five

916 72 13
                                    

Der nächste Tag war angebrochen und Felix konnte sich so gar nicht auf den Unterricht konzentrieren. Nicht nur, dass er die Karte mitgenommen hatte, sondern auch, dass sie vor ihm lag und sie wesentlich interessanter war, als der Unterricht, den er sich eigentlich widmen müsste. Seine Mitschüler dachten sich nicht wirklich viel dabei, außer Jeongin, welcher direkt neben ihm saß und mittlerweile echt verwundert darüber war, was so faszinierend an diesem Stück Papier war. Schließlich hatte der Jüngere die verschiedenen Gesichtsausdrücke seines Klassenkameradens mitbekommen, die von Frustration zu Zufriedenheit die breite Palette an Gefühlen wiederspiegelten. 

Als Felix den Blick Jeongins bemerkt hatte, steckte er das Blatt einfach in die Seiten seines Blocks, sodass er nicht wieder in Versuchung kam, daran denken zu können. Weit gefehlt. Seine Gedanken kreisten immer noch darum und so seufzte er einmal laut aus, legte seinen Kopf auf den Tisch und schaute gegen die Uhr, die ihm deutete, dass es nur noch zehn Minuten waren, ehe Mittagspause war. Heute hatte er noch drei weitere Stunden und er konnte es kaum abwarten, bis er endlich von diesem grausamen Ort weg war, der, seiner Meinung nach, viel zu sehr seine Freizeit raubte. Manchmal schien die Zeit nicht vergehen zu wollen und gerade heute, fiel ihm dies besonders auf. 

Als es dann klingelte, war nach nicht mal einer Minute der Raum leergefegt. Nur Felix, Jeongin und ihr Lehrer, der sie die Stunde unterrichtet hatte, waren noch da. Mit einem breiten Grinsen schnappte sich der Schwarzhaarige den nächstbesten Stuhl, welcher in seinem Umkreis war und setzte sich an Felix' Tisch. Der Australier stützte seinen Kopf mit der Hand ab, während er mit seinem Finger kleine, imaginäre Wolken auf das Holz malte, nahm dabei seinen Gegenüber nicht sonderlich wahr. 

"Was ist das für eine Postkarte, auf die du die ganze Zeit starrst?", wollte Jeongin wissen und vergriff sich an dem Block, in welcher das Ding steckte. Felix war es egal gewesen, ob jemand in seinen Sachen herumkramte. Zu verstecken, hatte er nichts. Außerdem hatte es Hyunjin ebenso gesehen, also war es auch nicht sonderlich schlimm, wenn es Jeongin gleichtat.

"Leute, kommt ihr mit Seungmin und mir Mittagessen?", lugte Hyunjins Kopf ins Zimmer rein und sah die Jungen auffordernd an, als wollte er sie mit seinem Blick dadurch zwingen mitzukommen. Aber als Felix nur mit dem Kopf schüttelte und Jeongin den Brünetten mit einem mitleidigen Blick beäugte, wusste Hyunjin, dass sie nur zu zweit in die Cafeteria gehen würden. 

"Was denkst du?", wollte der Jüngere wissen, als er die Karte wieder hingelegt hatte. Der Brünette biss sich auf die Lippe, ehe er anfing mit reden und seine Gedanken auszusprechen: "Einerseits glaub ich, dass es Chan ist und andererseits habe ich Angst, wenn er es wirklich sein sollte. Ich hab die ganze Zeit darüber nachgedacht und ich glaube echt, dass ich dabei bin, meinen Verstand zu verlieren."
"Falls du ihn nicht schon verloren hast.", ergänzte Jeongin, kicherte leise vor sich hin. Felix fand es nicht ganz so lustig, wie sein Freund und stieß erneut Luft aus.
"Tut mir leid, das hätte ich wohl nicht sagen sollen."
"Schon gut."

Es wurde ruhig zwischen den beiden Jungen und irgendwie fühlte sich Jeongin dazu verpflichtet etwas sagen zu müssen. Immerhin merkte er, dass es dem Älteren nicht sonderlich gut ging bei der Sache und Menschen dabei zu sehen, wie schlecht es anderen ging, konnte er nicht. Dafür war er oftmals zu Energie geladen, um sich diese, aus der negativen Aura anderer, zerstören zu lassen. Er wollte andere glücklich und zufrieden sehen, genauso wie er es an vielen Tagen selbst war. 

"Was wirst du machen?"

Was genau Felix machen wollte, wusste er selbst nicht. Durchaus schämte er sich, weil er nicht ausreichend nach Chan gesucht hatte, damit er ihn fand. Er hatte den Gedanken, dass Chan ihm ein Lebenszeichen gab, weil er langsam ungeduldig wurde und endlich gefunden werden wollte. Gerade diese Vorstellung ließ sein Herz in die Hose rutschen, denn er kam sich wie eine pure Enttäuschung vor und dieses Gefühl mochte er so gar nicht. 

"Ich werde wahrscheinlich erst einmal abwarten, nicht dass doch jemand anderes dahintersteckt, als Chan." Und gleichzeitig konnte er nicht mehr warten, denn er war sich sicher, dass da draußen irgendwo der Junge war, für den sein Herz nach wie vor schlug.

𝗦𝗸𝘆 ✧ CHANLIX Where stories live. Discover now