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„Ich hoffe, dass wir irgendwo noch funktionierende Toiletten finden", sagte sie, als sie zu Kilian zurückkam und sich die Hände mit Desinfektionsmittel säuberte. „Es gibt Dinge, die möchte ich ungern in einem Busch erledigen."
Er beschloss, nicht darauf einzugehen. Frauen waren in dieser neuen Welt ohnehin benachteiligt, schon allein wegen ihrer Anatomie. Da musste er nicht auch noch den Finger in die Wunde legen.
„Wir finden bestimmt was", versuchte er, Leo aufzumuntern. „Komm, lass uns gehen. Deine Freundin wartet auf dich."
Leo seufzte und nickte.
Sie wollte schon jetzt nicht mehr weiter, aber sie musste. Lilli wartete auf sie, also sollte sie sich nicht wie ein verwöhntes Stadtgör anstellen, sondern die Zähne zusammenbeißen und durchhalten.
„Erzähl mal ein bisschen was von dir", sagte Kilian, während sie an verlassenen Autowracks vorbeigingen. „Ich bin leider ein bisschen eingerostet, was Smalltalk angeht, vielleicht kannst du mir ja ein wenig auf die Sprünge helfen. Was hast du gemacht, bevor die Apokalypse losgebrochen ist? Was sind deine Hobbys? Lieblingsfarbe, Lieblingstier?"
„Ich war eine von diesen Langzeitstudentinnen", antwortete Leo. „Jemand ohne festen Plan für sein Leben. Ohne einen Weg und eigentlich überhaupt nicht geeignet für so ein Ereignis. Eigentlich hätte ich als eine der ersten draufgehen sollen, ich habe noch nicht mal etwas Nützliches studiert. Mit Nachhilfe habe ich mir meinen Lebensunterhalt verdient, gewohnt habe ich in der Wohnung meiner Eltern ... die sind nach einem Lottogewinn ans Meer gezogen, ich habe nichts mehr von ihnen gehört." Sie schwieg einen Moment. „Hobbys ... gute Frage. Meine Pflanzen. Lesen. Filme. Das Übliche halt, was man als normaler Mensch eben als Hobbys hat. Meine Lieblingsfarben sind Violett, Silber, Dunkelblau und Grün und mein Lieblingstier ... ich habe eigentlich keins. Pferde vielleicht. Katzen. Alles, was man streicheln kann, niedlich oder anmutig ist. Und bei dir? Wenn ich schon einen Monolog halten muss, dann solltest du dich nicht drücken."
„Dass ich bei der Bundeswehr war, weißt du ja schon", antwortete Kilian. „Der Rest ... nun, als Soldat hat man nicht so viel Zeit für Hobbys. Und über Lieblingsfarben und Lieblingstiere habe ich mehr ehrlich gesagt noch nie wirklich Gedanken gemacht. Ich könnte versuchen, charmant zu sein und sagen, dass Löwen meine Lieblinge sind, aber ich glaube, das wäre fehl am Platz." Er zwinkerte Leo zu. „Wenn ich irgendwann nicht mehr ganz so langweilig bin, sage ich dir Bescheid", versprach er. „Für den Moment ist mein einziges Hobby meine Waffe."
„Ich finde, wir ergänzen uns super", sagte Leo und brachte so etwas wie ein Lächeln zustande. „Du kannst den ganzen nützlichen Kram und ich kann den Smalltalk übernehmen, sollten wir auf Überlebende treffen. Passt doch. Ich würde sagen, du bist für diese Welt wesentlich besser ausgerüstet als ich – was ich nebenbei sehr beneidenswert finde."
Kilian erwiderte das Lächeln, blieb jedoch im nächsten Moment stehen und hob die Hand. Auch Leo hörte es, irgendwo war ein Kampf ausgebrochen.

Wecke nicht die Toten: Band 1Where stories live. Discover now