Tag 11

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[ Levi // 18 // ]

Durch eine zirkulierende Bewegung an meinem Kopf, werde ich langsam wach und erschrecke mich fast zu Tode. Ich rutsche gefühlte 50 Meter von Eren weg und schaue ihn panisch an. "Wie bist du hier rein gekommen?!", zische ich und merke erst jetzt, dass ich in meinem Bett liege. 

"Du bist eingeschlafen und von der Fensterbank gefallen. Deine Mutter hat darauf bestanden, dass ich rein komme und bei der Gelegenheit habe ich dich ins Bett gelegt. Ich wollte dich jetzt wecken.", erklärt er erstaunlich ruhig und entschuldigt sich sofort.

"Ich werde gehen, wenn du willst. Ich wollte nur sicher gehen, dass du gut geschlafen hast.", murmelt er und schaut niedergeschlagen auf seine Knie. "Du siehst selber so aus, als hättest du überhaupt nicht geschlafen.", entgegne ich einfach nur. Er will eine zweite Chance? Er bekommt sie. Einmal und nie wieder. Wenn er es wieder verbockt bin ich endgültig weg. Zwar mit dem Wissen, dass ich damit nicht leben könnte, aber ich will nicht noch ein drittes Mal diese Scheiße durchmachen müssen. 

"Worüber denkst du nach?", fragt er und ich schaue zu ihm auf. "Über viel zu vieles." - "Also wie immer.", er beginnt zu lächeln. "Der Typ... ist das der, der dich angefasst hat?" Ich nicke und seufze leise ehe ich aufstehe und feststelle, dass er mich bis auf die Boxer ausgezogen hat. Peinlich berührt ziehe ich mir schnell einen Pulli über und setze mich auf den Boden neben meinem Regal, in welchem einige Klamotten liegen. 

Nachdenklich mustere ich ihn. 

Er ist größer geworden und seine Augen sind grüner geworden. Seine Haare sind etwas dunkler als vor zwei Jahren und er kleidet sich anders.

"Erzählst du mir, was du in den letzten 18 Monaten getan hast?", frage ich und stütze meine Arme auf meine angewinkelten Knie ab. Der Große seufzt und fährt sich durch die Haare. "Ziemlich viel Scheiße jedenfalls."

"Erzähl. Wenn du dich mir wieder näher kommen willst, dann muss ich wissen auf was ich mich diesmal einlasse.", erkläre ich fordernd und folge seinem Blick auf die kleinen Fotos, welche er lächelnd betrachtet. "Ich habe dich vermisst. Und als mir klar wurde, dass es nicht gut wäre zurück zu kommen, weil du ohne mich bestimmt besser dran sein würdest, habe ich angefangen zu trinken, mir irgendwelche Bettgeschichten zu suchen um dich zu vergessen. Ich habe zwar fast täglich an dich gedacht, es hat aber nichts geändert. Auch wenn ich auch oft an unseren Streit dachte, ich war immer der festen Überzeugung, dass es dir ohne mich besser gehen würde. Dann habe ich meine Handynummer geändert und musste mich fast täglich davon abhalten lassen dir zu schreiben oder dich anzurufen. Und als meine Mutter mir dann die Briefe geschickt hatte ... da konnte ich nicht mehr so tun, als würde ich dich nicht sehen wollen. Ich habe dich mal nachts angerufen und du klangst so kaputt, dass ich einfach her kommen musste."

Okay, ich weiß nicht, was ich sagen soll. "Du hast dich durch die Gegend gefickt, weil du nicht an mich denken wolltest?" - "Ich weiß, ist scheiße. Und ich bereue das auch. Nichts davon war ehrlich, weißt du?" Ich schüttle den Kopf. Ich habe das nicht getan. Ich habe Konversationen über Sex und anderen intimen Dingen vermieden und mich daraus gehalten. 

Eren ist der einzige Mensch, mit dem ich mir das je wieder vorstellen könnte. Ich weiß, wie er ist. Ich weiß, dass er zwar anders tickt aber Rücksicht auf mich nehmen würde. So wie er es damals getan hat. "Konntest du dich immerhin ausleben?" - "Wie meinst du das?"

"Na ja ... damals hast du ja gesagt, dass du .... eher auf andere Dinge ... reagierst-" Er lacht leise auf. "Nein, konnte ich nicht. Immer noch bin ich rücksichtsvoll. Ich bin kein vollkommenes Arschloch." - "Das ist Ansichtssache."

Er grinst leicht und schaut sich wieder die Fotos an. 

"Wieso hast du die hier noch hängen?", fragt er leise und mustert die einzelnen Bilder genau

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"Wieso hast du die hier noch hängen?", fragt er leise und mustert die einzelnen Bilder genau. "Ich weiß nicht. Ich finde, wenn ich sie abnehmen würde, würde eindeutig was fehlen."


Wir haben beschlossen zur Halle zu gehen, da ich einfach nicht bei meiner Mutter und Keith sein will und Eren sowieso dort wohnen würde. Keine Ahnung, wie lange er hier bleiben will. Vielleicht zieht er ja auch wieder zu seiner Mutter. Wäre schön, wenn er wieder in der Nähe ist. Oder allgemein wieder hier ist.

Ich öffne die Eisentür, höre Annie und Hanji lachen. Im Hintergrund höre ich laute Sido-Musik und mir ist klar, dass Annie die macht über den Gettoblaster hat. Wir gehen zur Halle und ich muss mir ein kleines Schmunzeln unterdrücken. Während Annie und Hanji sich vor Lachen auf dem Boden kugeln, tun Erwin und Mike so, als würden sie tanzen können und machen voll die Party zur Musik. 

Ob ich auch wieder mit Eren so sein kann?
So glücklich?
So wie ein richtiges Paar?

Plötzlich spüre ich seinen warmen Atem in meinem Nacken. "Weißt du noch, als wir damals getanzt haben?", haucht er leise und könnte schwören, dass er leicht lächelt. Ja, ich erinnere mich. Es war für Erens Abschlussball. Er schloss die Realschule zusammen mit Erwin und Mike ab, die beiden gehen jetzt aufs Gymnasium, Eren wollte arbeiten. Er hatte mich eingeladen, aber vergessen, dass ich noch nie in meinem Leben getanzt hatte. Er hat es mir beigebracht. Zwei Wochen lang haben wir irgendwelche Schritte geübt und wenn ich mich so zurück erinnere, dann schleicht sich wirklich ein Lächeln auf meine Lippen. 

"War schon schön.", murmle ich leise. Wahrscheinlich hat er es gar nicht gehört."EREN!", ruft Hanji plötzlich und die anderen drei schauen sofort zu uns. Ich kann gar nicht richtig schauen und plötzlich hängt Hanji an Erens Oberkörper. Man sieht ihm an, dass er nicht genau weiß, was er tun soll. 


Sie alle haben ihn freudig begrüßt. Isa und Farlan sind auch irgendwann gekommen und sie sitzen unten, weil er erzählen soll, was er so gemacht hat. Ich stattdessen liege auf dem riesigen Schornstein und schaue mir den lila-rosa Sonnenuntergang an. Plötzlich werden mir die Augen zu gehalten und ich lächle leicht. Eren nimmt seine Hände weg und legt sich neben mich. "Ich liebe dich Levi und ich weiß, dass ich viel zu viel Scheiße gebaut habe um es wie früher wirken zu lassen. Aber wie wäre es wenn wir ein Neuanfang wagen? Ich will dich nicht noch einmal verlieren."

"Ich liebe dich ja auch. Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, wie ich mit dem ganzen umgehen soll. Soll ich sauer auf dich sein oder dich anspringen und dich vollheulen, weil ich dich vermisst habe? Oder sollte ich dich einfach ignorieren? Letzteres ist wohl unmöglich für mich. Doch was ist mit meiner Wut? Sie ist nicht einfach verschwunden. Ich bin immer noch wütend und du wirst es mir bestimmt nicht übel nehmen können, doch ich versuche einfach das ganze in den Hintergrund zu schieben, damit ich wenigstens versuchen kann es wie früher auf mich wirken zu lassen. Weißt du?"

Schweigen. "Ich habe keine Ahnung, was ich dazu sagen soll. Tu das was du für richtig hältst." - "Und was ist richtig? Was halte ich für richtig?"

"Das weiß ich nicht Levi. Wirklich nicht. Das kannst du nur selber wissen. Willst du es nochmal versuchen oder mich lieber anschreien? Ich akzeptiere beides." Der Wind rauscht durch meine Haare und ich beginne leicht zu zittern, weshalb ich etwas näher zu ihm rutsche. Er bietet einfach Körperwärme. "Kannst du mir versprechen nicht mehr zu gehen?" - "Ja."

"Dann sag es.", murmle ich und lege meinen Kopf auf seine linke Brust. "Ich verspreche dir hier zu bleiben, solange du mich hier haben willst."

Ich spüre, wie er meinen Kopf küsst und dann durch meine Haare streicht. "Wir sollten wieder runter gehen. Sie machen sich schon Sorgen um dich. Hanji hatte Angst, dass du hier runter gefallen bist.", lacht er leise. Wir stehen auf und klettern im Schornstein wieder herunter, wo mir etwas einfällt. "Wie machen wir das mit den Betten?", frage ich unsicher. Ich besetze eigentlich seine Plätze. "Hab ich schon geklärt. Mike und Erwin schlafen in Erwins Bett und ich in Mikes."

Dann liegt er mit seinem Kopf direkt an meinem. Ich nicke nur, gehe in den Schlafraum und sehe schon, dass Mike hier einiges umgebaut hat. Idiot. Er hat Annies und Erwins Bett etwas von meinem und Erens weggezogen und unsere näher aneinander gestellt. Genervt schiebe ich die Betten zurück und setze mich auf meines. 

"Wo sind die anderen?", frage ich und schaue zu Eren, der im Raum herum läuft und einige Dinge anschaut. Wie zum Beispiel das große Gruppenbild, welches Hanji bei sich stehen hat. Auf dem Bild sind auch Eren und ich. Wir küssen uns da gerade. Das war das erste Mal, dass wir uns vor ihnen geküsst hatten. 

Mir war das immer unangenehm, weil hier alle für mich fremd waren. Und fremden Menschen muss ich nicht zeigen, dass ich Eren liebe, weil es die nichts angeht. 

"In der Halle. Sie machen irgendwas neues.", murmelt er und nimmt den Bilderrahmen in die Hand. Ich lege mich seitlich hin und beobachte ihn noch etwas, bis ich langsam wegdöse und einschlafe.

100 Briefe [Ereri/Riren]Where stories live. Discover now