XXI

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"Sag mal, willst du mich abfüllen?" brummte ich, doch schlürfte dennoch weiter an dem 50/50 Getränk aus Rum und Cola.
"Ich dachte, du bist das trinken gewöhnt. Oder bist du langweilig?" zuckte er die Schultern.
Von seiner Frage angebissen schürzte ich die Lippen. Langweilig genannt zu werden war etwas, dass ich ungern hörte. Vielleicht weil ich es nicht war oder auch, weil ich es nur nicht einsehen wollte. So genau hatte ich mich bisher nicht damit befasst. "Ich habe nur gefragt." murmelte ich und schluckte die brennende Flüssigkeit unberührt weiter. Er hatte in dem Punkt Recht, ich war es gewöhnt.
Zwar hoffte ich dennoch eine Antwort zu bekommen, aber wie so oft, blieb sie aus. Er umging Fragen immer wieder, was mich aber auch nicht all zu groß störte. Immerhin hatte ich eh nicht viel am Hut mit Eric. Bestenfalls gar nichts.

Wir stampften durch die Wiese direkt Richtung Lagerfeuer, ohne ein Wort zu wechseln. Natürlich ging er zum gruseligsten Platz dieses Ortes. Doch ich zerbrach mir nicht den Kopf darüber. Stattdessen konzentrierte ich mich auf mein Getränk und atmete die frische Luft ein, die inzwischen eine kühlere, aber angenehme Temperatur angenommen hatte.

"Was macht sie hier?"
Sofort erhob ich den Blick zu einem Zischen und traf auf die vom Lagerfeuer beschienen Augen von Jennifer, die ebenfalls ein Getränk in der Hand hielt und mich verabscheuend ansah.
Ich ließ mich jedoch nicht davon berühren und ließ den Blick einfach durch die Truppe gleiten.
"Da sein." knurrte Eric, doch ich beachtete ihren feindseeligen Austausch nicht.
Lucas war auch da und musterte uns besorgt, während der Rest eher verwirrt wirkte, doch nicht wirklich etwas äußerte. Sie interessierten sich schlichtweg nicht für uns. Oder eher gesagt für Eric oder mich.

Da Eric sich an einen mir unbekannten Typen neben Jennifer wandte, ohne mich zu beachten, entschied ich vorerst Abstand zu nehmen und setzte mich auf einen moderden Stamm unter einem kahlen Baum, der nah genug am Feuer lag.
An sich dachte ich schon daran, was ich tun könnte, sobald ich wieder Zuhause war und mir nicht mehr Jennifers Blicke gefallen lassen musste. Aber die Ideen waren nicht sonderlich berauschend. Es würde mir mehr bringen, mir hier die Kante zu geben, bevor ich alleine mit meinen Gedanken in meinem erdrückenden Zimmer hockte. Es war nur Brads Pflanze, die es letzte Zeit erträglicher gestalten hatte.



"Also gut, ich würde sagen, dass wir am Donnerstag unsere Aktion durchführen, damit am nächsten Tag noch alle davon reden können, aber wir nicht zu auffällig rüberkommen." sprach ein Typ vor dem Feuer, als wäre er die Spitze der Runde. Verwirrt betrachtete ich ihn mit seinem Getränk in der Hand.
"Was durchführen?" schoss es mir plötzlich über die Lippen und jeder starrte mich an. Überrascht hob ich die Brauen, doch fühlte mich nicht sonderlich unwohl, da ich solchen Momenten vertrauter war, als mir lieb war.
Jetzt waren die Augen des Sprechers auf mir und obwohl er mich misstrauisch musterte, schien er mich nicht zu verabscheuen. Auch wenn ich bei seinem guten Bau besorgt sein müsste, überhaupt den Mund geöffnet zu haben. Er war vielleicht nicht so trainiert, wie Eric, doch umso größer und sah furchteinflößend aus mit den dunklen Haaren unter der Nacht.
Plötzlich sah er zur Seite und ich folgte seinem Blick. Er ging zu Eric. Dieser starrte unberührt zurück, denn auch er hatte sein Gespräch eingestellt, sobald ich die Stimme erhoben hatte. "Von ihr geht keine Gefahr aus. Es wird ihr sogar gefallen." zuckte er die Schultern.
"Ach ja?" rutsche es mir wieder aus und ich sah zum Sprecher, während ich mich interessiert vorbeugte. Alles hier schrie nach Psychoattentat, doch ich hatte nicht viel zu beschützen, dass mir diese Typen nehmen konnten. Eigentlich gar nichts. Also konnten sie mich auch gern in die Wälder hinter ihnen zerren, um mich niemanden mehr sehen zu lassen. Sie würden mir sogar einen Gefallen tun.

Der Sprecher sah zu mir, nun deutlich interessiert, da ihn Erics Worte wohl ruhig gestimmt hatten. "Wir wollen einen Streich an Mr. Wolter spielen."
Sofort rauschte Enttäuschung über mich. So viel Getue in der unheilvollen Nacht einer Party, vor einem warmen Lagerfeuer mitten in der Dunkelheit, am Rande des Waldes? "Das war's?" fragte ich unüberzeugt und sah zu Eric weiter hinten, der immer noch bei Jennifer und Lucas stand, "Ihr wollt unserem Geschichtslehrer einen kleinen Streich spielen?" Nicht, dass es mir nicht gefallen würde, diesem alten Sack eins auszuwischen, aber es erschien mir mikrig.
"Es war meine Idee." verkündete Eric stolz und grinste diabolisch auf, dass selbst mir ein kühler Schauer über den Rücken flog. Mit dem Typen sollte ich echt vorsichtig sein.
"Und es ist nicht nur ein kleiner Streich." meldete sich der Sprecher ruhig wieder und wechselte sein Standbein, um mich mit schief gelegenen Kopf anzustarren. "Er soll nicht nur vor Wut platzen, sondern sich in die Hosen scheißen."
"Und einen Herzinfarkt bekommen." erhob Eric seinen Finger, während die anderen sein Getränk festhielten und trank darauf genüsslich davon. Er hatte eine sogar stärkere Mischung, doch zuckte nicht einmal mit der Wimper von dem Brennen, das nun in seinem Hals herrschen musste. "Ich will diesen Typen bestenfalls Tod sehen."
Die Gruppe lachte leise.
"Das wäre auch noch gut." lächelte der Sprecher.
"Wie heißt du? Ich glaube nicht, dich in unserer Schule gesehen zu haben." murmelte ich, ohne ihre Kommentare zu beachten.
"Don. Ich gehe bald ab."
"Ja, wenn du aufhörst zu schwänzen." lachte ein anderer rein und entlockte Don ein verschmitzes Grinsen.
"Dann wohl doch nie." antwortete er.

Also hatte Eric gelogen, als er meinte, dass niemand von unserer Schule hier sein würde. Na der konnte noch was erleben...Doch ich zügelte meine Wut und konzentrierte mich auf das eigentliche Gespräch. "Was wollt ihr denn anstellen?"
Wieder widmete Don sich mir zu. Mit einem Grinsen, fast so gruselig, wie das von Eric vorhin. "Oh, das wirst du bald selbst sehen."

Cold WinterWhere stories live. Discover now