Prolog

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Leise tropfte das Wasser auf den Boden der dunklen Straße. Ein kühler Wind wehte durch die leeren menschenleeren Gassen und ließ diese verlassene Gegend noch leerer und kälter wirken, als sie es ohne hin schon war. Nur ein kleines leises Geräusch war neben dem stetigen Tropfen des Regens und des Pfeifen des Windes zu hören. Nur wenn man ganz genau hin hörte, erkannte man, dass es weder der Wind, noch ein altes Metallschild war, welches sich im Wind bewegte. Nur eine alte flackernde Neonreklame erhellte ein kleines Stück der dunklen Gasse, an dessen Ende man einen schwarzen Schatten erkennen konnte, der sich langsam fortbewegte.
"Hyung?", eine helle dünne Stimme zitterte, als sie den Namen des Gesuchten flüsterte.
Der kleine Junge dem diese Stimme gehörte tapste auf nackten Füßen über den dreckigen Boden und zog sich die durchnässten zerrissenen Lumpen enger um den Körper, damit er nicht ganz so fror. Er schlich von Schatten zu Schatten um nicht allzu sehr aufzufallen. Denn das tat er. Es lag nicht an seinen Lumpen, oder an der Farben dieser. Es lag viel mehr an seinem Aussehen. Auf seinem kleinen Kopf thronten nämlich zwei schwarze flauschige Hasenohren, die bei jedem kleinsten Geräusch hin und her zuckten.
"Hyungie?" Zitternd lief der kleine Hasenhybrid weiter, auf der Suche nach seinem Freund, seinem Bruder, den er nie hatte. Dieser war vor wenigen Stunden, als er den kleinen Hybriden vor einer Gruppe Wölfe verteidigen wollte, von diesen geschnappt und mitgenommen worden. Der kleine Hybrid hatte Angst um seinen nur ein wenig größeren Freund und so suchte er jede einzelne Gasse ab, ob er nicht doch seinen Freund fand. Auch wenn Hybriden, wie auch sein Freund einer war, als wertlose Geschöpfe gesehen wurden und erst recht nicht gut behandelt wurden, so hoffte er sich wenigstens seine Überreste zu finden.
"Na was haben wir denn da?" Erschrocken zuckte der kleine Hasenhybrid zusammen und presste sich ängstlich in die nächste Ecke. Er starrte zu dem Sprecher herauf, der vor ihm in der dunklen Gasse aufgetaucht war. Seine Nase begann zu zucken, als er warnahm, was für eine Gestalt im Regen vor ihm stand. Der Wolf beugte sich zu ihm herunter und grinste ihn gefährlich an.
"So wie es aussieht, einen kleinen Hasen. Man trifft nicht oft, auf so einen...", überlegte der Fremde. Panisch presste sich der Kleiner noch näher an die Mauer und wimmerte leise.
Während Hybriden an unterster Stelle standen, waren die Wölfe die Könige der Gesellschaft. Sie konnten sich komplett in ihre tierischen Namensgeber verwandeln und übernahmen auch in menschlicher Gestalt die Kraft und Macht von diesen. Kein Wunder also, dass der kleine Hase sich so vor dem Mann fürchtete, zumal eine Gruppe von diesen, ihm vor wenigen Stunden, seinen einzigen Halt im Leben weggenommen hatten.
Der Wolf kniete sich zu dem Kleinen herunter und betrachtete ihn nachdenklich. Was er dachte, vermochte der Junge nicht zu sagen, da das fremde Gesicht im Schatten lag.
"Fress mich nicht...", piepste er ängstlich und einige Tränen liefen seine blassen Wangen herunter.
"Warum sollte ich das tun?" Der Wolf schien überrascht.
Etwas irritiert, sah der Kleine ihn an. Vor den bisherigen Wölfen, die er getroffen hatte, musste er immer fliehen, da diese ihn fressen wollten. Warum also, wollte dieser das nicht? Oder zumindest nicht an erster Stelle?
"Nein!" Entschieden schüttelte der deutlich größere seinen Kopf. Er stand auf und sah auf den Kleinen herunter.
"Ich nehme dich mit!"
Und bevor der Hybrid sich wehren konnte, packte der Wolf ihn am Kragen und zog ihn mit sich mit. Auch als der Kleine sich wehrte und um sich schlug und nach seinem Hyung rief, zehrte der Wolf den Hybriden ohne große Schwierigkeiten mit sich mit. Irgendwann gab der Kleine auf und wehrte sich nicht mehr. Stumm liefen ihm die Tränen in Strömen über sein bleiches Gesicht, die Hoffnung längst aufgegeben aus dieser Sache wieder lebend herauszukommen und seinen Hyung jemals wieder zu sehen.

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15 Jahre später...

"Meine Dame, was kann ich für sie tun?" Freundlich verneigte sich der junge attraktive Mann vor der etwas älteren Dame, die soeben das Restaurant, welches er mit einem Freund leitete, betreten hatte.

Die etwas mollige Frau sah ihn arrogant lächelnd an und erwiderte auf seine Frage: "Ich will gern ihren besten Tisch für sechs Personen haben. Meine Enkelin hat heute Geburtstag und da soll sie nur das Beste bekommen!"

Der Blick des Inhabers glitt über die Begleitung der Dame, die aus dessen Sohn oder Tochter plus Anhang und deren Kindern bestand. Man sah ihnen an, dass sie allesamt arrogante verzogen Menschen waren, die keinen Skrupel hatten, in ihren Augen, Minderwertige in den Boden zu stampfen.

Mit freundlichem Blick wandte sich der Kellner wieder der ältesten Dame zu. "Es tut mir leid, aber momentan haben wir leider keinen Tisch für sie frei."

Empört schnappte sie nach Luft. "Aber da hinten steht doch ein so großer freier Tisch mit bestem Blick nach draußen!" Man sah ihr an, dass sie es nicht kannte, wenn sie ihren Willen nicht bekam.

Immer noch mit einem Lächeln im Gesicht, antwortete ihr der Kellner. "Verzeiht, aber dieser Tisch ist nur für eine Gruppe reserviert. Für andere Gruppen ist dieser Tisch leider nicht besetzbar. Sie könnten in einer Stunde..."

Doch die alte Dame unterbrach ihn.
"Papperlapapp! Dann sollten sie das ändern. Außerdem bin ich nicht hier her gekommen, um eine Stunde zu warten! Kommt Kinder wir setzten uns dahin!"

Und ohne weiter auf den Kellner zu achten, scheuchte sie ihre Begleiter zu besagtem Tisch, um sich dort nieder zu lassen.

Doch kaum saßen sie dort, stand der Kellner schon wieder neben ihnen. "Ich möchte sie bitten, diesen Tisch zu verlassen, ansonsten..."

Doch erneut fiel die Dame ihm ins Wort: "Hier ist es sehr schön. Danke vielmals. Und wenn sie schon die Getränke aufnehmen wollen, dann hätte ich gerne ihren besten Roten. Kinder, was wollt ihr?"

Doch bevor die anderen etwas bestellen konnten, ertönte ein dunkles Knurren hinter dem Rücken der Dame: "Wenn sie etwas anderes wollen, als eine rote blutende Nase, sollten sie sofort hier verschwinden!"

Erschrocken drehte sich die Familie um. Ihnen gegenüber standen vier finster aussehende Männer, die die Familie anstarrten.

"Das ist unser Tisch!", fauchte ein Zweiter. Mit offenem Mund starrte die alte Dame sie an.

"Meine Dame, wenn ich sie bitten dürfte, den Tisch jetzt zu verlassen. Diese Herren hier haben diesen Tisch reserviert. Und es würde sie bestimmt auch stören, wenn jemand an ihrem reservierten Tisch sitzen würde."

Doch anstatt klein bei zu geben, schnaubt nur die ältere Dame.
"Ich bitte sie. Diese Gauner sollten diesen Tisch besetzen? Da bin ich mit meiner Familie ein deutlich besserer Gast. Wir bleiben!"

Arrogant drehte sie sich um.

"Ich bitte sie noch einmal den Tisch zu verlassen, ansonsten muss ich die Security bitten Sie heraus zu geleiten."

Die Dame ignorierte gekonnt den Kellner und griff nach einer Speisekarte.

"Wir bleiben!", beharrte sie weiterhin.
Kurz war es still.

Aber mit einem Mal wurde der Stuhl der Dame herum gerissen und sie starrte in die katzenförmigen Augen einer der Männer. "Tut mir wahnsinnig Leid, aber zu ihrem Leid sind wir die Security hier, Schätzchen!"

Damit packte er unsanft die Dame und schob sie vor sich her aus dem Restaurant. Seine Kumpanen hatten sich die anderen geschnappt und sie nach draußen verfrachtet. Empört sah die Dame den Männern hinterher, die wieder die Gaststube betraten.

Als Letztes stand wieder der Kellner in der Tür. "Verzeiht die Unannehmlichkeiten. Bis zum nächsten Mal."

Er verbeugte sich noch einmal, ehe er die Tür hinter sich schloss. Die ältere Dame und ihre Familie konnten nichts anderes tun als ihm hinterherzu starren.

Bunny ~ JiKookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt