XIV

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Der Tag war anstrengend genug, auch wenn ich mich gar nicht angestrengt hatte und bis auf Erics Aktion auch nichts wirklich passiert war. Aber die Begründung Schule reichte wohl genug aus.
Deshalb bemühte ich mich nicht einmal, mich umzuziehen und klaute ein Bier von Dad, da dieser sowieso erst Nachts mit Derek zurückkommen müsste.
Also konnte ich mir einige Stunden auf der Couch erlauben.

Erst zum späten Nachmittag wurde meine Ruhe gestört, als Mom nach hause kam. Im weißen Bleistiftrock aus Leder und einem hellen Top stellte sie sich unter den Türrahmen und sah mich mit kaputtem Gesicht an. "Spaßiger Arbeitstag?" fragte ich, während im Hintergrund eine Folge von Desperate Housewifes lief, die mich sowieso nicht interessierte. Den ganzen Tag fühlte ich mich ausgelaugt und einfach nur öde, ohne zu wissen, wie ich dagegen vorgehen könnte. Nichts half.
Einen Moment bedachte sie mich mit einem dumpfen Blick, bis sie seufzend zur Küche trappte und ihre schwarze Tasche auf die Couch schmiss. "Sei bloß ruhig."
Zu meinem Überraschen kam sie mit Dads Bier zurück und ließ sich neben mir fallen. Normalerweise trinkte sie keinen Bier. Höchstens Weißwein und selbst den gab es nur zu seltenen Anlässen. Heute mussten sie die Klienten im Immobiliengeschäft wohl sehr genervt haben, doch ich fragte nicht weiter nach, sondern konzentrierte mich wieder auf die Fernsehserie. Mein Kraft mich für die Probleme anderer zu interessieren war schon lange verflogen. Ich fand es deutlich einfacher so zu tun, als würde es sie nicht geben und einfach normal weiterzuleben.

"Lass uns ein Mädelsabend machen." kam es irgendwann von Mom, was mich sie schräg ansehen ließ. "Wenn dein Dad und Bruder schon einen Männertag für sich haben, können wir auch etwas unternehmen." erklärte sie mir darauf.
Meine Lust dazu war unheimlich niedrig. Ich brauchte immer meine eigene Zeit. Egal, ob ich in der Schule war oder nicht. Ich brauchte die Nähe anderer unter keinen Umständen. Und doch ging ich für sie darauf ein. "Und was stellst du dir darunter vor?"


Zwei Stunden später ließ sich Mom noch kaputter als zuvor auf den Campingstuhl neben mir nieder und streckte die Glieder von allen Seiten aus. "Du hättest wenigstens etwas helfen können." brummte sie mit dem Gesicht zum immer dunkler werdenden Himmel, der eisige Temperaturen mit sich brachte.
Schulterzuckend nippte ich an meinem Bier und blickte auf die Glut, die bald zum Lagerfeuer werden sollte.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie die Feuerschale aus dem Keller rausgesucht, die ich dann mit ihr auch in den Hintergarten geschleppt hatte und irgendwie versucht ein Feuer herzustellen, an das wir uns setzen konnten.
Deshalb war sie nun voller Ruß und Dreck. Meine Mom kam immer auf komische Idee und war nie sonderlich begabt im Handwerk, weshalb sie glatte 30 Minuten alleine für das einschrauben der Beine gebraucht hatte. Aber so konnte ich Marshmellows rösten und zwischen zwei Keksen verspeisen. Und natürlich nur ein Bier dazu trinken, dass meine Mom mir ausnahmsweise gegeben hat. Sie musste ja nicht wissen, dass ich mich vorhin schon daran vergriffen hatte. Sowie schon an vielen anderen Tagen über die letzten Jahre. "Wie läuft eigentlich die Schule?"
Oh, jetzt kam wohl das Mutter-Tochter-Gespräch von ihrer heutigen Liste dran. Jedoch war ich nie sonderlich heiß drauf mit ihr über persönliche Dinge zu reden. Oder ihr irgendetwas zu erzählen. Letzten endes würde das nur in vielen Fragen und blöden Anmerkungen enden, die mir die Laune vermiesten.
Deshalb zuckte ich nur die Schultern. "Ganz ok."
"Du weißt, du kannst auch hin und wieder Freunde mit nach hause einladen?" sah sie mich aus dem Augenwinkel an, während sie noch tot dasaß.
Alleine dieses Thema brachte mir den Kotzreiz. "Ich weiß. Aber ich will nicht. Zu anstrengend."

Es blieb eher still, bis sich das Feuer richtig gebildet hatte und wir schon die ersten Marshmellows auf einem Stock rösten konnten.
Sie erzählte mir lediglich von ihrem schweren Arbeitstag, indem tatsächlich eine einzelne Kundin für ganz schönen Tarau gesorgt hatte, weil sie Schimmel in der Wohnung hatte. Anscheinend hatte sie das ganze Büro dafür grundlos in Aufruhr gebracht.
Doch ich hörte nur stumm zu und hatte eher Augen für das Essen. Das Bier war leider schon leer.
"Und wie sieht's inzwischen bei dir mit Jungs aus?"
Erstarrend hielt ich die Luft an. Es kam mir Brad vor's innere Auge, doch ich wischte ihn schnell weg. Wir hatten nur ein dummes Gespräch, welches keinen Wert trug. Und meiner Mutter würde ich definitiv nicht erzählen, wen ich denn so toll fand. Niemals. Lieber würde ich mich erschießen, als dass ich darüber reden würde. "Da ist rein gar nichts in Sicht." brummte ich nur und holte den Marshmellow etwas zu spät aus dem Feuer, sodass er an einigen Stellen schon schwarz tropfte. Ich kriegte aber auch nichts auf die Reihe.



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