Kapitel 67

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Als ich an der Schule von Hailey an kam, waren die meisten Schüler bereits weg. Nur vereinzelt kamen mir die Kinder mit ihren Eltern entgegen und berichteten aufgeregt von ihrem Tag. Wie werde ich Hailey hier finden? "Leah?", ertöne plötzlich eine Stimme hinter mir. Verwirrt drehte ich mich um und sah in das Gesicht einer erwachsenen Frau, die dort zu arbeiten schien. "Sie suchen bestimmt Hailey, richtig? Damian hatte bereits angerufen und bescheid gegeben, dass er sie schickt, um sie abzuholen." "Ja, genau. Damian ist etwas dazwischen gekommen, deswegen bin ich jetzt hier."

Zusammen gingen wir zu einem Raum, in dem Hailey wartete. Ich weiß nicht genau, weshalb ich nervös wurde, vielleicht war es die Ungewissheit davor, wie Hailey auf mich reagieren würde. Vielleicht war es aber auch nur die Unsicherheit, denn ich bisher hab ich noch nie auf ein kleines Kind aufgepasst. Würde Hailey mich überhaupt erkennen? Würde sie mit mir mitkommen? Immerhin hat sie mich nur ein einziges Mal gesehen und da hatte sie panische Angst, ihren Bruder nie wieder zu sehen.

Meine Angst wurde mir schnell genommen, den kurz nach dem Hailey mich erkannte, kam sie lächelnd auf mich zugelaufen. „Hallo Leah", begrüßte sie mich freudig und schlang ihre kleinen Arme um mich. „Na. Du wusstest anscheinend schon, dass ich dich abholen werde, stimmt's?" Ich lächelte sie an und ging vor ihr in die Hocke. „Ja, sie hat sich total gefreut, als ich es ihr erzählt habe.", sagte die Frau.

Nachdem wir uns verabschiedet hatten, und ich heraus fand, dass es sich bei der Frau um Haileys Klassenlehrer handelte, gingen wir durch den Flur zum Ausgang. Als wir das Gebäude verlassen hatten, griff Hailey unerwartet nach meiner Hand. Sie war ein kleiner Engel, den man einfach lieb haben musste. Ich kenne dieses kleine Mädchen nicht, aber ich habe sie schon jetzt in mein Herz geschlossen. „Und wie war die Schule?", fragte ich sie. „Das fragt Dian auch jedes Mal, wenn wir nach Hause fahren." Ja, das ist eine typische Frage, die Eltern immer fragen, sobald man zuhause angekommen ist. Ob Damian und Hailey von ihrem Vater auch gefragt werden? Ich kann ihren Vater nicht verstehen, wie kann man nur so kalt seinen Kindern gegenüber sein? Kinder wollen nichts, sie wollen nur die Liebe ihrer Eltern. Sich sicher, geliebt und geborgen fühlen.

„Wohnst du weit weg?", riss mich Hailey auf meinen Gedanken. „Hm? Nein. Wir sind fast da. Siehst du das große rote Haus mit dem großen Tannenbaum im Garten?", frage ich und sie nickte. „Da müssen wir links und dann sind es nur noch wenige Schritte." „Wer zuerst beim Tannenbaum ist." Noch bevor sie den Satz beendet hatte, hat sie meine Hand losgelassen und war losgelaufen. „Das war gemein!", rief ich lachend hinterher und lief los. Obwohl sie noch ihre Tasche trug und kleine Beine hatte, war sie verdammt schnell. So kam es, dass sie gewann und ich kurz nach ihr den Tannenbaum erreichte.

„Du bist wirklich schnell. Da du gewonnen hast, hast du einen Wunsch frei", sagte ich und versuchte nicht zu sehr außer Atem zu klingen. „Weißt du schon, was du haben möchtest?", fragte ich und schloss die Haustür auf. „Noch nicht, aber wenn sage ich dir Bescheid." Ich nickte und zog meine Jacke aus. „Deine Schuhe kannst du einfach hier abstellen und die Jacke kannst du mir geben, dann häng ich sie auf."

*

Etwa zwei Stunden später haben wir ihre Hausaufgaben beendet. Nachdem sie mir von ihrem Tag erzählt hatte, sind wir in mein Zimmer gegangen und haben uns an die Schulsachen gemacht. Ich habe gedacht, ich müsste ihr helfen, aber sie hat alles ganz alleine gemacht.

„Also ich hätte jetzt Hunger. Und du?", fragte ich sie und ließ mich auf meinem Stuhl nach hinten fallen. „Ja. Kannst du auch so gut kochen wie Dian?", frage sie mich und sah mich hoffnungsvoll an. „Leider nein, aber wenn du mir hilfst, können wir bestimmt etwas Leckeres zaubern." Damian hat mir am See erzählt, dass Hailey sehr gerne dabei zusah, wenn er etwas kochte und sie ihm helfen durfte. Diese Begeisterung kann ich in ihren Augen sehen. Sie glänzen und ihre Mundwinkel sind weit nach oben gezogen.

DamianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt