Tag 29

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[ Levi // 38 // ]

Vollkommen erledigt von der vergangenen Nacht betrete ich die Sporthalle und lasse mich bei den anderen im Kreis nieder. Herr Hartz kommt zu uns, glücklich wie immer begrüßt er uns und bekommt die unterschiedlichsten Reaktionen zurück. Manche grüßen zurück, andere grummeln etwas und ich schaue einfach still auf meinen Platz.

"Ihr turnt selbstständig, ich bin heute am Boden, falls ihr Fragen habt.", erklärt er und wir stehen alle auf, laufen ein zwei Runden und dehnen uns dann. Ich hasse Turnen so sehr. Als sich alle an den unterschiedlichsten Geräten verteilen, trotte ich zu Harzi und bleibe unsicher vor ihm stehen.

"Was gibt's?", fragt er freundlich und ich seufze. "Darf ich statt turnen einige Runden laufen? Ich muss ein bisschen wach werden und ich glaube das könnte helfen." Besorgt schaut er mich an. "Geht es dir gut Levi? Du siehst nicht so aus." - "Doch, doch. Alles bestens. Hab nur nicht so gut geschlafen." Er nickt nur und ich weiß genau, dass er mir nicht glaubt. Das würde ich auch nicht tun.

Während die anderen also an ihren Geräten sitzen und so tun, als würden sie sich darüber unterhalten, laufe ich immer wieder im Kreis durch die Halle.

Warum hat er das gemacht? Wieso war er nicht bei mir? Wieso macht er sowas? Was sollte das? Womit habe ich das verdient? Es hätte mir gut gehen können. Ich hätte glücklich sein können. Aber er? Hatte er Angst? Ich weiß es nicht. Ich will es auch nicht wissen. Er erachtet es für unwichtig. Ist es unwichtig mir zu sagen, dass er mich nicht sehen wollte? Er wusste doch, dass ich Probleme habe. Wieso hat er mich überhaupt verlassen?

Fängt das Ganze wieder von vorne an?

Ohne, dass ich es mitkriege renne ich immer schneller durch die Halle, mir wird schwindlig, doch ich renne weiter. Ich bekomme starke Kopfschmerzen, doch ich renne weiter. Ich stolpere leicht, doch ich renne weiter. Immer weiter, die ganze Zeit.

Wieso hat er das getan?

Und dann, dann falle ich um.


Als ich wieder zu mir komme, stelle ich relativ schnell fest, dass ich im Krankenhaus liege. Ich setze mich auf und schaue mich um. Nichts besonderes. Ein weiteres Bett neben mir, doch nichts ist auffällig. Plötzlich wird der Türgriff herunter gedrückt, schnell tue ich wieder so, als würde ich noch schlafen.

Ich höre jemanden seufzen, ehe eine andere Person anfängt zu sprechen. "Er sah schon heute Morgen so fertig aus.", Mama? "Das ist meine Schuld, denke ich.", Eren! Was macht er hier? Bin ich etwa doch wieder wichtig? Ist ihm mein Wohlergehen wichtig?

"Was hast du mit meinem Sohn gemacht?" - "Anscheinend mehr als mir lieb ist.", ich spüre seine warme Hand an meiner Wange und ich kuschle mich mehr an ihn. Ich liebe ihn so sehr. Wieso muss ich ihn nach solch einer Aktion noch immer lieben? Wieso kann das nicht einfach aufhören?

Plötzlich geht die Tür wieder auf und eine freundliche, ältere Stimme ertönt. "Guten Tag, Frau Ackerman.", sagt er. Wahrscheinlich ein Arzt. "Und Sie sind?" - "Eren Jäger, ich bin sein Freund." Ist er das noch? Ich weiß es nicht. Eigentlich soll er das sein. Aber nicht, wenn er mir weiterhin solche Dinge verheimlicht. Ich liebe Eren ja, aber es tut einfach nur weh.

"Wir haben bei Ihrem Sohn nichts Ungewöhnliches feststellen können. Leidet er an irgendwelchen nennenswerten Krankheiten?" - "Ich weiß nicht genau, ob das wichtig ist, aber er hat seit mehreren Jahren starke Depressionen.", sagt meine Mutter und der Arzt seufzt.

"Ich werde ihn untersuchen und befragen müssen, wenn er aufwacht. Sagen Sie mir bitte Bescheid. Sie können vorne ins Schwesternzimmer kommen."

Sobald er das Zimmer verlassen hat, merke ich, wie sich meine Mutter auf das Bett setzt und Eren meine Hand mit seiner verschließt. "Was hast du mit meinem Sohn gemacht, Eren?" Eren seufzt und beginnt die Geschichte zu erzählen.

100 Briefe [Ereri/Riren]Where stories live. Discover now