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Bevor Balu in seiner Geschichte fortfahren konnte, öffnete sich die Tür und Fabian, Kilian und wahrscheinlich Finns Bruder kamen herein, vollkommen durchnässt.
Von den anderen unbemerkt, hatte es angefangen zu regnen.
„Leo!"
Finn sprang auf und flog seinem Bruder förmlich in die Arme.
„Du bist wieder hier! Wo warst du so lange!"
Doch Leo stieß seinen Bruder von sich.
„Ich habe dir gesagt, du sollst im Haus bleiben! Und dass du nie, NIE mit Fremden reden sollst! Was hast du dir dabei gedacht?"
Finn starrte ihn nur an und Tränen stiegen ihm in die Augen.
„Aber ... aber ..."
Kilian legte Leo eine Hand auf die Schulter.
„Er hat sich Sorgen gemacht", sagte er. „Außer dir hat er doch niemanden mehr."
Leo schüttelte Kilians Hand ab.
„Und was wäre gewesen, wenn ihr ihn mitgenommen hättet? Oder ihn irgendwelchen Perversen zum Kauf angeboten? Ich habe versprochen, zurückzukommen, und das hätte ich auch ohne euch gehalten!"
Leo stand auf und stellte sich neben Finn, bevor sie Leo die Hand reichte.
„Freut mich, Leo. Ich bin Leo. Fabian und Kilian hast du ja schon kennengelernt, das Mädchen ist Stella und der große Kerl da ist Balu. Schön, dass es dir gut geht."
Leo starrte sie nur an.
„Wann verschwinden Sie wieder?", fragte er. „Wir kommen allein klar."
„Ich weiß", erwiderte Leo. „Sonst hättet ihr nicht so lange überlebt. Dürfen wir über Nacht hierbleiben, nachdem du jetzt weißt, dass wir keine bösen Menschen sind? Morgen früh lassen wir euch beide wieder alleine, aber wenigstens Stella sollte bequem schlafen dürfen."
Leo sah das Mädchen finster an, dann nickte er.
„Von mir aus", sagte er. „Aber wenn einer von Ihnen Finn auch nur einem Schritt zu nahe kommt, werde ich nicht zögern, ihn zu töten, verstanden?"
Nun stand auch Balu auf. Leo war zwar sehr groß, aber Balu war größer.
„Pass mal auf, Kleiner", sagte er. „Wir haben nicht vor, irgendwem was zu tun. Leo und Kilian sind beide auf der Suche nach jemandem, den sie lieben. Morgen ziehen wir weiter, wir sind nur hier, weil dein kleiner Bruder uns darum gebeten hat und wir es nicht verantworten konnten, ein Kind allein zu lassen. Wenn du mit ihm hierbleiben willst, ist das deine Sache. Aber droh meinen Freunden nicht, denn sonst werde ich wirklich ungemütlich. Und das willst du nicht."
„Könnten wir uns bitte alle beruhigen?", bat Leo. „Es war ein anstrengender Tag, wir sind alle erschöpft und sollten vielleicht erst mal essen, bevor wir uns die Schädel einschlagen."
Finn sah seinen Bruder bittend an und der nickte widerwillig.
„Na gut", sagte er und Leo konnte hören, wie sein Magen knurrte. Aber sie war taktvoll genug, ihn nicht darauf anzusprechen, sondern zwinkerte ihm nur zu, bevor sie ihre Vorräte auspackte.
„Also, wir haben Ravioli ... Suppe ... Müsliriegel ...", zählte sie auf. „Und noch ein bisschen was, was ich erst rauskramen muss. War schon was dabei, auf das ihr Lust habt?"
„Ravioli!", rief Finn. „Bitte, bitte, Ravioli!"
Sein Bruder verzog das Gesicht, sagte jedoch nichts.
Kilian, der den Gruppenfrieden bewahren wollte, kam ihm zu Hilfe.
„Können wir auch zwei Sachen machen?", fragte er. „Ehrlich gesagt, von Ravioli habe ich für den Rest meines Lebens genug. Und ob wir jetzt mehr Ravioli machen oder etwas Gemischtes ist eigentlich egal, oder? Die Zahl der Dosen bleibt schließlich gleich."
Fabian nickte.
„Angenommen", sagte er. „Lassen wir dem Jungen seine Ravioli und suchen uns etwas anderes aus."
Leo musterte die Männer. Sie schienen okay zu sein, aber noch war er misstrauisch. Es gab zu viele Wölfe im Schafspelz als dass er und sein Bruder einfach so bei fremden Leuten bleiben konnten. Immerhin hatte er geschworen, ihn zu beschützen, egal vor was.
Währenddessen hatte Leo die Dosen ausgepackt und versuchte, nicht allzu besorgt auszusehen. Zum Glück waren die anderen so abgelenkt mit ihrem Gespräch, dass sie gar nicht auf sie achteten. Nur Balu merkte etwas, und er konnte sich denken, was los war. Sie mussten sich dringend Vorräte organisieren, vor allem, wenn sie die Jungs mitnehmen wollten. Und das stand ziemlich außer Frage.

Wecke nicht die Toten: Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt