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Kilian merkte sofort, dass er in ein Fettnäpfchen getreten war.
„Entschuldige", sagte er leise.
„Schon okay. Komm. Wir brauchen einen Unterschlupf für die Nacht, ich habe keine Lust hier draußen gefressen zu werden."
Die Frage war nur, wo sie den herbekommen sollten, sie waren schließlich in Deutschland und nicht in Amerika, wo die Türen entweder offen oder wenigstens leicht zu öffnen waren.
„Wie wäre es mit einem Auto?", schlug Kilian vor. „Oder einem Hotel? Bestimmt gibt es noch welche ohne digitales Schlüsselsystem."
„Okay." Leo hatte keine bessere Idee und ein Hotel konnten sie sicher finden, immerhin war hier die Touristengegend gewesen. Die Frage war nur, auf welche bösen Überraschungen sie stoßen würden. „Komm, ich glaube, ich weiß, wo wir unterkommen können."
Sie liefen wieder nebeneinander, dieses Mal aber weniger misstrauisch als vorher. Immerhin hatten sie den Weg hierher beide überlebt.
Vor einem etwas heruntergekommenen Hotel blieb Leo stehen.
„Hier könnten wir Glück haben", sagte sie. „Hast du nur deine Pistole dabei?"
„Ja", antwortete Kilian. „Sorry. Ich weiß, dass sie sehr wahrscheinlich zu laut ist."
„Kannst du mit Messern umgehen?"
Er nickte und Leo kramte eins aus ihrem Rucksack. Ein Ersatz, falls ihr Dolch das Zeitliche segnen sollte.
„Wir sollten uns darauf verlassen", sagte sie. „Solange wir nicht sicher sind, dass diese Dinger taub sind. Wer geht vor?"
„Normalerweise würde ich sagen, immer der, der fragt, aber da du nur meinetwegen hier bist ... halt mir den Rücken frei, ja?"
Kilian öffnete vorsichtig die Tür und schlich ins Foyer. Es schien alles ruhig zu sein, doch er wusste nur zu gut, dass das täuschen konnte. Dennoch entschied er sich dazu, Leo sein Okay zu geben.
„Gespenstisch", flüsterte sie. „Wieso hat sich niemand hier verschanzt? Oder hocken die alle in ihren Zimmern?"
„Das gilt es rauszufinden, oder?", fragte Kilian, doch auch er war nervös. Seine Idee kam ihm jetzt gar nicht mehr so gut vor.
Leo schlich zur Rezeption, an der jede Menge Schlüssel hingen und überlegte. Erdgeschoss war zu gefährlich, oberstes Stockwerk auch. Also der erste Stock? Von da konnten sie wenigstens noch aus dem Fenster springen und hoffen, sich nicht zu verletzen.
„Also dann ... eine Suite ist es nicht, aber ein Bett sollte vorhanden sein", sagte Leo und nahm sich einen der Schlüssel. „Gehst du vor? Oder wollen wir immer fair durchtauschen?"
Sie wollte eigentlich nicht als erste in unbekanntes Terrain gehen, aber sie konnte auch nicht immer Kilian vorschicken. Sie musste lernen, ihre Angst zu überwinden.
„Wenn wir auf deinem Weg sind", antwortete Kilian. „Wie gesagt, du bist nur meinetwegen hier."
Die Wahrheit war, dass er etwas gehört hatte und er nicht wusste, wie Leo reagieren würde. Es stimmte zwar, was er sagte, aber tatsächlich traute er ihr nicht zu, gegen eins dieser Wesen zu kämpfen. Noch nicht. Und er wollte noch ein bisschen länger am Leben bleiben.
Sie nickte dankbar und hoffte, dass sie sich bald in dem Zimmer einschließen konnten. Türen vermittelten ihr immer ein Gefühl von Sicherheit, selbst, wenn man sie nicht abschließen konnte. Es war zwar eine Illusion, aber Gefühle waren auch was wert.
Wie Kilian befürchtet hatte, kamen die Geräusche aus dem ersten Stock. Die Gänge waren schmal, es war ein altes Haus. Wenn sie hier auf diese Dinger träfen, säßen sie in der Falle.
Er schlich zu Leo zurück.
„Kann ich dich alleine hier unten lassen?", fragte er leise. „Da oben ist kein Platz für uns beide, wir würden uns nur gegenseitig im Weg stehen und wären leichte Beute."
„Nur, wenn du auf dich aufpasst", antwortete Leo. „Versprich's mir."
Kilian unterdrückte den Impuls, seine Begleiterin an sich zu drücken.
„Werde ich", sagte er. „Ehrenwort."
„Okay. Ich warte hier."

Wecke nicht die Toten: Band 1Where stories live. Discover now