LXVI

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Die Geschichte traf mich so unerwartet, dass das spitze Lachen zum Ende nicht zu verkneifen war. Das ließ Brad nur noch beschämter den Kopf senken, doch ich erkannte im letzten Moment die gekräuselten Mundwinkel an seinen rosigen Lippen.

Er trank mit roten Wangen von seinem Bier, was ich ihm keines Wegs verübeln konnte.
Wenn ich erzählt hätte, dass ich so sehr im Vollrausch war, dass ich mich nicht nur splitterfasernackt an die Straße gestellt hatte, sondern auch ein Pappstück mit der Aufschrift 'Leicht zu haben! Hier ranfahren!' gehalten hatte, wäre ich genauso rot gewesen.

"Ich danke Katrice immernoch dafür, dass sie dieses Schild spontan gemacht hat." grinste George schadenfroh.
"Nach dem Abend wusste ich mit wem ich nicht mehr trinken gehen sollte.." murmelte Brad in seinen Becher, was mich wieder auflachen ließ und sein Gesicht ein wenig mehr strahlen.
"War denn jemand bereit dieses Angebot auch anzunehmen?" fragte ich.
"Um Gottes Willen, ein Glück nicht!"
"War wohl dann doch zu dunkel zum lesen." zuckte George die Schultern.
"Oder Brad hat's einfach nicht drauf." zuckte ich scherzend die Schultern, was ein schelmisches Grinsen aus Georges Gesicht in meine Richtung trieb.

Brad konnte nur beleidigt ausrufen, aber der Austausch hatte wahre Wunder bewirkt. Deutlich lockerer stand ich mit den Jungs in der leicht gefüllten Küche und unterhielt mich eine Weile mit ihnen. Okay. Ich sprach deutlich weniger, als sie, aber das war glaube ich bis dahin schon jeder von mir gewohnt.

Ich erfuhr, dass Brad und George sich schon seit der Grundschule kannten und so einiges hinter sich hatten. Sie waren die Jahre nur getrennt, weil George gezwungen war auf eine Privatschule zu gehen, statt auf eine staatliche, wie unsere, was erklärte, dass auf der Party nicht wirklich viele von unserer Schule eingeladen waren.
Dennoch erkannte ich mit der Zeit doch noch das eine oder andere Gesicht, gab ihnen aber kaum Beachtung. Und doch bewirkte es, dass ich mich immer mehr von Brad entfernte, um nicht auffällig nah neben ihm zu stehen.



"Du musst unbedingt den Hau den Lukas ausprobieren." kam es irgendwann begeistert von George, was Brad die Brauen verziehen ließ.
"Den hatte ich doch öfters auf den Märkten ausprobiert. Du warst bei den meisten auch dabei."
"Nein, nein. Ich meine den, der in meinem Garten steht. Ich hatte extra für heute einen gemietet."
Mit großen Augen senkte Brad seinen Becher. "Nicht dein ernst."
"Doch!" lachte er, "Kommt mit!"

Sofort leerte Brad sein Bier und ließ seinen besten Kumpel an uns vorbei, was uns endgültig trennte und ich somit ein wenig durchatmen konnte. Denn egal wie oft ich mich zurücklehnte oder einen Schritt zur Seite tat passierte es immer wieder, dass ich direkt neben diesem Bau eines Mannes stand.
George ging voraus und obwohl ich neugierig war lenkte mich Brads Hand an meinem Kreuz ab, dass mich dann durch die Gänge führte. Mit einem Mal spürte ich all die Leute um uns wieder, die innerhalb der Konversation verloren gegangen waren, und zur selben Zeit auch nicht, da Brads Präsenz umso mehr auffiel.
Ich krümmte die Schultern und versuchte die abrupte Hitze in meinem Körper niederzuschlagen, doch es gelang mir nicht.
Vor allem dann nicht, als wir an der Tür zur Terasse ankamen und seine Hand stärkend zu meiner Hüfte schlürfte und mich den Atem anhalten ließ, während sich mein Griff um meinen Becher verstärkte.

"Er will bestimmt wieder ein Kräftemessen veranstalten." grinste er zu meiner Seite, während wir George in die dunkle Nacht folgten. "Aber ich kann dir sagen: Ich mache ihn diesmal fertig."
Er verhielt sich, als wäre seine Hand an mir vollkommen normal! Und als er mich im gehen auch noch näher an sich zog musste der große Schluck meiner Mischung einfach sein.
"Hat er dich bisher immer besiegt?" versuchte ich mich zittrig abzulenken. Doch es lenkte seinen Blick auf mich und das grün-braun unter all den Lichterketten und kleinen Leuchten um uns schlug mir ins Herz. Mit einem mal strahlte sein Gesicht in dem dimmen Licht heller als sonst und auch mein Verstand war wie eine sich nun abrupt erhellende Halle voller Röhrenleuchten, die mein innerstes zum erleuchten brachten.

"Es war immer abweselnd. Aber weil er letztens gewonnen hatte muss ich ihm jetzt einen Strich durch die Rechnung machen."

Was? Worüber haben wir geredet? Ich hatte einfach alles vergessen, als ich bemerkt hatte, dass ich mich mit einem Blick - einem unschuldigen, unbeabsichtigten Blick - nun vollkommen in Brad Chester verliebt hatte.
Die Feststellung schockte mich so sehr, dass ich selbst seine Hand an mir nicht mehr spürte und seine folgenden Worte nicht zu mir durchdringen lassen konnte, während wir zum Ende des großen Gartens gingen.
Ich merkte sogar kaum noch das hölzerne Pavillion über dem Essplatz, noch den leuchtenden Pool an dem wir vorbeigingen.

"Tretet jetzt mal alle zur Seite!" Es war Georges Rufen, dass mich zurückbrachte und mich von meiner wachsenden Panik ablenkte. Ich wollte mich nicht verlieben.

Doch es war zu spät.

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass wir hinter einer Menge standen, die sich nun für uns spaltete. Sofort sprang der Hau den Lukas in mein Sichtfeld und ich schluckte schwer. Ich musste mich nun einkriegen. Ich musste bei mir bleiben. Hätte doch nur dieses bescheuerte Herz darauf gehört.

Cold WinterWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu