twenty four

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Nach der Schule war Jeongin wieder zu Chan gegangen. Beide schienen ziemlich ratlos zu sein, welcher Schritt der Richtige war. Von Hyunjin hatten sie gehört, dass Felix vollkommen fertig mit seinen Nerven war und den Nachrichten mehr glaubte, als dem Jungen selbst. Die Lage um den jungen Australier schien schlimmer zu sein, als sie alle erwartet und sich gewünscht hatten. Alle drei hatten gehofft, dass sein bester Freund ihm ins Gewissen reden konnte und dieser Fall nicht eintrat. Doch es würde alles immer anders kommen, als man dachte.

"Du solltest bis morgen warten. Vielleicht auch bis übermorgen. Es muss bei ihm sacken. Wenn du jetzt eine falsche Entscheidung triffst, zerstörst du alles."
"Wie werde ich jemals eine gute Entscheidung treffen, wenn ich zwei Leben zerstört habe?", seufzte Chan und raufte sich die Haare. Ihm überkam das schlechte Gewissen, obwohl er sich eigentlich hätte freuen sollen. Er konnte endlich sein altes Leben hinter sich lassen und das hatte er Felix zu verdanken. Wäre er nicht gewesen, würde er die Welt immer noch mit anderen Augen sehen, würde ein Leben leben, welches er gar nie wollte. Doch wenn er Felix nicht hatte, wollte er auch dieses Leben nicht.

"Beruhig dich. Es ist jetzt alles schwer, aber es wird alles anders. Wie du immer sagst. Das Leben ist wie eine Achterbahn und auch wenn du denkst, dass du fällst, gibt es einen Moment, wo es ein Hoch gibt und du steigst wieder auf. Halte dich daran fest. Denn es wird immer alles gut werden. Das Leben wird immer ein Happy End haben, wenn man es zulässt. Gib nicht auf."

Chan hasste es vor anderen zu weinen, ihnen Schwäche zu zeigen, weil seine Eltern ihnen immer beigebracht hatten, dass solche Gefühle nie an die Öffentlichkeit gehörten. Sowas gehörte nur nach Hause und sobald er die Türschwelle nach draußen betrat, musste er eine Maske tragen, denn diese würde sein wahres Gesicht bewahren. Das hatte er von klein auf lernen müssen. Schlechte Gedanken und Gefühle durften andere nicht belasten. Niemanden durfte er vertrauen. Noch nicht einmal Freunde durfte er eigentlich haben. Wie andere in seinem Alter sehnte er sich nach sozialen Kontakten und widersetzte sich aus diesem Grund auch gegen die Bestimmungen seiner Eltern. Oft hatte er Ärger bekommen, das war ihm allerdings egal gewesen. An seinen Bedürfnissen konnte sie nichts ändern.

Er hatte einige Menschen kennengelernt, die doch recht schnell das Interesse an ihm verloren, als sie erfuhren, dass er aus reichem Haus kam. So gut wie immer wurde er als hochnäsig abgestempelt, was Chan kein einziges Mal war. Er war nur unerfahren darin, wie man sich als Freund verhielt. In seiner Kindheit hatte er nie Erfahrungen gesammelt, wusste nicht, was eine wahre Freundschaft ausmachte und das versuchte er in seiner Jugend zu ändern. Doch viele Menschen stießen ihn ab, als wäre er nie willkommen gewesen. Bis heute hatte nur Jeongin, Changbin und eben Felix gehabt, wovon zwei dachten, dass er tatsächlich verstorben sei. Changbin hatte schließlich nichts mehr von ihm gehört seitdem er wieder in Korea war. Das war sein Verschulden und am liebsten wollte er bei den Beiden alles aufdecken. Der Schock saß für heute zu tief, das wusste er. Und das würde sich die nächsten Tage nicht ändern.

"Ich kann versuchen Felix zu überreden, dass ich ihn mit hierherbringen kann." Der Ältere schüttelte nur seinen Kopf. Er wusste, dass der Brünette alles wollte, außer die Präsenz von irgendwelchen Menschen, die ihn verletzt hatten. Es war schon ein Wunder, dass Hyunjin nicht direkt weggeschickt worden war.

"Auch wenn es nicht alles verbessert, aber kannst du ihm einen Brief geben? Ich hab alles verworfen und stattdessen diesen geschrieben, in der Hoffnung, dass ich ihn irgendwie zurückgewinnen kann."

Chan ging zu seinem Schreibtisch und schnappte sich den gelben Umschlag, der dieses Mal eine tatsächliche Bedeutung hatte. Gelb stand nämlich für Lebendigkeit, mit dem er Felix zeigen wollte, dass er nach wie vor am Leben war. Optimismus, weil er nach wie vor an ihrer Beziehung hing und wusste, dass sie wieder zueinander finden würden. Fröhlichkeit, denn der Jüngere sollte diese niemals verlieren. Sie hatte Chan von Beginn an verzaubert. Im Umschlag befand sich dieses Mal eine weiße, kleine Karte, die sechsseitig zuklappbar war. Er hatte ihn mehr zu erzählen, als sonst. Seine letzte Hoffnung, deswegen hatte er sich gegen das schwarze Papier entschieden, welches er sonst immer benutzt hatte. Weiß hieß Hoffnung und wenn diese ihm auch noch genommen wird, konnte er sich das niemals in seinem Leben verzeihen.

"Das mache ich, Hyung."

𝗦𝗸𝘆 ✧ CHANLIX Where stories live. Discover now