Kapitel 62

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Ich zuckte zusammen, als neben mir ein Auto hupte. Neben mir hielt ein dunkler Jeep und das Beifahrerfenster wurde langsam heruntergelassen. Im Wagen saß Tobias. Tobias war schon immer etwas seltsam, aber mit dem Blick mit dem er mich gerade ansah, verlieh dem Wort seltsam eine ganz neue Bedeutung. Unwohl sah ich mich um, in der Hoffnung, irgendjemand wäre noch hier in der Nähe. Aber niemand war da, fast alle Autos waren weg. Ich stand von dem Stein auf, auf den ich mich eben gesetzt hatte und entfernte mich von dem Auto.

„Warum so alleine unterwegs? Wo ist denn Damian?", rief er mir nach. Im nächsten Moment wurde der Motor abgestellt und eine Autotür fiel zu. „Was willst du?", fragte ich ihn. Meine Angst war verschwunden, stattdessen war ich nur noch genervt von ihm. „Steig ein und wir fahren zu den anderen." „Als ob ich mit dir mitfahren würde." „Oh, hat Damian dich also vor mir gewarnt?" Gewarnt wovor? Auf Tobias Gesicht erschien wieder dieses unheimliche grinsen. Langsam kam meine Angst wieder zurück und in wenigen Schritten war er bei mir. Alles um uns herum war dunkel, nur die Lichtstrahler aus dem Stadion spendeten etwas Licht. „Ich weiß zwar nicht, wovor er mich hätte warnen sollen, wir haben bessere Gesprächsthemen als dich, aber ich kann dich nicht leiden, deshalb fahre ich nicht mit dir mit." Er machte noch einen Schritt nach vorne und stand nun direkt vor mir. Er war mir so nah, das ich meinen Kopf in den Nacken legen musste, um ihm ins Gesicht sehen zu können.

Ich stolperte einige Schritte zurück, bis ich mit dem Rücken an eine Wand stieß. Verdammt. Noch immer konnte ich keine Menschenseele weit und breit sehen. Hat er so lange gewartet, bis niemand mehr da war? Ich konnte Tobias nicht einschätzen. Nichts verriet, ob er tatsächlich gewalttätig war oder einfach nur versuchte mich einzuschüchtern. Ich wusste nicht, was er von mir wollte. Als ich ihn das erste Mal sah, hatte ich Mitleid mit ihm, ich dachte, er wäre irgendwo hinter der Fassade doch ganz in Ordnung, aber dieser Eindruck war komplett falsch.

„Was willst du von mir Tobias?" „Das du mit mir ins Auto steigst und wir Damian einen Besuch abstatten." Sein Grinsen war verschwunden. „Und warum sollte ich das tun?" „Weil ich dich sicher von hier wegbringen würde, bevor dir noch etwas passiert. Man weiß ja nie, was für Gestörte hier rum lungern." Der Unterton in seiner Stimme klang gefährlich und drohend. „Dann geh ich lieber zu Fuß, als mit dir mitzufahren. Ich glaube, es macht keinen Unterschied, ob mich ein irrer angreift oder ich mich zu dir ins Auto setze." Ich wusste nicht, woher ich den Mut hatte, aber ich war dankbar. So konnte er nicht hören, wie sehr ich zitterte. Er war mir wieder viel zu nah. Ich wusste, dass es keine sinnvolle Taktik war, ihn sauer zu machen, aber ich wollte vor ihm nicht eingeschüchtert wirken.

Er stütze sich mit seiner linken Hand an der Wand neben meinem Kopf ab und legte seinen Kopf leicht schief. Er glitt mit seinen Augen meinen Körper entlang und leckte sich, als er mir wieder in die Augen sah, über die Lippen. Er strich mir eine Strähne hinters Ohr und ließ seine Hand an meiner Wange. Sofort schlug ich seine Hand weg. „Fass mich nicht an."

Er lachte leicht und stützte nun auch die andere Hand an der Wand ab. „Kein Wunder, das Damian interessiert an dir ist. Du siehst echt heiß aus, wenn du so wütend bist." Wieder war sein unheimliches Grinsen da. Da er so nah an mir stand, konnte ich mich nicht bewegen. „Hast du dich nun genug aufgeregt? Ich würde jetzt gerne zu den anderen fahren. Mit dir." Er fuhr mit seinem Zeigefinger meinen Hals entlang. Ich schlug erneut seine Hand weg und versuchte ihn von mir zu drücken. „Lass mich in Ruhe Tobias." Er griff nach meinen Handgelenken und drückte sie feste. „So langsam gehst du mir auf die Nerven. Wenn du nicht so mit kommen willst, dann helfe ich dir eben.", sagte er gereizt und zog mich an meinen Handgelenken mit sich.

Ich verlagerte mein ganzes Gewicht nach hinten, um nicht mit gezogen zu werden. Ich schaffte es, eine Hand aus seinem Griff zu befreien. Sofort versuchte ich, mit der freien Hand, meine andere Hand zu befreien, aber je mehr ich versuchte mich zu befreien, desto fester drückte er zu. „Lass mich los! Du tust mir weh!.", schrie ich ihn an. „Dann beweg dich." Ich dachte nicht mal für eine Sekunde daran, mit ihm in dieses Auto zusteigen. Wer garantiert mir, das wir wirklich zu den anderen fahren?

Der Druck an meinem Handgelenk wurde immer fester und ich merkte, wie mir das Blut abgeschnürt würde. Wir kamen dem Auto immer näher. Mit ganzer Kraft zog ich an meinem Arm. Als er weiter ging, ließ ich mich auf den Boden fallen. Ich würde auf gar keinen Fall in diesen Wagen steigen. Niemals. Tobias rechnete nicht mit meiner Bewegung und stolperte einige Sekunden zurück. Als er sich zu mir runter bückte und mich wütend ansah, fing ich an, um mich zu treten. Er hielt mich noch immer fest. „Hör auf!", schrie er mich an. „Ich hab nicht vor, dir wehzutun, aber wenn du nicht aufhörst, kann ich das nicht versprechen." Ich trat und schlug blind um mich. Nicht mit der Hoffnung, ihn zu treffen, ich wollte nur um jeden Preis verhindern das er meine andere Hand erwischen würde. Als ich ein fluchen hörte und der Druck an meiner Hand lockerer wurde, wusste ich, ich hatte getroffen. Ich krabbelte schnell unter ihm raus und stand auf. Bevor ich weglief, konnte ich sehen wie er sich die Hand ins Gesicht hielt. So schnell ich konnte, lief ich nach Hause.

Als ich schwer atmend vor meiner Haustür ankam, bemerkte ich, das meine Tasche, mit meinem Schlüssel, bei Charlie zuhause lag. Mein Dad war nicht zuhause und David ist es bestimmt auch nicht. Obwohl ich kein Licht sah, klingelte ich mehrmals. Als ich keine Geräusche hörte, ging ich verzweifelt um unser Haus, um nach zusehen, ob irgendein Fenster offen stand, durch das ich klettern könnte. Fehlanzeige. Alles war vorbildlich verschlossen.

Ich setzte mich vor unsere Haustür, zog Damians Jacke enger um mich. Ich zog die Ärmel über meine Hände, um meine Finger zu wärmen, als mein Handy vibrierte.

Wo bist du? Ich fahr gleich nach Hause, soll ich dich mitnehmen? – Cole

Mit zittrigen Händen antwortete ich ihm.

Ich bin gar nicht da. Ich bin Zuhause...besser gesagt vor der Haustüre. Aber danke.

In der Zeit in der ich auf Coles Antwort wartete, rief ich Charlie an, aber sie ging nicht ran. Vermutlich war ihr Akku nun endgültig leer. Sie hatte nur noch 30 %, als wir zum Spiel losgefahren sind. Ich entschied mich dazu, zu Charlie's Haus zu gehen und dort auf sie zu warten. Ich war ca. 10 Minuten unterwegs, als mein Handy erneut vibrierte. Cole rief mich an.

„Hey." Mit zittriger Stimme nahm ich den Anruf entgegen. Es war mittlerweile so kalt, dass ich am ganzen Körper zitterte. „Hey. Warum bist du den nicht im Downtown?" „Ich hatte keine Mitfahrgelegenheit. Und besonders viel Lust hatte ich auch nicht." „Ich dachte, du würdest mich Charlie oder Damian fahren, sonst hätte ich dich natürlich mit geholt." Ein dumpfer Ton war zu hören, vermutlich ist er gerade zuhause angekommen. Ich erklärte ihm, dass Charlie mit Elias und Noah mit den Jungs mitgefahren sei. Ich erzählte ihm auch, dass Damian mich gefragt hatte, aber dann mit Ashley gefahren ist. Zum Ende hin verstand ich mich fast selbst nicht mehr. Von der Kälte klapperten meine Zähne zu stark.

„Sag mal, wo bist du denn?", fragt er mich verwirrt. „Ich bin gerade bei Charlies Haus angekommen und warte, bis sie nach Hause kommt." Hoffentlich würde sie bald kommen, ich wollte einfach nur noch ins Bett und schlafen. Andererseits will ich sie nicht von Elias und den anderen ziehen. Ich hatte auch schon überlegt, Noah zu schreiben, aber er würde sofort kommen. Aber dann könnte er seinen Sieg nicht feiern. Er hat so fantastisch gespielt, dass ich ihm das nicht nehmen will. Das hat er sich verdient.

„Bist du draußen? Warum gehst du nicht nach Hause? Es könnte noch dauern bis sie kommt. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, hat sie sich ziemlich gut mit Elias verstanden." Ich stöhnte genervt auf. Ich hatte es ja schon geahnt, hier noch länger sitzen zu müssen, aber ich hatte gehofft, sie würde früher kommen. „Meine Schlüssel liegen in ihrem Haus und weder bei ihr noch bei mir ist jemand, also muss ich warten." Ich hörte auf der anderen Seite ein Rascheln und wieder das Geräusch einer zufallenden Tür. „Ich komm dich jetzt abholen. Ich bin gleich bei dir." Ich hörte noch, wie ein Wagen gestartet wurde und dann war die Leitung tot. Ich schrieb ihm schnell die Adresse. Cole war einfach der Beste. 

DamianWhere stories live. Discover now