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Sie beschloss, dass es okay war und sie den anderen morgen nicht von Nutzen war, wenn sie hundemüde war und nicht auf ihre Umgebung achten konnte.
Leo nahm Stella und Finn in die Arme und es dauerte nicht lange, bis sie eingeschlafen war.
Kilian wartete, bis er sicher war, dass Leo eingeschlafen war, bevor er sich einen ausgedehnten Seufzer erlaubte.
„Sie ist empfindlich, oder?", fragte Leo, nachdem er sicher war, dass Kilian nichts sagte.
Er seufzte erneut.
„Nein", sagte er. „Oder ja. Aber dann sind wir alle empfindlich. Es sind komische Zeiten und man sollte sich besser überlegen, was man zu jemandem sagt. Das, was früher mal ein Spaß gewesen wäre, kann jetzt jemanden schlimm verletzen. Wir müssen eben alle dazulernen."
„Hm", machte Leo und warf einen Blick zu Finn. „Tut mir leid wegen vorhin", sagte er dann. „Es ist nur ... ich musste immer auf meinen Bruder aufpassen. Und ich habe ihn sehr lieb. Wenn ihm etwas passieren würde ..."
„Ich weiß", sagte Kilian und lächelte. „Ist schon gut. Wäre ich so alt wie du, ich hätte nicht anders gehandelt. Du konntest ja nicht wissen, ob wir zu den Guten gehören. Wobei ich ehrlich gesagt noch keinen schlechten Menschen begegnet bin bisher. Vielleicht hat es sie alle erwischt?"
„Oder sie haben sich an einem sicheren Ort zusammengetan", mutmaßte Leo. „Jedenfalls ... danke, dass ihr uns mitnehmen wollt. Wenn mir etwas passiert, ist Finn jetzt wenigstens nicht mehr alleine und in Sicherheit. Das ist die Hauptsache."
Kilian legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter.
„Wir lassen nicht zu, dass irgendjemandem von uns etwas passiert", sagte er. „Egal, was für eine Aktion jemand abzieht. Leo ist mir einmal mitten in der Nacht nachgelaufen, als ich plötzlich beschlossen hatte, dass die Gruppe ohne mich besser dran ist und abgehauen bin. Sie hat mich zurückgeholt."
„Und ihr habt nach mir gesucht", ergänzte Leo. „Obwohl ihr mich nicht kanntet. Nur, weil Finn euch darum gebeten hat."
„Wir können einem Kind doch keine Bitte abschlagen", schmunzelte Kilian.
„Magst du Leo?", fragte Leo unvermittelt.
Kilian war so perplex, dass er erst einmal nicht wusste, was er sagen sollte.
„Natürlich mag ich sie", antwortete er dann. „Wir sind Freunde. Oder sowas in der Art. Sie hat mich
begleitet, weil ich mich verlaufen hatte. Und seitdem sind wir miteinander unterwegs, um ihre Freundin und dann meinen Bruder zu finden."
„Findest du sie hübsch?", bohrte Leo weiter und Kilian seufzte.
„Ja", sagte er. „Aber das tut nichts zur Sache. Wenn du wissen willst, ob ich in sie verliebt bin, dann frag doch einfach."
„Bist du?", fragte Leo.
„Nein", antwortete Kilian. „Und jetzt beenden wir dieses Gespräch und konzentrieren uns auf unsere Aufgabe. Okay?"
Leo verstand den Wink und nickte.
Sobald die Sonne aufging, weckte Kilian Balu und Fabian, damit die beiden sich um das Frühstück kümmern und Leo und die Kinder wecken konnten.
Er selbst wollte ihr erst mal nicht unter die Augen treten, solang er nicht wusste, ob sie ihm seine Bemerkung noch übel nahm.
Als sich alle um ihren Haferbrei versammelt hatten und einige der Erwachsenen eine Tasse mit Kaffee in der Hand hatten, sagte Leo: „Ich habe mir was überlegt. Mit zwei Leos in unserer Gruppe könnte es ziemlich verwirrend werden und das ist das letzte, was wir brauchen können. Bis mir also eine endgültige Lösung einfällt, könnt ihr einfach meinen Spitznamen verwenden."
„Löwin?", fragte Balu und grinste.
„Nein", seufzte Leo. „Rotkehlchen."
Die anderen schauten sie verdutzt an.
„Wo kommt das denn her?", fragte Fabian. „Heißt du mit zweitem Vornamen Robin?"
„Nein", antwortete Leo. Rotkehlchen. „Es ist eine langweilige Geschichte, aber wenn ihr wollt, erzähle ich sie euch heute Abend."
„Aber immer doch", zwinkerte Balu. „Da bin ich wirklich gespannt, wie man vom Löwen zum Rotkehlchen kommt. Aber von mir aus. Leo ist zwar schön kurz, aber Rotkehlchen ist niedlicher."

Wecke nicht die Toten: Band 1Where stories live. Discover now