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Ich ging auf das Thema Eltern nicht weiter bei Eric ein, weil ich merkte, wie wenig er darüber reden wollte. Dafür erfuhr ich endlich einige Details zu seiner Person, die mich plötzlich interessierten. Wie, dass er Einzelkind war, seine Lieblingsfarbe dunkelrot war und noch weitere Fakten, die für andere unbedeutend wären, ich jedoch wie ein trockener Schwamm aufsaugte.

"Wieso hattest du eigentlich noch nie einen Freund?" kam es plötzlich von ihm. Wir saßen locker schon eine Stunde in dem Diner und durch die Fenster konnte man nur noch einen hellen Horizont unter dem dunklen Himmel ausmachen.
Ich konnte nur reumütig seufzen, während er mich mit schief gelegenen Kopf musterte. "Keine Ahnung. Ich hatte besseres zu tun, als mich mit einem notgeilen Typen herumzuschlagen."
Als wäre er verletzt legte er die Hand auf die Brust. "Hey, der notgeile Typ hat bestimmt auch andere Interessen als Bettsport zu betreiben."
Zwar war es ein Thema, dass mich mies fühlen ließ und sofort ein Gefühl verbreitete, als würde mein gesamter Brustkorb schrumpfen, aber Erics Albernheit hatte es geschafft einen meiner Mundwinkel heben zu lassen und die dunklen Gedanken mit einem kopfschütteln zu vertreiben. "Ihr Typen habt andere Ideen von Beziehungen. Niemand hätte Verständnis für meine Gefühlsausbrüche gehabt oder meine miese Laune ausgehalten. Deshalb war es besser...ist es besser, wenn ich keine eingehe." murmelte ich deutlich angekratzt zum Ende hin.
Dabei flog mir Brads Geist wieder durch meinen Kopf. Er hatte mir immer noch nicht geschrieben, was mir wohl Antwort genug sein sollte.

"Nur ich halte sie aus. Aber der Rest mag vielleicht stimmen." kam es plötzlich von Eric und ich hob die Braue. Sehr ehrlich, was? "Aber was hat es dich zu interessieren? Hab einfach Spaß und schiebe die Typen ab, sobald sie sich beschweren." zuckte er die Schultern.
Obwohl ich die Brauen verzweifelt krümmte konnte ich mir das Lächeln nicht verdrücken. "Ich glaube nicht, dass es so einfach ist."
Bei meinen Worten drehte er sich auf dem Hocker direkt zu mir und streckte die Arme aus. Stutzig beobachtete ich, wie er die Hände über meine Knie legte und leicht zudrückte, was abrupt eine Hitze in mir verbreitete. Erschrocken starrte ich in seine Augen, die mir auf einmal so nah waren, und konnte einen hohen aber leisen Ton nicht davon abhalten aus meinen Lippen zu kommen. Das war mir noch nie passiert!
Ich hielt den Atem an und versuchte die Hitze zu ignorieren, doch es wurde nicht besser. Es wurde gar nicht besser!
"Glaub mir, das ist es." flüsterte er mit einem selbstgefälligen Lächeln und brachte mein Herz damit zum rasen. Das war verdammt nochmal kein Verlangen nach Eric! Verdammt nochmal, nein. "Du musst es nur wagen." bückte er sich noch näher zu mir und bedachte mich mit einem Blick, den ich nicht deuten konnte.

Davon erschrocken, wie viele Facetten Eric in mir hervorbrachte, die ich nicht einmal kannte, erstarrte ich. "Wie wäre es, wenn wir jetzt wieder zurück fahren?" entkam es mir leise und immer noch zu hell. Ich wollte auf einmal so schnell wie möglich raus. Ob ich nur frische Luft brauchte oder weg von Eric wusste ich nicht. Einfach nur raus.
Er hob die Braue, doch seufze mit einem Lächeln. Jedoch stand er nicht sofort auf, wie ich erhoffte, sondern schob seine Hände aufwärts und hinterließ ein brennen auf meinen Schenkeln, wo er mich berührte, bevor er meine Hüfte unter der Jacke packte.
Erschrocken suchte ich nach Halt, als er mich vom Hocker zog und verschmitzt grinste, sobald ich mich erstarrt an seinen Schultern festhielt.
Er bückte sich zu meinem Ohr, sodass mich sein heißer Atem streifte und raunte: "Einfach Spaß haben."

Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich bekam ein flaues Gefühl im Magen. Mein Körper fühlte sich an, als würde er in Flammen stehen und das änderte sich auch nicht, als er die Hände zurücknahm, um ein paar Scheine auf den Tresen zu schmeißen.
Dann legte er mir unerwarteterweise einen Arm um die Schultern und eskortierte mich hinaus.

"Sag mal hattest du Alkohol in deinem Getränk?" fragte ich erschrocken, was ihn innerlich dunkel kichern ließ.
"Leider nicht. Wieso?" dabei bückte er sich vor mein Gesicht, was mich nur noch mehr aus der Rolle brachte.
"Nur so! Nur so."
Er seufzte zufrieden, während wir uns dem Motorrad näherten. "Haach...Das zwischen uns wird noch so viel Spaß bringen, Heather. Ich weiß es."
Unsicher glubschte ich zu ihm auf, wo ein fettes Grinsen auf seinem Gesicht zu erkennen war. "Also langsam machst du mir Sorgen.." brummte ich.

Ich wurde freigelassen, doch konnte immernoch Erics Berührungen auf mir spüren. Ich hatte keinen Überblick mehr und wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Seit meinem Zusammenbruch wurde er immer weicher und weicher, was mich verunsicherte. Das war nämlich nicht der Eric, den ich kennengelernt hatte und den alle fürchteten.
Nun erschienen mir die Momente mit ihm, wo er mich körperlich bedroht hatte und komische Notizen geschrieben hatte, so weit entfernt, dass sie auch gar nicht erst hätten passiert sein können.

Durch meine Grübeleien bemerkte ich nicht, wie er uns beiden eine Zigarette gedreht hatte und mir nun eine reichte, die ich unglaublich dankbar entgegen nahm. Bei all der Verwirrung wollte ich nur noch abschalten.


"Müssen wir denn mit dem Motorrad zurück fahren?" quängelte ich, sobald wir aufgeraucht hatten und Eric sich wieder an den Lenker setzte. "Es ist kalt geworden und meine Hände würden bei dem Wind einfrieren."
"Und was ist deine andere Option? Ich werde dieses Schmuckstück nicht einfach hier stehen lassen." fragte er mit den Helmen in den Händen. "Du kannst auch nach Hause laufen. Mir egal."
Mit großen Augen sah ich ihn an. Seine Worte hatten mich unerwartet verletzt, weshalb mir die Worte wegblieben.
Er seufzte. "Steck deine Hände währenddessen in meine Jackentasche. Eine andere Lösung gibt es nicht."
Einen Moment kämpfte ich noch gegen den leichten Stich in mir an, bis ich stumm einwilligte und den einen Helm entgegennahm. Der Körperkontakt zwischen mir und Eric letzte Zeit stieg rapide, doch fühlte sich nicht falsch an.
Das gehörte wohl zu Freundschaften dazu.

Cold WinterDonde viven las historias. Descúbrelo ahora