt mich nur verträumt an und scheint am Tagträumen zu sein.

"Dir scheint es ja gut zu gehen heute.", grinst Mike. Ich zucke nur mit den Schultern, gebe Hanji ihre Schüssel wieder und hole meinen Rucksack mit den Schulsachen. Ich will gerade die Halle verlassen, als ich eine Hand auf meinem Rücken spüre. Ich drehe mich zu Erwin um und nehme wieder einen meiner Ohrstöpsel raus. "Kommst du nachher wieder? Ich will nicht, dass du zu dem Arsch gehst." 

*Sie sind echt nett. Sie werden dich lieben, Levi!*

Ich nicke und muss unbewusst lächeln. Vielleicht hatte Eren damals recht. Was heißt hier vielleicht? Er hatte auf jeden Fall recht. Er hatte immer recht.
Erwin nickt ebenfalls und geht dann zu den anderen. Sie haben nicht so einen weiten Schulweg wie ich, deshalb müssen sie erst später los. 

Ich stoße die Tür auf. 
Wie lange ist es her, dass ich von hier aus zur Schule gegangen bin? Viel zu lange.


Auf dem Weg zur Schule höre ich Kraftklub und Capser.

❝Ich hatte mal ein Rad, ein wunderschönes Rad. Mit einem wunderschönen Sattel und 'nem wunderschönen Rahm'. Damit bin ich weit gefahr'n, in den drei Jahr'n war ich glücklich. Ich brauche keine Gänge und kein Rücklicht. Ich hab' alles für mein Rad getan, was es auch ist. Hab' jedes Zahnrad geliebt und jeden Platten geflickt. Ohne Licht, ohne Schnickschnack und die Reifen platt. Und trotzdem das mit Abstand schönste Rad in meiner Stadt.❝

❝Bist du auch so verliebt? Meine Lust will, dass es uns ewig gibt. Und so singt sie ein Lied und noch ein Lied. Auf das es uns ewig gibt.❝

In der Schule angekommen, setze ich mich auf meinen Stuhl, schalte meine Musik aus und packe meine Englisch Sachen aus. Isabel hatte mir gestern Abend nach dem Essen noch mit den letzten Übersetzungen geholfen.

Die Idioten kommen auch nach und nach in die Klasse, sie reden über GTA und andere Games, die mich nicht interessieren. Ich dagegen beginne irgendwas auf meinen Tisch zu zeichnen, was ich aber direkt wieder weg radiere, als Frau Dr. Jünta rein kommt. 

Dumme Kuh. 

"Revi! Auch mal wieder da?", sagt sie und sieht mich streng an. "Mein Name ist Levi. Und ja. Sehen Sie doch."

"Steckst wohl noch ihm Wochenende, nh?" - "Frau Jünta, würden Sie bitte, eventuell, wenn es Ihnen nichts ausmacht, so ganz vielleicht, wenn sie möchten Ihre Fragen jemand anderem stellen? Denn wie Sie sehen können, sitze ich in der Schule. Ich bin nicht zuhause oder sonst wo, wo ich das Wochenende verbringen könnte. Also nein, ich befinde mich nicht noch im Wochenende."

100 Briefe [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt