XXXI

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Eric schien meine Muskeln an diesem Tag nicht verschonen zu wollen, so oft, wie er mich erstarren ließ, aber ihn rührte meine verstörte Reaktion kein bisschen.
"Sa-..tan? Du meinst den Teufel?" Meine Gedanken überschlugen sich.

Er lachte, seinen Kopf in den Nacken werfend, bevor er mich schief grinsend ansah. "Was bist du? 3? Natürlich meine ich den Teufel, Heather."
Mir strich ein erneuter Schauer über den Rücken. Vor allem mit diesem Grinsen..
Er erwartete tatsächlich eine Antwort. Und bei den anderen konnte ich nicht einmal die Atmung in der plötzlichen Stille hören. Das alles war gruselig. Ich verstand den Sinn darin nicht. War das ihre Art von Small-Talk? Wenn ja musste ich vielleicht doch meinen ersten Platz in eigenartigste Person der Welt weggeben.

Sein Blick war einnehmend auf mir, doch ich konnte für einen Moment einen Umschwung in seinem dunkelbraun erkennen. Als würde sich etwas dunkles darin einnisten, bevor seine Augen über meinen Körper glitten und er das Grinsen verlor, während er die Lippen aneinanderpresste.

"Ich glaube, sie hat einen Gehirnschaden, wenn sie so lange zum antworten braucht." murmelte Meltrid und verschränkte die Hände hinter seinem dunkelblonden Kopf, um die Augen entspannt zu schließen. Dabei fiel mir erst dort auf, wie breit seine Arme eigentlich waren, als auch ein Tattoo an der Unterseite seines Oberarms. Aus den wenigen Schritten Entfernung konnte ich erkennen, dass es ein Totenkopf mit Hörnern war, der nur etwas größer, als eine Münze war. Dazu war er umkreist mit wenigen anderen Linien, die ich nicht mehr genau sehen konnte.
Ich riss mich von dem Tattoo los und öffnete den Mund, um ihn meine Meinung zu gelten, doch genau da öffnete sich die Tür hinter mir ruckartig.
Ich drehte mich geschockt um, nur um in Regys große Augen zu sehen, während er die Tür schloss.
"Bist du etwa schreckhaft?" man hörte die Belustigung aus seiner Stimme, "Dabei wirktest du mit dem gleichgültigen Gesicht tough."

Sofort wieder daran erinnert, wer ich eigentlich war, räusperte ich mich und entspannte meinen Rücken. "Ihr verhaltet euch alle nur, als würde ich gleich aufgeopfert werden." konnte ich es mir brummend nicht verkneifen.
Regy lachte laut, während der Rest stumm blieb. "Keine Sorge, Kleine. Wir alle sind nur für eine Sache hier." wedelte er abwertend mit der Hand und ging Richtung Tisch, um eine kleine Kiste darauf zu öffnen.
"Genau, Kleine." grinste Eric mich an, was mein Herz einen Sprung verabreichte. Ich konnte ihn nur mit verengten Augen tadeln.

Im nächsten Moment stellte sich Regy zwischen uns, um Eric etwas zu geben und als er sich auf einen rangezogenen Stuhl setzte, erkannte, dass nicht nur in seinen, sondern auch in Erics Händen ein Joint ruhte.
Mit großen Augen beobachtete ich, wie sie von ihnen angezündet wurden und kurz darauf der Rauch durch ihre Lungen drang.
Dafür wurde ich hergebracht?
Eric merkte mein Starren und klopfte rauchausstoßend neben sich, während Regy seinen Joint weiterreichte.
"Ich habe das noch nie ausprobiert." meinte ich kleinlaut und wollte mich noch mehr in meiner gefüllten Jacke verstecken, "Ich bleibe lieber bei Zigaretten."
"Der ist mit Tabak vermengt, also komm. Probiere es einfach."

Alles in meinem Kopf protestierte, doch die Neugier siegte. Ohne es wirklich zu wollen buxierte mich mein Körper auf den weichen Platz neben Eric. Sofort reichte er mir das Ding, welches ich bisher nur in Filmen und Serien gesehen hatte.
Zögernd nahm ich ihn ab und fühlte mich beobachtet, während ich unter Vorsicht daran zog.
"Mann, die wird doch eh nichts merken." maulte Meltrid, der selbst rauchte.
"Halt die Klappe." brummte Eric tief, ohne die Augen von mir zu lassen. Er zog jeder meiner Bewegungen auf, als wären sie seine Droge selbst. "Nimm noch einen Zug." meinte er diesmal an mich gerichtet, was ich mit verzogenem Mund abtat, aber dennoch tat, was er wollte.
"Der Außenseiter fängt an zu wissen, was es ist, ein normales Leben zu führen.." bemerkte der Typ im Kappy neben Eric. Es pisste mich an, aber ich ignorierte ihn unter dem leichten Schwindel, der sich bei mir auftat.
"Und?" fragte Eric, während er mir den Joint wegnahm. Dabei streiften sich unsere Finger und ich zuckte innerlich vor seiner warmen rauen Oberfläche zusammen.
Von der Sturheit gepackt zuckte ich nur die Schultern, was ihn plötzlich desinteressiert zurücklehnen ließ und ein Zeichen war, dass er mich nun in Ruhe ließ.
Aber Meltrid hingegen hatte das wohl nicht im Sinn. Er hörte nicht auf, mich seinen blauen Augen unergründlich anzusehen, als würde er sich immer noch eine Meinung über mich bilden. Einen Moment hielt ich seinem Blick stand und hoffte, es würde ihn abschrecken, doch es schien ihn nicht zu berühren. Er verhielt sich fast genauso gruselig, wie Eric sonst. Aber auch nur fast.


"Warum hast du mich heute mitgenommen?" konnte ich es nicht unterdrücken, während Eric mich nach Hause fuhr.
Er gab ein knurrendes Geräusch von sich, als hätte er nicht antworten wollen. "Zum einen, um dich im Wissen zu lassen, dass du mich niemals einfach ignorieren kannst."
Verdutzt verzog ich die Brauen. "Ich habe dich nicht ignoriert."
"Doch. Ich hatte dir Nachrichten geschickt, die du nie beantwortet hast." Es kam mir bizarr vor, das aus seinem Mund gehört zu haben.
"Das kommt davon, dass ich zurzeit kein Handy habe. Es ist schrott gegangen.." murmelte ich kühl und hatte nicht die Intention zu verraten, warum es denn so war, "Ich werde erst übermorgen eins bekommen."
"Gut." meinte er nur brüsk.
Stille. Ich wartete Hände knetend auf weiteres, bis ich es nicht mehr aushielt. "Und was war der andere Grund?"
Er schien zu grübeln. "Erfährst du beim nächsten Treffen."
"Ist das dein ernst?" warf ich entnervt den Kopf zurück und sah ihn ungläubig an. Doch er hielt es wohl nicht für nötig, mir das zu erklären.

"Du erzählst keinem davon. Verstanden?" brummte Eric kühl, als er nicht weit von meinem Zuhause stehen blieb. Er sah mich nicht einmal an. "Sonst war es das letzte Mal, dass du was mit uns gemacht hast. Und wir würden es nicht unbestraft lassen."
Als seine Augen unter dem fast dunklem Himmel doch noch auf meine trafen, nickte ich ruhig und verbarg den Fakt, dass ich die Luft anhielt. Seine Drohung war unnötig, aber hatte eine Erkenntnis ausgelöst.
Ich merkte seinen Blick an mir, bis ich ausgestiegen und die Straße runtergegangen war.
Mir wurde schmerzlich bewusst, dass die Abwechslung, die mir Eric gab, mehr Wert für mich hatte, als gewollt. Durch ihn entging ich meiner langweiligen Routine und es zog mein bevorstehendes Ende etwas weiter in die Länge. Ich lernte eine andere mögliche Seite des Lebens kennen. Dass man nicht Zuhause hocken musste und sich dauernd Serien ansehen musste, die man schon kannte, während man Essen in sich stopfte, dass einen einfach nicht füllte.
Ich wäre nie auf die Idee gekommen, wem von diesem Kontakt zu erzählen. Vor allem, weil ich sonst keinen hatte, dem ich es erzählen konnte, wie Eric schon meinte. Aber jetzt würde ich alles dafür tun, um es nicht vollends ersterben zu lassen. Ich hatte diese Abwechslung erst gefunden und würde sie nicht so schnell aufgeben.
Eine Feststellung, die mich überraschte, da es gar nicht nach mir klang.

Cold WinterWhere stories live. Discover now