Kapitel 10 (x)

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Cole's Sicht

Es war ein komisches Gefühl zu wissen, das man von nun an wieder auf eine öffentliche Schule gehen wird. Ich wurde die letzten eineinhalb Jahre Zuhause von Privatlehrern unterrichtet. Aber ich konnte nicht mehr zuhause sein. Ich wollte nicht mehr alleine sein, wollte wieder mehr unter Leute gehen. Die Zeit, die ich alleine sein wollte, war vorbei. Zeit wieder nach vorne zu sehen.

Immer wenn ich an eine Schule dachte, dachte ich an sie. An Leah, meine kleine ‚fast' Schwester. Sie war ein kleiner Engel, der es manchmal teuflisch hinter den Ohren hatte. Aber sie war umwerfend und musste diese Welt viel zu früh verlassen. Sie starb vor knapp 2 Jahren. Ich hatte sie das letzte Mal vor meinem Unfall gesehen, wir hatten gemeinsam gelacht und uns Gedanken darüber gemacht was wir nach dem Rennen machen wollten. Aber es gab nie ein nach dem Rennen, denn als ich im Krankenhaus wach wurde, hatte man mir erzählt, sie sei verstorben. Für mich brach eine Welt zusammen. Bis heute hatte mir niemand den wahren Grund ihres Todes verraten.

Oft hatte ich mir gewünscht, wir hätten unsere Familien nicht aus unserer Freundschaft gehalten. Außer ihrem Wohnort kannte ich nichts. Für sie wäre es zu riskant gewesen, ihr Bruder hätte sie nicht mehr aus dem Haus gelassen und hätte es ihr verboten. Wenn ich ihre Familie gekannt hätte, hätte ich mich von ihr verabschieden können, mit ihnen trauern können. Aber so musste ich alleine einen Weg finden, um das zu verarbeiten. Ich wollte niemanden mehr sehen, mit niemandem reden und erst recht wollte ich nicht mehr mit den Blacks zutun haben. Alles hätte mich bei ihnen an sie erinnert, abgesehen von den ganzen mitfühlenden Blicken, die man mir zugeworfen hätte.

Das Leben konnte ich so lange leben, bis ich Damian kennengelernt hatte. Er hat mir schon sehr früh klargemacht, dass ich mein Leben wegwerfen würde, wenn ich nicht langsam wieder aus dem Haus gehen würde. Irgendwann kam es auch wieder dazu, dass ich an Rennen teilnahm. Damian hatte lange auf mich eingeredet, aber irgendwann hatte ich zugestimmt. Zu Beginn wurde noch sehr viel über sie geredet, was schwer für mich war, aber mittlerweile nicht mehr – trotzdem war sie immer dabei. Ich liebte es und vor allem liebte es Leah. Damian wusste sehr viel über mein Leben, aber nicht über den Teil in dem Leah eine Rolle spielte. Ich nahm mir vor, dass ich für uns weiter fahren würde. Schnell hatte ich wieder Anschluss gefunden und so kam es, dass Damian und ich die besten in der gesamten Szene wurden. Er konnte noch so gut fahren wie er wollte, er würde niemals ihren Platz einnehmen können.

*

Das laute Lachen von Damian und Ben – Damians bester Freund -, brachte mich wieder ins hier und jetzt. Wir waren auf dem Weg zu unserem Klassenraum, allerdings waren wir mehr als spät dran. Ich hatte zwar keine große Lust und würde am liebsten wieder nach Hause gehen, aber ich wusste, dass das hier das Richtige war. „Leute, wollen wir nicht einfach wieder gehen? Ich habe echt keine Lust auf die Scheiße hier. Mein Dad ist den ganzen Tag nicht da, wir könnten zu mir und heute Abend zur Strecke", schlug Damian vor. „Nein, vergiss es. Du hast mich hier hergeschleppt und jetzt gehen wir da auch schön gemeinsam rein. Wir fahren doch sowieso heute Abend dort hin", antwortete ich. „Du bist viel zu vernünftig. Komm schon Ben, unterstütz' mich", sagte er und sah hilfesuchend zu seinem besten Freund. „Sorry Bro. Das hier war deine Idee, also gehen wir da jetzt auch rein. Es ist ja eh nicht mehr lange", sagte Ben und grinste Damian an.

Wenn man die beiden kannte, erkannte man erst, wie bekloppt sie waren, vor allem in Kombination. Aber man musste sie einfach mögen. Ben kannte ich erst seit knapp einem halben Jahr, aber wir verstanden uns direkt gut. „Dann mal los", sagte Damian und riss die Tür mit so viel Schwung auf, dass sie gegen die Wand knallte. Man hätte die Tür normal öffnen können, aber so war Damian eben. Kein Stück wie die anderen und vor allem nicht so, wie man es erwarten würde. Leicht lachend schüttelte ich meinen Kopf und betrat nach ihnen den Raum, wo sich augenblicklich alle Augen auf uns richteten.

DamianOnde histórias criam vida. Descubra agora