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„Ich komme hoch! Und ich bringe jemanden mit, Stella! Das da oben im Bad ist ihre Mama!"
Von oben war nur ein unterdrückter Fluch zu hören.
Leo sah die Kleine an.
„Wollen wir dann?", fragte sie. „Soll ich vorgehen?"
Zwar behagte es ihr nicht, dem Mädchen den Rücken zuzukehren – seit Zombieland war sie vorsichtig, was niedliche Kinder anging – aber Stella sollte auch nicht unbedingt Kilian mit gezückter Waffe sehen.
Doch zu ihrer Überraschung schüttelte Stella den Kopf und nahm Leos Hand.
„Ich will da nicht alleine hoch", murmelte sie. „Meine Mama ist so gruselig geworden ..."
„Okay", sagte Leo. „Dann gehen wir jetzt zusammen."
Schneller als ihr lieb war erreichten sie den Treppenabsatz.
„Wohin jetzt, Spätzchen?", fragte sie und Stella deutete nach links.
Als sie Kilian erreichten, hatte er zum Glück seine Waffe weggesteckt und ging in die Hocke, sobald er Stella sah.
„Hallo", sagte er und lächelte sie an. „Ich bin Kilian. Du heißt Stella, oder?"
Das Mädchen nickte schüchtern und versteckte sich hinter Leos Bein.
„Kannst du meine Mama da rausholen?", fragte sie leise.
Kilian seufzte und stand auf.
Bevor Leo etwas sagen konnte, hörten sie von draußen Geräusche, die ihnen überhaupt nicht gefielen. Es klang nach einem Kampf.
Leo warf Kilian einen Blick zu. Konnte es sein, dass ...?
Doch bevor sie ihre Vermutung aussprechen konnte, hörten sie auch schon Balus Stimme.
„Leo? Kilian? Seid ihr hier irgendwo? Leo!"
„Schön, dass du zwei Mal genannt wirst", murrte Kilian und lief schnell zu einem Fenster, riss es auf und beugte sich nach draußen.
„Balu! Hier!", rief er und winkte.
Balu sah ihn, wartete, bis sein Bruder ihn eingeholt hatte, und flüchtete dann gemeinsam mit ihm in Stellas Haus, denn die Biester waren ihnen dicht auf den Fersen. Die beiden hatten bei ihrem Angriff wohl das Überraschungsmoment genutzt, aber seine Wirkung überschätzt.
Nun, dann sitzen wir eben zu fünft hier fest, dachte Leo. Und wenn man Mami mitzählt, zu sechst.
Von unten konnten sie hören, wie die beiden Männer die Tür verbarrikadierten und die Fenster verdunkelten, um möglichst nicht gesehen zu werden. Kilian beschloss, ihnen zu helfen.
„Wollen wir auch nach unten, Stella?", fragte Leo. „Oder wollen wir hier oben bleiben, bis wir die Badezimmertür offen haben?"
„Wer ist da unten?", fragte Stella ängstlich. „Sind die Dinger da?"
„Die Dinger sind draußen", beruhigte Leo das Mädchen. „Das da unten sind meine Freunde, Balu und Fabian. Balu ist wie der Bär aus dem Dschungelbuch, das kennst du doch sicher, oder?"
Stella nickte.
„Aber du kommst mit und passt auf mich auf?", versicherte sie sich und nahm wieder Leos Hand.
„Natürlich", versprach Leo und lächelte. „Soll ich dich tragen?", bot sie an, in der Hoffnung, der Kleinen damit eine Freude zu machen. Tatsächlich nickte Stella und Leo hob sie hoch.
„Uff, du bist aber schwer", sagte sie. „Ich sollte das öfter machen, damit ich ein paar mehr Muskeln bekomme."
Vorsichtig ging sie mit Stella auf dem Arm die Treppe hinunter.
Die drei Männer sprachen leise im Wohnzimmer miteinander und Leo ahnte schon, um was es ging.
„Kilian?", rief sie. „Sorg mal dafür, dass ihr alle annehmbar aussieht, hier kommt eine kleine Prinzessin des Wegs! Und ich meine nicht nur Stella!"
Sie hoffte, dass er wusste, was sie damit sagen wollte – und dass Balu und Fabian feinfühlig genug waren, nicht vor der Kleinen über die Biester und schon gar nicht über ihre Mutter zu sprechen.
Ihre Sorgen stellten sich als unbegründet heraus.
Die drei schauten zwar ernst, aber nicht unfreundlich. Trotzdem schienen sie Stella unheimlich zu sein, denn sie hielt Leo fester umklammert.
„Hallo", sagte Leo zu Balu und Fabian. „Schön, dass ihr uns Gesellschaft leistet. Das hier ist Stella", fügte sie hinzu und deutete mit ihrem Kopf auf das Mädchen. „Ihre Mama hat sich versehentlich im Bad eingeschlossen und kommt jetzt nicht mehr raus ... meint ihr, ihr könnt ihr helfen?"
„Bestimmt", sagte Balu. „Hallo, Stella. Ich bin Balu. Freut mich sehr, dich kennenzulernen."
Er lächelte sie an, doch Stella riss nur die Augen auf und versuchte, sich bei Leo zu verstecken.
„Du wirkst einfach zu gruselig mit dem Bart", stellte Leo trocken fest. „Wie der Mann aus dem Wald, der kleine Kinder frisst."
Balu öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder, ohne etwas zu sagen und verzog sich gespielt beleidigt in eine Ecke, während Kilian sich das Grinsen nicht verkneifen konnte.
Dann wandte er sich an Leo.
„Wir haben überlegt, ob es nicht besser ist, erst mal hier zu bleiben", sagte er. „Falls Stella es erlaubt, natürlich. Die beiden haben die Dinger in ziemliche Aufregung versetzt, außerdem kommt ein wohl großes Regengebiet auf uns zu, in das ich lieber nicht geraten möchte. Wenn die Dinger den Supermarkt nicht auseinander nehmen, läuft er uns auch nicht weg und wir können den Kram auf dem Rückweg mitnehmen – und dann sogar mehr, denn die beiden Herren hier haben nichts finden können und sind uns deswegen mal hinterher."

Wecke nicht die Toten: Band 1Where stories live. Discover now