XXXIII

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"Jetzt nehmt doch endlich Mal eure Eier hoch und werft richtig!!" rief Jennifer lauthals von den Tribünenplätzen auf denen wir es uns gemütlich gemacht haben, während die Jungs auf dem Feld ein lockeres Spiel spielten.
Zum ersten Mal war ich seit dem Gespräch mit Brad wieder richtig da, nur um mich erneut zu fragen, ob das alles real war. Ich hatte bisher zwar kein einziges Wort mit der Gruppe gewechselt, seit wir uns getroffen hatten, und sie waren nicht sonderlich interessiert an dem Außenseiter, der ich war, aber dennoch war es mir zu bizarr einfach nur hier zu sein.
Jennifer konnte ihren Hass gegenüber mir erst vor kurzem niederlegen. Und auf einmal will sie mich freiwillig nach der Schule sehen?? Etwas stimmte hier ganz und gar nicht, weshalb ich auf der Hut war.
"Mann, und die nennen sich Männer?" zischte sie leise mit einem letzten grimmigen Blick auf die Truppe, bevor sie sich wieder neben mir fallen ließ und eine Bierdose aus dem Rucksack fischte. Mit einem Finger öffnete sie sie. "Auch?" bot sie mir an, doch ich schüttelte benommen den Kopf. Ich bevorzugte meine Zigaretten, weshalb ich sofort auch eine rausholte.

"Du verhälst dich eigenartiger als sonst. Ist was?" fragte sie mich skeptisch, während sie an dem Getränk schlürfte.
Doch wieder konnte ich nur den Kopf schütteln. Ich redete ungern über mich und da brauchte ich bei Jennifer nicht anfangen.
Sie legte jedoch den Kopf schief, sodass noch mehr lose Strähnen aus ihrem Zopf fielen, während sie mich fest musterte. "Hat es vielleicht etwas mit dem Gespräch mit Brad zu tun?"
Auf Hochturen streckte ich den Rücken gerade und ließ das Feuerzeug sinken, um sie erschrocken anzusehen.
Als würde sie meine stumme Frage hören sprach sie weiter. "Eine 'Freundin' hatte es vorhin erzählt. Scheinbar macht es schon eine kleine Runde."

Augenverdrehend setzte ich die Zigarette wieder in Brand. "War ja klar." brummte ich, ohne sie anzusehen.
"Dann ist es wahr! Nie im Leben, was?!" fragte sie deutlich aus der Rolle und lehnte sich ungläubig zu mir.
Ihre Reaktion ließ meine rechte Braue zucken. Ich hasste es, wenn Mädchen überdreht wurden.
"Wieso hat er mit dir gesprochen?"
Ich wollte schon fragen, wieso es nicht sein konnte, dass ich ihn angesprochen hatte, aber die Worte brauchten sich nicht einmal in meinem Hals sammeln, als ich die Antwort dazu wusste.

"Einfach so. Ist doch nichts dabei." zuckte ich die Schultern und meidete immer noch ihren Blick, während ich merkte, dass ich jetzt schon eine neue Zigarette brauchte.
"Oh, bitte." gab sie bitter zurück, "Als würdest du das meinen."
Ich versuchte den Scham zu verbergen, doch die Hitze machte sich dennoch ein wenig in meinen Wangen bemerkbar.

"Wir haben einfach nur geredet, ok? Das war's auch." funkelte ich sie unbewusst an. Und haben Nummern ausgetauscht. Aber wenn das raus kommt, ist es sowieso vorbei mit dem Kontakt. Und aus mir unverständlichen Gründen wollte ich nicht, dass das schon jetzt passieren würde. Wenigstens einige Tage mehr, wo ich Brads Gegenwart genießen konnte. Denn auch wenn ich mit ihm nicht unbedingt reden wollte, seine Präsenz hatte eine eigenartig beruhigende Wirkung auf mich.
"Du machst es runter, aber weißt genau, dass das nicht nichts ist." brummte Jennifer und ich spürte für einen dumpfen Moment noch ihren stechenden Blick auf mir, bevor sie ihn endlich abwendete und wieder auf das Feld blickte. "Was habt ihr unter richtig werfen nicht verstanden?!" rief sie sofort, diesmal ohne aufzustehen, doch ich sah gar nicht erst auf, bis Jennifer zusammen zuckte und ihre Tasche wuchtig auf dem Boden aufschlug.

Aus dem Moment gerissen sah ich verschreckt hoch, wo sie mit beiden Händen einen fest geworfenen Football gefangen hatte und mit leicht geweiteten Augen auf die Jungs starrte. Doch es war nur für einen Moment, bevor ihr Gesichtsausdruck wieder standhaft und selbstbewusst wurde.
"Dann zeig uns doch, wie das geht!" wurde es von Keith zugerufen, der vor die ersten Plätze der Tribüne getreten war und mit breiten Armen seiner Herausforderung an Druck verlieh. Auch die Anderen auf dem Feld - nur vier Typen - hielten inne, um Jennifer wartend anzustarren.
"Ich glaube, du solltest-" fing ich mit leiser Stimme an, doch wurde unterbrochen, als sie aufstand, um genauso schnell und mit einem harten Seufzer den Football zurückzuwerfen.

Cold WinterWhere stories live. Discover now