VII

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Es blieb still, sodass ich mich schon fragte, was er noch von mir wollte. Unser Deal war für's Erste abgeschlossen.
„Teilst du wenigstens eine Zigarette?"

Abrupt hielt ich an und hatte Glück, dass niemand bei diesem scheiß Wetter spazieren wollte, um in mich zu laufen. Ich starrte ihn verwirrt an, doch sein Blick beinhaltete nichts höhnisches. Weil ich keinen Bock hatte, noch mehr als nötig zu sagen, schnaufte ich genervt und kramte die Schachtel hinaus, um ihm eine anzubieten. „So großzügig." meinte er nur beim nehmen und ich folgte nur, weil dieser Typ einen genug stressen konnte. 

Mit der Stange zwischen den Lippen, steckte ich die Schachtel verkrampft zurück und bevor ich nach meinem Feuerzeug suchen konnte, wurde mir eines gereicht.

Unwissend sah ich in seine Augen, die mich geduldig musterten, während bei ihm schon der Qualm am schweben war. Irgendetwas an seiner Art war angenehm. Und – ich könnte mich dafür erneut schlagen – auch cool.
Dankend nahm ich an, bevor wir stumm weiter gingen, bis wir die Straße überquerten.
„Was hast du jetzt noch vor?" wurde mir die Frage gestellt.
„Keine Ahnung. Nach Hause und mich von dir beruhigen.."

Es blieb still und ich war erleichtert weiter weg meine Busstation schon zu sehen. „Bock abzuhängen?"
Verkrampfend sah ich ihn verstört an, doch er blickte weiterhin chillig voraus und zog an seiner geschnorrten Zigarette. „Das ist doch ein Scherz, oder?"
Mit locker erhöhter Braue sah er mich knapp an. „Wieso? Hast du doch was zu tun?"
„Nein, warte, doch, nur-"
„Naja, ja oder nein?"
Langsamer werdend musterte ich ihn. „Nein."
„Na dann? Lust auf ein Sandwich? Ich verhungere." brummte er tief und schnippste die aufgerauchte Zigarette weg.
„Ich bin knapp bei Kasse..."
Ein niederträchtiges Grinsen wurde mir gezeigt. „Na dann siehst du mir einfach zu, während wir im Park sitzen."

Sein Ernst?

Jedoch hatte ich eh nichts besseres zu tun. Es wurde sogar allmählich Zeit für einen Szenenwechsel.


Was Eric als Park bezeichnete, war ein stilles verwachsenes Örtchen unterhalb einer Brücke, wo er mich zu einem großen Stein führte, auf den wir uns setzen konnten und von wenigen Baumkronen überdeckt worden war. „Sag' mal, woher wusstest du eigentlich, wo ich bin?"

Kauend ließ er den gierigen Blick auf seinem eben gekauften Sandwich und ich spürte eine leichte Eifersucht aus Seiten meines eigenen Hungers. Ich hatte bis vor Kurzem gegessen, doch so was geriet schnell in den Hintergrund, wenn ich etwas leckeres sah. Dann war ich schnell wieder so leer, wie, als hätte ich Tage nichts zu mir genommen.

Er zuckte die Schultern. „Ich hab da so meine Mittel." Beruhigend.

Ich ließ den Blick über die menschenleere Gegend schweifen. Mein Redebedürfnis war nicht gerade hoch, aber das war besser als Zuhause zu lungern und gegen sich selbst ankämpfen zu müssen.
Wahrscheinlich war Eric derselben Meinung, denn er zückte kauend das Handy hervor und schrieb mit jemanden. In dem Moment wurde mir klar, dass ich noch nie mit jemanden aus der Schule meine Freizeit verbracht hatte. Okay, so nennen sollte ich es auch nicht. Ich nutzte ihn eher aus und er....keine Ahnung, was in dem Schädel abging. Der war vermutlich abgefuckter als mein Hirn, auch wenn das kaum möglich sein konnte.
Dann schnaubte er grinsend auf und schob das Handy zurück in die Tasche seiner Lederjacke.

„Morgen wirst du wahrscheinlich etwas zu hören bekommen." brummte er plötzlich amüsiert und schmiss die Verpackung achtlos auf den Erdboden.
„Was? Wieso? Von wem?"
Doch er zuckte nur die Schultern. Dieser verdammte..!
In der Zwischenzeit holte er sich Papes, Filter und Tabak aus den Taschen, die wohl mehr Verstauraum boten, als es den Anschein hatte. „Du drehst?"
Er brummte nur bestätigend und zündete sich kurz darauf die Zigarette an. Ich wollte schon fragen, wie lange er raucht, dass er dreht, aber ließ es sein. Es sollte mich nicht interessieren.

Je länger wir in der Stille saßen, desto unruhiger wurde ich. Langsam bereute ich es, mich auf ihn eingelassen zu haben. „Ich gehe." meinte ich darauf monoton und stand vom Stein auf.
„Wieso? Die Party fängt doch gerade erst an. Ich meine, für einen Außenseiter, wie dich, baut sich die Stille sicherlich zu dem grandiösesten Moment des Tages auf." lächelte er schief, während er sich mit den Ellbogen nach hinten abstützte und seinen Körper perfekt zur Geltung brachte.
Mit verengten Augen blitzte ich ihn an. „Tja, der Außenseite hat wohl doch besseres zu tun, als mit einem heruntergekommenen Schwänzer abzuhängen." zischte ich und machte sofort einen Hacken, um von ihm wegzukommen, während ich mich für meine Worte innerlich wieder fertig machte.
„Pass auf, was du von dir gibst, Anerston." knurrte er hinter mir, doch ich blieb nicht stehen. Nach den Gerüchten zu folge war es sicherlich ein Wunder, dass er mich noch nicht umgebracht hatte.

Cold WinterWhere stories live. Discover now